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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

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Vom Baumwerk.
nicht so viel Abwechselung im Umzuge angebracht werden. Allein die Ver-
schiedenheit des Wuchses fällt in einem engen Bezirk am meisten in die Au-
gen; und die verschiedenen Grade desselben geben oft die schönsten Figuren an
die Hand.
Die Ausdehnung und der Umzug eines Waldes oder eines Hains ziehen
die Aufmerksamkeit mehr auf sich, als ihre äußersten Gränzen; allein bey Grup-
pen sind diese letztern von der größten Wichtigkeit. Sie bestimmen die Figur
des Ganzen; und sie fallen insgemein beyde zu gleicher Zeit in die Augen.
Man muß sich also sehr sorgfältig bemühen, sie angenehm und verschieden zu
machen. Die Bequemlichkeit, womit sie unter einander verglichen werden
können, verbietet alle Aehnlichkeit zwischen ihnen. Denn ein jeder Anschein
von Gleichheit erweckt den Begriff von Kunst; daher scheint ein Klump, der
eben so breit als lang ist, weniger ein Werk der Natur zu seyn, als ein an-
drer, der sich nur in die Länge ausdehnt.
Die Gelegenheiten, bey welchen unabhängige Gruppen gebraucht werden
können, sind mancherley. Oft sind sie angenehm als schöne Gegenstände an
sich selbst. Bisweilen sind sie auch nöthig, die Ausdehnung einer Wild-
bahn, oder die fortlaufende Linie sowohl des Bodens, als auch einer Pflan-
zung, zu unterbrechen. Ob sie sich gleich auf Anhöhen sehr vortheilhaft zei-
gen, so ist doch ein Hügel, dem man es sogleich ansieht, daß er in der Ab-
sicht aufgeworfen ist, um mit einer Gruppe gekrönt zu werden, so künstlich,
daß er Ekel erweckt. Es müssen also einige Bäume auf den Seiten herum-
gepflanzt werden, um diesen Anschein zu bedecken. Eben dieses Mittels
kann man sich auch bey Klumpen bedienen, die auf die Höhe eines Berges
gesetzt sind, um ihr die Einfachheit zu benehmen; sie werden die gesuchte Ab-
sicht weniger verrathen, wenn sie zum Theil an den abhängigen Seiten herun-
ter geführt werden.
Ungeachtet aller Vorzüge, welche diese Art von Pflanzung begleiten,
muß sie doch oft verworfen werden, wenn man sie von einer benachbarten Hö-
he übersehen kann. Klumpe verlieren sehr viel von ihren vorzüglichsten Schön-
heiten, wenn sie unter dem Auge stehen; und sind sie zahlreich, so verrathen
sie die Kunst, machen keine Oberfläche eines Gehölzes aus, und alle Wir-
kungen, die aus ihrer gegenseitigen Verbindung entstehen, sind gänzlich verlo-
loren."

So weit Whately.

Wenn
E 2
Vom Baumwerk.
nicht ſo viel Abwechſelung im Umzuge angebracht werden. Allein die Ver-
ſchiedenheit des Wuchſes faͤllt in einem engen Bezirk am meiſten in die Au-
gen; und die verſchiedenen Grade deſſelben geben oft die ſchoͤnſten Figuren an
die Hand.
Die Ausdehnung und der Umzug eines Waldes oder eines Hains ziehen
die Aufmerkſamkeit mehr auf ſich, als ihre aͤußerſten Graͤnzen; allein bey Grup-
pen ſind dieſe letztern von der groͤßten Wichtigkeit. Sie beſtimmen die Figur
des Ganzen; und ſie fallen insgemein beyde zu gleicher Zeit in die Augen.
Man muß ſich alſo ſehr ſorgfaͤltig bemuͤhen, ſie angenehm und verſchieden zu
machen. Die Bequemlichkeit, womit ſie unter einander verglichen werden
koͤnnen, verbietet alle Aehnlichkeit zwiſchen ihnen. Denn ein jeder Anſchein
von Gleichheit erweckt den Begriff von Kunſt; daher ſcheint ein Klump, der
eben ſo breit als lang iſt, weniger ein Werk der Natur zu ſeyn, als ein an-
drer, der ſich nur in die Laͤnge ausdehnt.
Die Gelegenheiten, bey welchen unabhaͤngige Gruppen gebraucht werden
koͤnnen, ſind mancherley. Oft ſind ſie angenehm als ſchoͤne Gegenſtaͤnde an
ſich ſelbſt. Bisweilen ſind ſie auch noͤthig, die Ausdehnung einer Wild-
bahn, oder die fortlaufende Linie ſowohl des Bodens, als auch einer Pflan-
zung, zu unterbrechen. Ob ſie ſich gleich auf Anhoͤhen ſehr vortheilhaft zei-
gen, ſo iſt doch ein Huͤgel, dem man es ſogleich anſieht, daß er in der Ab-
ſicht aufgeworfen iſt, um mit einer Gruppe gekroͤnt zu werden, ſo kuͤnſtlich,
daß er Ekel erweckt. Es muͤſſen alſo einige Baͤume auf den Seiten herum-
gepflanzt werden, um dieſen Anſchein zu bedecken. Eben dieſes Mittels
kann man ſich auch bey Klumpen bedienen, die auf die Hoͤhe eines Berges
geſetzt ſind, um ihr die Einfachheit zu benehmen; ſie werden die geſuchte Ab-
ſicht weniger verrathen, wenn ſie zum Theil an den abhaͤngigen Seiten herun-
ter gefuͤhrt werden.
Ungeachtet aller Vorzuͤge, welche dieſe Art von Pflanzung begleiten,
muß ſie doch oft verworfen werden, wenn man ſie von einer benachbarten Hoͤ-
he uͤberſehen kann. Klumpe verlieren ſehr viel von ihren vorzuͤglichſten Schoͤn-
heiten, wenn ſie unter dem Auge ſtehen; und ſind ſie zahlreich, ſo verrathen
ſie die Kunſt, machen keine Oberflaͤche eines Gehoͤlzes aus, und alle Wir-
kungen, die aus ihrer gegenſeitigen Verbindung entſtehen, ſind gaͤnzlich verlo-
loren.“

So weit Whately.

Wenn
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[35/0039] Vom Baumwerk. nicht ſo viel Abwechſelung im Umzuge angebracht werden. Allein die Ver- ſchiedenheit des Wuchſes faͤllt in einem engen Bezirk am meiſten in die Au- gen; und die verſchiedenen Grade deſſelben geben oft die ſchoͤnſten Figuren an die Hand. Die Ausdehnung und der Umzug eines Waldes oder eines Hains ziehen die Aufmerkſamkeit mehr auf ſich, als ihre aͤußerſten Graͤnzen; allein bey Grup- pen ſind dieſe letztern von der groͤßten Wichtigkeit. Sie beſtimmen die Figur des Ganzen; und ſie fallen insgemein beyde zu gleicher Zeit in die Augen. Man muß ſich alſo ſehr ſorgfaͤltig bemuͤhen, ſie angenehm und verſchieden zu machen. Die Bequemlichkeit, womit ſie unter einander verglichen werden koͤnnen, verbietet alle Aehnlichkeit zwiſchen ihnen. Denn ein jeder Anſchein von Gleichheit erweckt den Begriff von Kunſt; daher ſcheint ein Klump, der eben ſo breit als lang iſt, weniger ein Werk der Natur zu ſeyn, als ein an- drer, der ſich nur in die Laͤnge ausdehnt. Die Gelegenheiten, bey welchen unabhaͤngige Gruppen gebraucht werden koͤnnen, ſind mancherley. Oft ſind ſie angenehm als ſchoͤne Gegenſtaͤnde an ſich ſelbſt. Bisweilen ſind ſie auch noͤthig, die Ausdehnung einer Wild- bahn, oder die fortlaufende Linie ſowohl des Bodens, als auch einer Pflan- zung, zu unterbrechen. Ob ſie ſich gleich auf Anhoͤhen ſehr vortheilhaft zei- gen, ſo iſt doch ein Huͤgel, dem man es ſogleich anſieht, daß er in der Ab- ſicht aufgeworfen iſt, um mit einer Gruppe gekroͤnt zu werden, ſo kuͤnſtlich, daß er Ekel erweckt. Es muͤſſen alſo einige Baͤume auf den Seiten herum- gepflanzt werden, um dieſen Anſchein zu bedecken. Eben dieſes Mittels kann man ſich auch bey Klumpen bedienen, die auf die Hoͤhe eines Berges geſetzt ſind, um ihr die Einfachheit zu benehmen; ſie werden die geſuchte Ab- ſicht weniger verrathen, wenn ſie zum Theil an den abhaͤngigen Seiten herun- ter gefuͤhrt werden. Ungeachtet aller Vorzuͤge, welche dieſe Art von Pflanzung begleiten, muß ſie doch oft verworfen werden, wenn man ſie von einer benachbarten Hoͤ- he uͤberſehen kann. Klumpe verlieren ſehr viel von ihren vorzuͤglichſten Schoͤn- heiten, wenn ſie unter dem Auge ſtehen; und ſind ſie zahlreich, ſo verrathen ſie die Kunſt, machen keine Oberflaͤche eines Gehoͤlzes aus, und alle Wir- kungen, die aus ihrer gegenſeitigen Verbindung entſtehen, ſind gaͤnzlich verlo- loren.“ So weit Whately. Wenn E 2

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/39>, abgerufen am 16.04.2024.