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Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.

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trinkt Euern Wein, ohne viel Wesens zu machen.
Mir geht Manches hin, auch wenn ich einen Deut¬
schen mitbringe, denn sie halten was auf mich.

Er führte ihn einige Gassen weit vom Tritonen
nach der prächtigen Wasserkunst des Bernini, der
Fontona di Trevi, hinunter. Gegenüber der hohen
Grotten- und Nischenfacade, in deren Mitte der
Wassergott über den künstlichen Felsen steht und die
Bäche beherrscht, die von allen Seiten in die tiefe
Schale vorbrechen, stand ein niedriges altes Haus,
über der Thür eine trübe Laterne. Sie traten in
den geräumigen Flur ein, der die ganze Breite des
Hauses einnahm und zum Schenkzimmer hergerichtet
war. Hinten schlug das Herdfeuer vor der geschwärz¬
ten Wand auf und zur Rechten führte eine Treppe
nach dem obern Geschoß. An Geräth war nichts zu
sehn als Bänke und Tische, deren sich eine bunte
schweigsame Gesellschaft bemächtigt hatte. Ein Bursch
trug die Schüsseln mit gerösteten Fischen, Salat und
Maccaroni auf und verschwand von Zeit zu Zeit
durch eine Fallthür, aus der er mit frisch gefüllten
Flaschen wieder auftauchte.

Ein freudiger Ausruf schallte aus der Tiefe der
Halle herüber, als die Beiden eintraten. Eccolo! rief
eine stattliche Frau und drängte sich durch bis zur
Thür, die Hände an der Schürze trocknend, eccolo!
Tausendmal willkommen, Sor Carlo! und sie reichte

trinkt Euern Wein, ohne viel Weſens zu machen.
Mir geht Manches hin, auch wenn ich einen Deut¬
ſchen mitbringe, denn ſie halten was auf mich.

Er führte ihn einige Gaſſen weit vom Tritonen
nach der prächtigen Waſſerkunſt des Bernini, der
Fontona di Trevi, hinunter. Gegenüber der hohen
Grotten- und Niſchenfaçade, in deren Mitte der
Waſſergott über den künſtlichen Felſen ſteht und die
Bäche beherrſcht, die von allen Seiten in die tiefe
Schale vorbrechen, ſtand ein niedriges altes Haus,
über der Thür eine trübe Laterne. Sie traten in
den geräumigen Flur ein, der die ganze Breite des
Hauſes einnahm und zum Schenkzimmer hergerichtet
war. Hinten ſchlug das Herdfeuer vor der geſchwärz¬
ten Wand auf und zur Rechten führte eine Treppe
nach dem obern Geſchoß. An Geräth war nichts zu
ſehn als Bänke und Tiſche, deren ſich eine bunte
ſchweigſame Geſellſchaft bemächtigt hatte. Ein Burſch
trug die Schüſſeln mit geröſteten Fiſchen, Salat und
Maccaroni auf und verſchwand von Zeit zu Zeit
durch eine Fallthür, aus der er mit friſch gefüllten
Flaſchen wieder auftauchte.

Ein freudiger Ausruf ſchallte aus der Tiefe der
Halle herüber, als die Beiden eintraten. Eccolo! rief
eine ſtattliche Frau und drängte ſich durch bis zur
Thür, die Hände an der Schürze trocknend, eccolo!
Tauſendmal willkommen, Sor Carlo! und ſie reichte

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[169/0181] trinkt Euern Wein, ohne viel Weſens zu machen. Mir geht Manches hin, auch wenn ich einen Deut¬ ſchen mitbringe, denn ſie halten was auf mich. Er führte ihn einige Gaſſen weit vom Tritonen nach der prächtigen Waſſerkunſt des Bernini, der Fontona di Trevi, hinunter. Gegenüber der hohen Grotten- und Niſchenfaçade, in deren Mitte der Waſſergott über den künſtlichen Felſen ſteht und die Bäche beherrſcht, die von allen Seiten in die tiefe Schale vorbrechen, ſtand ein niedriges altes Haus, über der Thür eine trübe Laterne. Sie traten in den geräumigen Flur ein, der die ganze Breite des Hauſes einnahm und zum Schenkzimmer hergerichtet war. Hinten ſchlug das Herdfeuer vor der geſchwärz¬ ten Wand auf und zur Rechten führte eine Treppe nach dem obern Geſchoß. An Geräth war nichts zu ſehn als Bänke und Tiſche, deren ſich eine bunte ſchweigſame Geſellſchaft bemächtigt hatte. Ein Burſch trug die Schüſſeln mit geröſteten Fiſchen, Salat und Maccaroni auf und verſchwand von Zeit zu Zeit durch eine Fallthür, aus der er mit friſch gefüllten Flaſchen wieder auftauchte. Ein freudiger Ausruf ſchallte aus der Tiefe der Halle herüber, als die Beiden eintraten. Eccolo! rief eine ſtattliche Frau und drängte ſich durch bis zur Thür, die Hände an der Schürze trocknend, eccolo! Tauſendmal willkommen, Sor Carlo! und ſie reichte

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Zitationshilfe: Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855/181>, abgerufen am 25.04.2024.