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Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.

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So seid Ihr ja ein gemachter Mann, Antonino.

Der junge Schiffer zuckte die Achseln. Es hat
jeder sein Bündel zu tragen, sagte er. Damit sprang
er auf und sah wieder links und rechts nach dem
Wetter, obwohl er wissen mußte, daß es nur Eine
Wetterseite giebt.

Ich bring' Euch noch eine Flasche. Euer Onkel
kann's bezahlen, sagte die Wirthin.

Nur noch ein Glas, denn ihr habt hier eine feu¬
rige Art Wein. Der Kopf ist mir schon ganz warm.

Er geht nicht ins Blut. Ihr könnt trinken, so
viel Ihr wollt. Da kommt eben mein Mann, mit
dem müßt Ihr noch eine Weile sitzen und schwatzen.

Wirklich kam, das Netz über die Schulter gehängt,
die rothe Mütze über den geringelten Haaren, der
stattliche Padrone der Schenke von der Höhe herunter.
Er hatte Fische in die Stadt gebracht, die jene vor¬
nehme Dame bestellt hatte, um sie dem kleinen Pfarrer
von Sorrent vorzusetzen. Wie er des jungen Schif¬
fers ansichtig wurde, winkte er ihm herzlich mit der
Hand einen Willkommen zu, setzte sich dann neben ihn
auf die Bank und fing an zu fragen und zu erzäh¬
len. Eben brachte sein Weib eine zweite Flasche des
echten unverfälschten Capri, als der Ufersand zur
Linken knisterte und Laurella des Weges von Ana¬
capri daher kam. Sie grüßte flüchtig mit dem Kopf
und stand unschlüssig still.

So ſeid Ihr ja ein gemachter Mann, Antonino.

Der junge Schiffer zuckte die Achſeln. Es hat
jeder ſein Bündel zu tragen, ſagte er. Damit ſprang
er auf und ſah wieder links und rechts nach dem
Wetter, obwohl er wiſſen mußte, daß es nur Eine
Wetterſeite giebt.

Ich bring' Euch noch eine Flaſche. Euer Onkel
kann's bezahlen, ſagte die Wirthin.

Nur noch ein Glas, denn ihr habt hier eine feu¬
rige Art Wein. Der Kopf iſt mir ſchon ganz warm.

Er geht nicht ins Blut. Ihr könnt trinken, ſo
viel Ihr wollt. Da kommt eben mein Mann, mit
dem müßt Ihr noch eine Weile ſitzen und ſchwatzen.

Wirklich kam, das Netz über die Schulter gehängt,
die rothe Mütze über den geringelten Haaren, der
ſtattliche Padrone der Schenke von der Höhe herunter.
Er hatte Fiſche in die Stadt gebracht, die jene vor¬
nehme Dame beſtellt hatte, um ſie dem kleinen Pfarrer
von Sorrent vorzuſetzen. Wie er des jungen Schif¬
fers anſichtig wurde, winkte er ihm herzlich mit der
Hand einen Willkommen zu, ſetzte ſich dann neben ihn
auf die Bank und fing an zu fragen und zu erzäh¬
len. Eben brachte ſein Weib eine zweite Flaſche des
echten unverfälſchten Capri, als der Uferſand zur
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[106/0118] So ſeid Ihr ja ein gemachter Mann, Antonino. Der junge Schiffer zuckte die Achſeln. Es hat jeder ſein Bündel zu tragen, ſagte er. Damit ſprang er auf und ſah wieder links und rechts nach dem Wetter, obwohl er wiſſen mußte, daß es nur Eine Wetterſeite giebt. Ich bring' Euch noch eine Flaſche. Euer Onkel kann's bezahlen, ſagte die Wirthin. Nur noch ein Glas, denn ihr habt hier eine feu¬ rige Art Wein. Der Kopf iſt mir ſchon ganz warm. Er geht nicht ins Blut. Ihr könnt trinken, ſo viel Ihr wollt. Da kommt eben mein Mann, mit dem müßt Ihr noch eine Weile ſitzen und ſchwatzen. Wirklich kam, das Netz über die Schulter gehängt, die rothe Mütze über den geringelten Haaren, der ſtattliche Padrone der Schenke von der Höhe herunter. Er hatte Fiſche in die Stadt gebracht, die jene vor¬ nehme Dame beſtellt hatte, um ſie dem kleinen Pfarrer von Sorrent vorzuſetzen. Wie er des jungen Schif¬ fers anſichtig wurde, winkte er ihm herzlich mit der Hand einen Willkommen zu, ſetzte ſich dann neben ihn auf die Bank und fing an zu fragen und zu erzäh¬ len. Eben brachte ſein Weib eine zweite Flaſche des echten unverfälſchten Capri, als der Uferſand zur Linken kniſterte und Laurella des Weges von Ana¬ capri daher kam. Sie grüßte flüchtig mit dem Kopf und ſtand unſchlüſſig ſtill.

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Zitationshilfe: Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855/118>, abgerufen am 28.03.2024.