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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.

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der schönen ländlichen Natur überhaupt.
seine Blumen Schaaren von buntgeschmückten Insekten, durch seine Schatten
ganze Geschlechter von Vögeln locken, die durch Umherfliegen und Gesang den
Garten beleben. Es giebt eine Art der Bewegung für das Auge, eine andere für
das Ohr; und beyde nicht blos zu erhalten, sondern sie auch in Einem Zeitraum
mit einander zu verbinden, ist in der Macht des Gartenkünstlers.

Vornehmlich sind es die Geschlechter der Thiere, womit die Natur ihre schö-
nen Landschaften belebt; der Gartenkünstler versäume nicht, ihr darin nachzufolgen.
Er locke am meisten wildes Geflügel in seine Reviere, durch Schatten, durch Wasser,
durch Verhinderung der gewöhnlichen Nachstellungen. Gerne wird die Nachtigall,
die Wachtel, die Lerche und so mancher andere einheimische Vogel in unsern Gärten,
unter dem Schutze des Gastrechts, seine Wohnung nehmen, seine junge Brut ver-
pflegen, und bald sich in zahlreiche Familien ausbreiten. Und welche anmuthige Ge-
sellschaft und Aufheiterung, sich überall von froh herumfliegenden melodiereichen Vö-
geln oder doch von solchen Geschlechtern, die durch ihre Gestalt und Farben ergötzen,
umgeben zu sehen! Wer die gefiederten Sänger aus seinem Garten verbannt, oder
ihnen doch nicht Anlockung und sichern Aufenthalt genug verschafft, der muß gar kei-
nen Begriff von der Wollust der Bewegung und des Lebens haben, die er ihm da-
durch raubt. Es ist nicht blos Vergnügen, es ist auch Ruhm für den Gartenbesitzer,
das furchtsame Geflügel durch freundliche Begegnung zu einem Grad der Zahmheit
zu gewöhnen.

[Abbildung]

III. Von
Y 3
der ſchoͤnen laͤndlichen Natur uͤberhaupt.
ſeine Blumen Schaaren von buntgeſchmuͤckten Inſekten, durch ſeine Schatten
ganze Geſchlechter von Voͤgeln locken, die durch Umherfliegen und Geſang den
Garten beleben. Es giebt eine Art der Bewegung fuͤr das Auge, eine andere fuͤr
das Ohr; und beyde nicht blos zu erhalten, ſondern ſie auch in Einem Zeitraum
mit einander zu verbinden, iſt in der Macht des Gartenkuͤnſtlers.

Vornehmlich ſind es die Geſchlechter der Thiere, womit die Natur ihre ſchoͤ-
nen Landſchaften belebt; der Gartenkuͤnſtler verſaͤume nicht, ihr darin nachzufolgen.
Er locke am meiſten wildes Gefluͤgel in ſeine Reviere, durch Schatten, durch Waſſer,
durch Verhinderung der gewoͤhnlichen Nachſtellungen. Gerne wird die Nachtigall,
die Wachtel, die Lerche und ſo mancher andere einheimiſche Vogel in unſern Gaͤrten,
unter dem Schutze des Gaſtrechts, ſeine Wohnung nehmen, ſeine junge Brut ver-
pflegen, und bald ſich in zahlreiche Familien ausbreiten. Und welche anmuthige Ge-
ſellſchaft und Aufheiterung, ſich uͤberall von froh herumfliegenden melodiereichen Voͤ-
geln oder doch von ſolchen Geſchlechtern, die durch ihre Geſtalt und Farben ergoͤtzen,
umgeben zu ſehen! Wer die gefiederten Saͤnger aus ſeinem Garten verbannt, oder
ihnen doch nicht Anlockung und ſichern Aufenthalt genug verſchafft, der muß gar kei-
nen Begriff von der Wolluſt der Bewegung und des Lebens haben, die er ihm da-
durch raubt. Es iſt nicht blos Vergnuͤgen, es iſt auch Ruhm fuͤr den Gartenbeſitzer,
das furchtſame Gefluͤgel durch freundliche Begegnung zu einem Grad der Zahmheit
zu gewoͤhnen.

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III. Von
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[173/0187] der ſchoͤnen laͤndlichen Natur uͤberhaupt. ſeine Blumen Schaaren von buntgeſchmuͤckten Inſekten, durch ſeine Schatten ganze Geſchlechter von Voͤgeln locken, die durch Umherfliegen und Geſang den Garten beleben. Es giebt eine Art der Bewegung fuͤr das Auge, eine andere fuͤr das Ohr; und beyde nicht blos zu erhalten, ſondern ſie auch in Einem Zeitraum mit einander zu verbinden, iſt in der Macht des Gartenkuͤnſtlers. Vornehmlich ſind es die Geſchlechter der Thiere, womit die Natur ihre ſchoͤ- nen Landſchaften belebt; der Gartenkuͤnſtler verſaͤume nicht, ihr darin nachzufolgen. Er locke am meiſten wildes Gefluͤgel in ſeine Reviere, durch Schatten, durch Waſſer, durch Verhinderung der gewoͤhnlichen Nachſtellungen. Gerne wird die Nachtigall, die Wachtel, die Lerche und ſo mancher andere einheimiſche Vogel in unſern Gaͤrten, unter dem Schutze des Gaſtrechts, ſeine Wohnung nehmen, ſeine junge Brut ver- pflegen, und bald ſich in zahlreiche Familien ausbreiten. Und welche anmuthige Ge- ſellſchaft und Aufheiterung, ſich uͤberall von froh herumfliegenden melodiereichen Voͤ- geln oder doch von ſolchen Geſchlechtern, die durch ihre Geſtalt und Farben ergoͤtzen, umgeben zu ſehen! Wer die gefiederten Saͤnger aus ſeinem Garten verbannt, oder ihnen doch nicht Anlockung und ſichern Aufenthalt genug verſchafft, der muß gar kei- nen Begriff von der Wolluſt der Bewegung und des Lebens haben, die er ihm da- durch raubt. Es iſt nicht blos Vergnuͤgen, es iſt auch Ruhm fuͤr den Gartenbeſitzer, das furchtſame Gefluͤgel durch freundliche Begegnung zu einem Grad der Zahmheit zu gewoͤhnen. [Abbildung] III. Von Y 3

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst1_1779/187>, abgerufen am 19.04.2024.