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Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.

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Es weiß Keiner seine Zukunft. Kann sein, daß
ich noch meinen Sinn ändere. Was geht's dich an?

Was es mich angeht? fuhr er auf und sprang
von der Ruderbank empor, daß der Kahn schaukelte.
Was es mich angeht? Und so kannst du noch fragen,
nachdem du weißt, wie es um mich steht? Müsse der
elend umkommen, dem je besser von dir begegnet
würde als mir!

Hab' ich mich dir je versprochen? Kann ich da¬
für, wenn dein Kopf unsinnig ist? Was hast du für
ein Recht auf mich?

Oh, rief er aus, es steht freilich nicht geschrieben,
es hat's kein Advocat in Latein abgefaßt und ver¬
siegelt; aber das weiß ich, daß ich so viel Recht auf
dich habe, wie in den Himmel zu kommen, wenn ich
ein braver Kerl gewesen bin. Meinst du, daß ich
mit ansehn will, wenn du mit einem Andern in die
Kirche gehst und die Mädchen gehn mir vorüber und
zucken die Achseln. Soll ich mir den Schimpf an¬
thun lassen?

Thu was du willst. Ich lasse mir nicht bangen, so
viel du auch drohst. Ich will auch thun was ich will.

Du wirst nicht lange so sprechen, sagte er und
bebte über den ganzen Leib. Ich bin Manns genug,
daß ich mir das Leben nicht länger von solch einem
Trotzkopf verderben lasse. Weißt du, daß du hier in
meiner Macht bist und thun mußt, was ich will?

Es weiß Keiner ſeine Zukunft. Kann ſein, daß
ich noch meinen Sinn ändere. Was geht's dich an?

Was es mich angeht? fuhr er auf und ſprang
von der Ruderbank empor, daß der Kahn ſchaukelte.
Was es mich angeht? Und ſo kannſt du noch fragen,
nachdem du weißt, wie es um mich ſteht? Müſſe der
elend umkommen, dem je beſſer von dir begegnet
würde als mir!

Hab' ich mich dir je verſprochen? Kann ich da¬
für, wenn dein Kopf unſinnig iſt? Was haſt du für
ein Recht auf mich?

Oh, rief er aus, es ſteht freilich nicht geſchrieben,
es hat's kein Advocat in Latein abgefaßt und ver¬
ſiegelt; aber das weiß ich, daß ich ſo viel Recht auf
dich habe, wie in den Himmel zu kommen, wenn ich
ein braver Kerl geweſen bin. Meinſt du, daß ich
mit anſehn will, wenn du mit einem Andern in die
Kirche gehſt und die Mädchen gehn mir vorüber und
zucken die Achſeln. Soll ich mir den Schimpf an¬
thun laſſen?

Thu was du willſt. Ich laſſe mir nicht bangen, ſo
viel du auch drohſt. Ich will auch thun was ich will.

Du wirſt nicht lange ſo ſprechen, ſagte er und
bebte über den ganzen Leib. Ich bin Manns genug,
daß ich mir das Leben nicht länger von ſolch einem
Trotzkopf verderben laſſe. Weißt du, daß du hier in
meiner Macht biſt und thun mußt, was ich will?

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[112/0124] Es weiß Keiner ſeine Zukunft. Kann ſein, daß ich noch meinen Sinn ändere. Was geht's dich an? Was es mich angeht? fuhr er auf und ſprang von der Ruderbank empor, daß der Kahn ſchaukelte. Was es mich angeht? Und ſo kannſt du noch fragen, nachdem du weißt, wie es um mich ſteht? Müſſe der elend umkommen, dem je beſſer von dir begegnet würde als mir! Hab' ich mich dir je verſprochen? Kann ich da¬ für, wenn dein Kopf unſinnig iſt? Was haſt du für ein Recht auf mich? Oh, rief er aus, es ſteht freilich nicht geſchrieben, es hat's kein Advocat in Latein abgefaßt und ver¬ ſiegelt; aber das weiß ich, daß ich ſo viel Recht auf dich habe, wie in den Himmel zu kommen, wenn ich ein braver Kerl geweſen bin. Meinſt du, daß ich mit anſehn will, wenn du mit einem Andern in die Kirche gehſt und die Mädchen gehn mir vorüber und zucken die Achſeln. Soll ich mir den Schimpf an¬ thun laſſen? Thu was du willſt. Ich laſſe mir nicht bangen, ſo viel du auch drohſt. Ich will auch thun was ich will. Du wirſt nicht lange ſo ſprechen, ſagte er und bebte über den ganzen Leib. Ich bin Manns genug, daß ich mir das Leben nicht länger von ſolch einem Trotzkopf verderben laſſe. Weißt du, daß du hier in meiner Macht biſt und thun mußt, was ich will?

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Zitationshilfe: Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855/124>, abgerufen am 24.04.2024.