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Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797.

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Ich schwieg eine Weile. Ich war voll unaussprechlicher Freude.

Giebt's denn Zufriedenheit zwischen dem Entschluss und der That, begann ich endlich wieder, giebt's eine Ruhe vor dem Siege?

Es ist die Ruhe des Helden, sagte Diotima, es giebt Entschlüsse, die, wie Götterworte, Gebott und Erfüllung zugleich sind, und so ist der Deine. -

Wir giengen zurük, wie nach der ersten Umarmung. Es war uns alles fremd und neu geworden.

Ich stand nun über den Trümmern von Athen, wie der Akersmann auf dem Brachfeld. Liege nur ruhig, dacht' ich, da wir wieder zu Schiffe giengen, liege nur ruhig, schlummerndes Land! Bald grünt das junge Leben aus dir, und wächst den Seegnungen des Himmels entgegen. Bald regnen die Wolken nimmer umsonst, bald findet die Sonne die alten Zöglinge wieder.

Du frägst nach Menschen, Natur? Du klagst, wie ein Saitenspiel, worauf des Zufalls Bruder, der Wind, nur spielt, weil der Künstler, der es ordnete, gestorben ist? Sie werden kommen, deine Menschen, Natur! Ein verjüngtes Volk wird dich auch wieder verjüngen, und du wirst werden, wie seine Braut und der alte Bund der Geister wird sich erneuen mit dir.

Es wird nur Eine Schönheit seyn; und Menschheit und Natur wird sich vereinen in Eine allumfassende Gottheit.


Ich schwieg eine Weile. Ich war voll unaussprechlicher Freude.

Giebt’s denn Zufriedenheit zwischen dem Entschluss und der That, begann ich endlich wieder, giebt’s eine Ruhe vor dem Siege?

Es ist die Ruhe des Helden, sagte Diotima, es giebt Entschlüsse, die, wie Götterworte, Gebott und Erfüllung zugleich sind, und so ist der Deine. –

Wir giengen zurük, wie nach der ersten Umarmung. Es war uns alles fremd und neu geworden.

Ich stand nun über den Trümmern von Athen, wie der Akersmann auf dem Brachfeld. Liege nur ruhig, dacht’ ich, da wir wieder zu Schiffe giengen, liege nur ruhig, schlummerndes Land! Bald grünt das junge Leben aus dir, und wächst den Seegnungen des Himmels entgegen. Bald regnen die Wolken nimmer umsonst, bald findet die Sonne die alten Zöglinge wieder.

Du frägst nach Menschen, Natur? Du klagst, wie ein Saitenspiel, worauf des Zufalls Bruder, der Wind, nur spielt, weil der Künstler, der es ordnete, gestorben ist? Sie werden kommen, deine Menschen, Natur! Ein verjüngtes Volk wird dich auch wieder verjüngen, und du wirst werden, wie seine Braut und der alte Bund der Geister wird sich erneuen mit dir.

Es wird nur Eine Schönheit seyn; und Menschheit und Natur wird sich vereinen in Eine allumfassende Gottheit.


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[0166] Ich schwieg eine Weile. Ich war voll unaussprechlicher Freude. Giebt’s denn Zufriedenheit zwischen dem Entschluss und der That, begann ich endlich wieder, giebt’s eine Ruhe vor dem Siege? Es ist die Ruhe des Helden, sagte Diotima, es giebt Entschlüsse, die, wie Götterworte, Gebott und Erfüllung zugleich sind, und so ist der Deine. – Wir giengen zurük, wie nach der ersten Umarmung. Es war uns alles fremd und neu geworden. Ich stand nun über den Trümmern von Athen, wie der Akersmann auf dem Brachfeld. Liege nur ruhig, dacht’ ich, da wir wieder zu Schiffe giengen, liege nur ruhig, schlummerndes Land! Bald grünt das junge Leben aus dir, und wächst den Seegnungen des Himmels entgegen. Bald regnen die Wolken nimmer umsonst, bald findet die Sonne die alten Zöglinge wieder. Du frägst nach Menschen, Natur? Du klagst, wie ein Saitenspiel, worauf des Zufalls Bruder, der Wind, nur spielt, weil der Künstler, der es ordnete, gestorben ist? Sie werden kommen, deine Menschen, Natur! Ein verjüngtes Volk wird dich auch wieder verjüngen, und du wirst werden, wie seine Braut und der alte Bund der Geister wird sich erneuen mit dir. Es wird nur Eine Schönheit seyn; und Menschheit und Natur wird sich vereinen in Eine allumfassende Gottheit.

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Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_hyperion01_1797/166>, abgerufen am 24.04.2024.