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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Erster Abschnitt. Von Lustschlössern
daß sie dem Auge die Größe ihrer Bewohner ankündigen, ist sowohl in den Regeln
der Schicklichkeit, als in den Meynungen der verständigsten Architekturlehrer gegrün-
det. Allein auch mit der Größe verbindet sich gern eine edle Einfalt; und eine reine
Schönheit gesellt sich der Pracht nicht blos zur gefälligen Begleitung, sondern selbst
zur Unterstützung bey.

Unter Lustschlössern verstehen wir hier Gebäude außer den Residenzstädten
in einer geringern oder größern Entfernung von ihnen auf dem Lande, für Könige und
Fürsten zum Genuß der Ruhe und Annehmlichkeiten des Landlebens errichtet. Ob-
gleich auch in manchen Provinzen Wohnungen des hohen Adels auf dem Lande den
Namen von Lustschlössern führen, so wollen wir doch, wenigstens zur Bequemlichkeit
in der Theorie, hier einen Unterschied machen. Der Adel, der Mann von Stande
und Ehrenämtern, der ansehnliche Privatmann, und selbst der Bürger haben Land-
häuser.
Allein diese Landhäuser verstatten nach der Würde, dem Charakter, dem
Stande, dem Reichthum ihrer Besitzer eine große Verschiedenheit der Ausdehnung,
der Pracht, der Zierlichkeit, der Mäßigkeit und Bescheidenheit. Wir können daher
prächtige, edle, zierliche, und blos bequeme Landhäuser unterscheiden.

Bey allen diesen Arten von Landhäusern sowohl, als bey den Lustschlössern,
kommt es nach den Gesichtspunkten, woraus wir sie hier betrachten, vornehmlich auf
Lage, Anordnung, und Verzierung an. Wir wollen über jedes Stück die nöthi-
gen Bemerkungen machen, welche größtentheils die Architekturlehrer übergehen konn-
ten, da sie nur von dem Mechanischen und Wesentlichen der Baukunst zu handeln
unternahmen.

[Abbildung]
I. Lage.

Erſter Abſchnitt. Von Luſtſchloͤſſern
daß ſie dem Auge die Groͤße ihrer Bewohner ankuͤndigen, iſt ſowohl in den Regeln
der Schicklichkeit, als in den Meynungen der verſtaͤndigſten Architekturlehrer gegruͤn-
det. Allein auch mit der Groͤße verbindet ſich gern eine edle Einfalt; und eine reine
Schoͤnheit geſellt ſich der Pracht nicht blos zur gefaͤlligen Begleitung, ſondern ſelbſt
zur Unterſtuͤtzung bey.

Unter Luſtſchloͤſſern verſtehen wir hier Gebaͤude außer den Reſidenzſtaͤdten
in einer geringern oder groͤßern Entfernung von ihnen auf dem Lande, fuͤr Koͤnige und
Fuͤrſten zum Genuß der Ruhe und Annehmlichkeiten des Landlebens errichtet. Ob-
gleich auch in manchen Provinzen Wohnungen des hohen Adels auf dem Lande den
Namen von Luſtſchloͤſſern fuͤhren, ſo wollen wir doch, wenigſtens zur Bequemlichkeit
in der Theorie, hier einen Unterſchied machen. Der Adel, der Mann von Stande
und Ehrenaͤmtern, der anſehnliche Privatmann, und ſelbſt der Buͤrger haben Land-
haͤuſer.
Allein dieſe Landhaͤuſer verſtatten nach der Wuͤrde, dem Charakter, dem
Stande, dem Reichthum ihrer Beſitzer eine große Verſchiedenheit der Ausdehnung,
der Pracht, der Zierlichkeit, der Maͤßigkeit und Beſcheidenheit. Wir koͤnnen daher
praͤchtige, edle, zierliche, und blos bequeme Landhaͤuſer unterſcheiden.

Bey allen dieſen Arten von Landhaͤuſern ſowohl, als bey den Luſtſchloͤſſern,
kommt es nach den Geſichtspunkten, woraus wir ſie hier betrachten, vornehmlich auf
Lage, Anordnung, und Verzierung an. Wir wollen uͤber jedes Stuͤck die noͤthi-
gen Bemerkungen machen, welche groͤßtentheils die Architekturlehrer uͤbergehen konn-
ten, da ſie nur von dem Mechaniſchen und Weſentlichen der Baukunſt zu handeln
unternahmen.

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I. Lage.
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[8/0012] Erſter Abſchnitt. Von Luſtſchloͤſſern daß ſie dem Auge die Groͤße ihrer Bewohner ankuͤndigen, iſt ſowohl in den Regeln der Schicklichkeit, als in den Meynungen der verſtaͤndigſten Architekturlehrer gegruͤn- det. Allein auch mit der Groͤße verbindet ſich gern eine edle Einfalt; und eine reine Schoͤnheit geſellt ſich der Pracht nicht blos zur gefaͤlligen Begleitung, ſondern ſelbſt zur Unterſtuͤtzung bey. Unter Luſtſchloͤſſern verſtehen wir hier Gebaͤude außer den Reſidenzſtaͤdten in einer geringern oder groͤßern Entfernung von ihnen auf dem Lande, fuͤr Koͤnige und Fuͤrſten zum Genuß der Ruhe und Annehmlichkeiten des Landlebens errichtet. Ob- gleich auch in manchen Provinzen Wohnungen des hohen Adels auf dem Lande den Namen von Luſtſchloͤſſern fuͤhren, ſo wollen wir doch, wenigſtens zur Bequemlichkeit in der Theorie, hier einen Unterſchied machen. Der Adel, der Mann von Stande und Ehrenaͤmtern, der anſehnliche Privatmann, und ſelbſt der Buͤrger haben Land- haͤuſer. Allein dieſe Landhaͤuſer verſtatten nach der Wuͤrde, dem Charakter, dem Stande, dem Reichthum ihrer Beſitzer eine große Verſchiedenheit der Ausdehnung, der Pracht, der Zierlichkeit, der Maͤßigkeit und Beſcheidenheit. Wir koͤnnen daher praͤchtige, edle, zierliche, und blos bequeme Landhaͤuſer unterſcheiden. Bey allen dieſen Arten von Landhaͤuſern ſowohl, als bey den Luſtſchloͤſſern, kommt es nach den Geſichtspunkten, woraus wir ſie hier betrachten, vornehmlich auf Lage, Anordnung, und Verzierung an. Wir wollen uͤber jedes Stuͤck die noͤthi- gen Bemerkungen machen, welche groͤßtentheils die Architekturlehrer uͤbergehen konn- ten, da ſie nur von dem Mechaniſchen und Weſentlichen der Baukunſt zu handeln unternahmen. [Abbildung] I. Lage.

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/12>, abgerufen am 28.03.2024.