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Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.

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Findst du hier und findst du dort,
Und ganz Artois auf und nieder
Weiche Herzchen, weiche Glieder
Triffst du auch an jedem Ort.
Doch so klug ist wahrlich Keine,
Als die Eine die ich meine.

Ein schallendes Gelächter antwortete dieser
Strophe; Einige stimmten den Refrain an und die
Andern fielen ein. Einer aber rief: Wie willst du
aber beweisen, Marion, daß die Eine die er meint
Keine andere sei, als du? -- Hört nur weiter, rief
Marion dagegen; daran ist kein Zweifel, und nun
sang sie:

Mögen Andre zierlich singen,
Zierlich sich im Tanze schwingen,
Sacrebleu, was gilt mir das!
Plaudert nur ein halbes Stündchen
Meiner Marion rothes Mündchen,
Eia! das gefällt mir baß.
Denn so klug ist wahrlich Keine,
Als die Eine die ich meine.

Das ganze Publicum sang diesmal den Refrain
mit, und dann erschallten laute Hochs auf die Vor¬
sängerin, die nun, die Thränen noch im Auge und
plötzlich bestürzt über ihre eigene Kühnheit, aber schö¬
ner als je auf der Bühne stand. Da sprang Adam
aus dem Hintergrunde vor und rief unter die laute
Menge: Still, ihr guten Bürger! Ich habe auch ein

Findſt du hier und findſt du dort,
Und ganz Artois auf und nieder
Weiche Herzchen, weiche Glieder
Triffſt du auch an jedem Ort.
Doch ſo klug iſt wahrlich Keine,
Als die Eine die ich meine.

Ein ſchallendes Gelächter antwortete dieſer
Strophe; Einige ſtimmten den Refrain an und die
Andern fielen ein. Einer aber rief: Wie willſt du
aber beweiſen, Marion, daß die Eine die er meint
Keine andere ſei, als du? — Hört nur weiter, rief
Marion dagegen; daran iſt kein Zweifel, und nun
ſang ſie:

Mögen Andre zierlich ſingen,
Zierlich ſich im Tanze ſchwingen,
Sacrebleu, was gilt mir das!
Plaudert nur ein halbes Stündchen
Meiner Marion rothes Mündchen,
Eia! das gefällt mir baß.
Denn ſo klug iſt wahrlich Keine,
Als die Eine die ich meine.

Das ganze Publicum ſang diesmal den Refrain
mit, und dann erſchallten laute Hochs auf die Vor¬
ſängerin, die nun, die Thränen noch im Auge und
plötzlich beſtürzt über ihre eigene Kühnheit, aber ſchö¬
ner als je auf der Bühne ſtand. Da ſprang Adam
aus dem Hintergrunde vor und rief unter die laute
Menge: Still, ihr guten Bürger! Ich habe auch ein

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[85/0097] Findſt du hier und findſt du dort, Und ganz Artois auf und nieder Weiche Herzchen, weiche Glieder Triffſt du auch an jedem Ort. Doch ſo klug iſt wahrlich Keine, Als die Eine die ich meine. Ein ſchallendes Gelächter antwortete dieſer Strophe; Einige ſtimmten den Refrain an und die Andern fielen ein. Einer aber rief: Wie willſt du aber beweiſen, Marion, daß die Eine die er meint Keine andere ſei, als du? — Hört nur weiter, rief Marion dagegen; daran iſt kein Zweifel, und nun ſang ſie: Mögen Andre zierlich ſingen, Zierlich ſich im Tanze ſchwingen, Sacrebleu, was gilt mir das! Plaudert nur ein halbes Stündchen Meiner Marion rothes Mündchen, Eia! das gefällt mir baß. Denn ſo klug iſt wahrlich Keine, Als die Eine die ich meine. Das ganze Publicum ſang diesmal den Refrain mit, und dann erſchallten laute Hochs auf die Vor¬ ſängerin, die nun, die Thränen noch im Auge und plötzlich beſtürzt über ihre eigene Kühnheit, aber ſchö¬ ner als je auf der Bühne ſtand. Da ſprang Adam aus dem Hintergrunde vor und rief unter die laute Menge: Still, ihr guten Bürger! Ich habe auch ein

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Zitationshilfe: Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855/97>, abgerufen am 16.04.2024.