Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünfter Abschnitt. Gärten oder Scenen
Anlage vereinbar; sie können hie und da, z. B. vor einem Speisesaal, einen Grad
der Schicklichkeit gewinnen, der ihnen sonst fehlt; und bey einem Ruhekabinet hat
selbst ihr monotonisches Geplätscher einen geheimen Zauber, der zum Schlummer
einladet. Allein starke Wasserfälle und rauschende Ströme haben zu viel Lebhaftig-
keit, als daß sie bey der allgemeinen Ruhe, die über den Mittag schwebt, hier schick-
lich scheinen könnten.

In dieser Art von Gärten müssen die Gebäude nicht frey stehen, sondern
sich, wo nicht ganz, doch zum Theil, in Schatten verhüllen. Denn ihre Lage
muß dazu beytragen, den allgemeinen Charakter der Scene, Sehnsucht nach
Kühlung, verbreiten zu helfen, und zugleich den Glanz zu verdunkeln, den sie auf
einer schattenfreyen Stelle zum Nachtheil des Auftritts zurückwerfen würden.
Eben diese Beschattung verlangt auch außerdem noch die Bestimmung der Ge-
bäude in einem Mittagsgarten. Sie können fast nur allein dem Ausruhen von
der Ermattung in der Hitze, der Erholung an der Tafel und den Erfrischungen des
Bades gewidmet seyn. Man kann hier verschiedene Tempel, bald der Ruhe, bald
dem Bacchus, bald dem Comus geweihet, aufführen, und sie mit einem eigenen
Charakter und Gepräge ihrer Bestimmung bezeichnen: ein neues Feld zur Erfin-
dung und zum Ruhm für den sinnreichen Architecten.

Ein schönes Beyspiel von diesem Verdienst betrachte man hier.

Ein

Fuͤnfter Abſchnitt. Gaͤrten oder Scenen
Anlage vereinbar; ſie koͤnnen hie und da, z. B. vor einem Speiſeſaal, einen Grad
der Schicklichkeit gewinnen, der ihnen ſonſt fehlt; und bey einem Ruhekabinet hat
ſelbſt ihr monotoniſches Geplaͤtſcher einen geheimen Zauber, der zum Schlummer
einladet. Allein ſtarke Waſſerfaͤlle und rauſchende Stroͤme haben zu viel Lebhaftig-
keit, als daß ſie bey der allgemeinen Ruhe, die uͤber den Mittag ſchwebt, hier ſchick-
lich ſcheinen koͤnnten.

In dieſer Art von Gaͤrten muͤſſen die Gebaͤude nicht frey ſtehen, ſondern
ſich, wo nicht ganz, doch zum Theil, in Schatten verhuͤllen. Denn ihre Lage
muß dazu beytragen, den allgemeinen Charakter der Scene, Sehnſucht nach
Kuͤhlung, verbreiten zu helfen, und zugleich den Glanz zu verdunkeln, den ſie auf
einer ſchattenfreyen Stelle zum Nachtheil des Auftritts zuruͤckwerfen wuͤrden.
Eben dieſe Beſchattung verlangt auch außerdem noch die Beſtimmung der Ge-
baͤude in einem Mittagsgarten. Sie koͤnnen faſt nur allein dem Ausruhen von
der Ermattung in der Hitze, der Erholung an der Tafel und den Erfriſchungen des
Bades gewidmet ſeyn. Man kann hier verſchiedene Tempel, bald der Ruhe, bald
dem Bacchus, bald dem Comus geweihet, auffuͤhren, und ſie mit einem eigenen
Charakter und Gepraͤge ihrer Beſtimmung bezeichnen: ein neues Feld zur Erfin-
dung und zum Ruhm fuͤr den ſinnreichen Architecten.

Ein ſchoͤnes Beyſpiel von dieſem Verdienſt betrachte man hier.

Ein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0020" n="12"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nfter Ab&#x017F;chnitt. Ga&#x0364;rten oder Scenen</hi></fw><lb/>
Anlage vereinbar; &#x017F;ie ko&#x0364;nnen hie und da, z. B. vor einem Spei&#x017F;e&#x017F;aal, einen Grad<lb/>
der Schicklichkeit gewinnen, der ihnen &#x017F;on&#x017F;t fehlt; und bey einem Ruhekabinet hat<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t ihr monotoni&#x017F;ches Gepla&#x0364;t&#x017F;cher einen geheimen Zauber, der zum Schlummer<lb/>
einladet. Allein &#x017F;tarke Wa&#x017F;&#x017F;erfa&#x0364;lle und rau&#x017F;chende Stro&#x0364;me haben zu viel Lebhaftig-<lb/>
keit, als daß &#x017F;ie bey der allgemeinen Ruhe, die u&#x0364;ber den Mittag &#x017F;chwebt, hier &#x017F;chick-<lb/>
lich &#x017F;cheinen ko&#x0364;nnten.</p><lb/>
            <p>In die&#x017F;er Art von Ga&#x0364;rten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die Geba&#x0364;ude nicht frey &#x017F;tehen, &#x017F;ondern<lb/>
&#x017F;ich, wo nicht ganz, doch zum Theil, in Schatten verhu&#x0364;llen. Denn ihre Lage<lb/>
muß dazu beytragen, den allgemeinen Charakter der Scene, Sehn&#x017F;ucht nach<lb/>
Ku&#x0364;hlung, verbreiten zu helfen, und zugleich den Glanz zu verdunkeln, den &#x017F;ie auf<lb/>
einer &#x017F;chattenfreyen Stelle zum Nachtheil des Auftritts zuru&#x0364;ckwerfen wu&#x0364;rden.<lb/>
Eben die&#x017F;e Be&#x017F;chattung verlangt auch außerdem noch die Be&#x017F;timmung der Ge-<lb/>
ba&#x0364;ude in einem Mittagsgarten. Sie ko&#x0364;nnen fa&#x017F;t nur allein dem Ausruhen von<lb/>
der Ermattung in der Hitze, der Erholung an der Tafel und den Erfri&#x017F;chungen des<lb/>
Bades gewidmet &#x017F;eyn. Man kann hier ver&#x017F;chiedene Tempel, bald der Ruhe, bald<lb/>
dem <hi rendition="#fr">Bacchus,</hi> bald dem <hi rendition="#fr">Comus</hi> geweihet, auffu&#x0364;hren, und &#x017F;ie mit einem eigenen<lb/>
Charakter und Gepra&#x0364;ge ihrer Be&#x017F;timmung bezeichnen: ein neues Feld zur Erfin-<lb/>
dung und zum Ruhm fu&#x0364;r den &#x017F;innreichen Architecten.</p><lb/>
            <p>Ein &#x017F;cho&#x0364;nes Bey&#x017F;piel von die&#x017F;em Verdien&#x017F;t betrachte man hier.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Ein</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0020] Fuͤnfter Abſchnitt. Gaͤrten oder Scenen Anlage vereinbar; ſie koͤnnen hie und da, z. B. vor einem Speiſeſaal, einen Grad der Schicklichkeit gewinnen, der ihnen ſonſt fehlt; und bey einem Ruhekabinet hat ſelbſt ihr monotoniſches Geplaͤtſcher einen geheimen Zauber, der zum Schlummer einladet. Allein ſtarke Waſſerfaͤlle und rauſchende Stroͤme haben zu viel Lebhaftig- keit, als daß ſie bey der allgemeinen Ruhe, die uͤber den Mittag ſchwebt, hier ſchick- lich ſcheinen koͤnnten. In dieſer Art von Gaͤrten muͤſſen die Gebaͤude nicht frey ſtehen, ſondern ſich, wo nicht ganz, doch zum Theil, in Schatten verhuͤllen. Denn ihre Lage muß dazu beytragen, den allgemeinen Charakter der Scene, Sehnſucht nach Kuͤhlung, verbreiten zu helfen, und zugleich den Glanz zu verdunkeln, den ſie auf einer ſchattenfreyen Stelle zum Nachtheil des Auftritts zuruͤckwerfen wuͤrden. Eben dieſe Beſchattung verlangt auch außerdem noch die Beſtimmung der Ge- baͤude in einem Mittagsgarten. Sie koͤnnen faſt nur allein dem Ausruhen von der Ermattung in der Hitze, der Erholung an der Tafel und den Erfriſchungen des Bades gewidmet ſeyn. Man kann hier verſchiedene Tempel, bald der Ruhe, bald dem Bacchus, bald dem Comus geweihet, auffuͤhren, und ſie mit einem eigenen Charakter und Gepraͤge ihrer Beſtimmung bezeichnen: ein neues Feld zur Erfin- dung und zum Ruhm fuͤr den ſinnreichen Architecten. Ein ſchoͤnes Beyſpiel von dieſem Verdienſt betrachte man hier. Ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/20
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/20>, abgerufen am 18.04.2024.