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Heymann, Lida Gustava: Wird die Mitarbeit der Frauen in den politischen Männerparteien das Frauenstimmrecht fördern? Gautzsch b. Leipzig, 1911.

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menten, die längst durch Tatsachen widerlegt sind und die uns heutzu-
tage kaum noch in den kleinen Städten Deutschlands in öffentlichen Ver-
sammlungen, wo wir das Frauenstimmrecht erörtern, von Lokalphilistern
entgegengehalten werden. Seine Ausführungen beweisen, daß es der Mit-
arbeit der Frauen nicht einmal gelungen ist, diesen Führer der Liberalen
über die einfachsten Grundlagen der Forderung des Frauenstimmrechts
zu orientieren. Dr. Pachnicke wird bei den kommenden Reichstags-
wahlen wieder kandidieren, denn vom Standpunkte der fortschritt-
lichen Volkspartei aus, ist er ein anerkannt "wünschenswerter" Kann-
didat. - Also herbei ihr Mitglieder des weiblichen Arbeitsausschusses,
die ihr vorgebt, für Frauenstimmrecht zu kämpfen, hebt den liberalen
Heros Pachnicke auf euren Schild, sammelt Geld, leistet Schlepparbeit,
erniedrigt euch zu jedem Dienst für den Liberalismus, übt Verrat an den
politischen Forderungen eures eignen Geschlechtes - hofft weiter -
und seid gewiß, der wohlberechtigte Lohn für so viel Treue kann nicht
ausbleiben. - liberale Männer werden euch weiter an der Nase herum-
führen.

Pachnicke würdig zur Seite steht das liberale Mitglied des preußischen
Abgeordnetenhauses Hoff, der bei einer Kommissionsberatung, als es
sich um die Behandlung einer vom preußischen Landesverein für Frauen-
stimmrecht eingereichten Petition, betreffend das allgemeine Wahlrecht
für Männer und Frauen in Preußen handelte, für Uebergang zur Tages-
ordnung stimmte.

In welcher Weise liberale Männer, die erklären für Frauenstimm-
recht zu sein, unsere Sache vertreten, dafür einige Beweise. Herr
Rosenow, Mitglied der fortschrittlichen Volkspartei, beantragte im
Plenum des preußischen Abgeordnetenhauses am 11. Mai 1911, die oben
angeführte Petition der Regierung als Material zu überweisen. aber nur
hinsichtlich der Demokratisierung des Wahlrechtes für Männer, denn
er sagte: "Wir meinen, wir haben zunächst ausgiebig zu tun, das all-
gemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht für Männer in Preußen
durchzusetzen und daß wir uns zunächst auf diese Aufgabe beschränken,
um darauf weiterzubauen nach der Richtung, die wir allerdings auch
für berechtigt halten, der Einführung der Rechte der Frauen in der
Politik. Wir haben in unserem Programm festgelegt, daß die Rechte
der Frauen im Erwerbsleben usw. ausgebaut werden, daß überall da,
wo die Frauen ein volles Recht haben, sich zu betätigen, bei der Wahl
für Kaufmanns- und Gewerbegerichte die Frauen zugelassen werden.
An diesem Punkte halten wir durchaus fest. Was das Frauenstimm-
recht im Staate und im Reiche betrifft, so sind wir der Meinung, daß
die Frau allerdings an politischen Kräften soviel in sich birgt, daß sie
zunächst diese Kräfte ausüben sollte, den Männern zu helfen,
die das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht in Preußen er-
zielen. Wo ich überall mit Frauen in politischen Versammlungen
zusammenkomme, lege ich ihnen nahe, daß sie ihre Werbekraft und
die überzeugende Rede, die sie vielfach haben, dazu anwenden mögen,
für die Männer das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht
zu erreichen. Werden wir das haben, dann werden wir an den Aus-

menten, die längst durch Tatsachen widerlegt sind und die uns heutzu-
tage kaum noch in den kleinen Städten Deutschlands in öffentlichen Ver-
sammlungen, wo wir das Frauenstimmrecht erörtern, von Lokalphilistern
entgegengehalten werden. Seine Ausführungen beweisen, daß es der Mit-
arbeit der Frauen nicht einmal gelungen ist, diesen Führer der Liberalen
über die einfachsten Grundlagen der Forderung des Frauenstimmrechts
zu orientieren. Dr. Pachnicke wird bei den kommenden Reichstags-
wahlen wieder kandidieren, denn vom Standpunkte der fortschritt-
lichen Volkspartei aus, ist er ein anerkannt „wünschenswerter“ Kann-
didat. – Also herbei ihr Mitglieder des weiblichen Arbeitsausschusses,
die ihr vorgebt, für Frauenstimmrecht zu kämpfen, hebt den liberalen
Heros Pachnicke auf euren Schild, sammelt Geld, leistet Schlepparbeit,
erniedrigt euch zu jedem Dienst für den Liberalismus, übt Verrat an den
politischen Forderungen eures eignen Geschlechtes – hofft weiter –
und seid gewiß, der wohlberechtigte Lohn für so viel Treue kann nicht
ausbleiben. – liberale Männer werden euch weiter an der Nase herum-
führen.

Pachnicke würdig zur Seite steht das liberale Mitglied des preußischen
Abgeordnetenhauses Hoff, der bei einer Kommissionsberatung, als es
sich um die Behandlung einer vom preußischen Landesverein für Frauen-
stimmrecht eingereichten Petition, betreffend das allgemeine Wahlrecht
für Männer und Frauen in Preußen handelte, für Uebergang zur Tages-
ordnung stimmte.

In welcher Weise liberale Männer, die erklären für Frauenstimm-
recht zu sein, unsere Sache vertreten, dafür einige Beweise. Herr
Rosenow, Mitglied der fortschrittlichen Volkspartei, beantragte im
Plenum des preußischen Abgeordnetenhauses am 11. Mai 1911, die oben
angeführte Petition der Regierung als Material zu überweisen. aber nur
hinsichtlich der Demokratisierung des Wahlrechtes für Männer, denn
er sagte: „Wir meinen, wir haben zunächst ausgiebig zu tun, das all-
gemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht für Männer in Preußen
durchzusetzen und daß wir uns zunächst auf diese Aufgabe beschränken,
um darauf weiterzubauen nach der Richtung, die wir allerdings auch
für berechtigt halten, der Einführung der Rechte der Frauen in der
Politik. Wir haben in unserem Programm festgelegt, daß die Rechte
der Frauen im Erwerbsleben usw. ausgebaut werden, daß überall da,
wo die Frauen ein volles Recht haben, sich zu betätigen, bei der Wahl
für Kaufmanns- und Gewerbegerichte die Frauen zugelassen werden.
An diesem Punkte halten wir durchaus fest. Was das Frauenstimm-
recht im Staate und im Reiche betrifft, so sind wir der Meinung, daß
die Frau allerdings an politischen Kräften soviel in sich birgt, daß sie
zunächst diese Kräfte ausüben sollte, den Männern zu helfen,
die das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht in Preußen er-
zielen. Wo ich überall mit Frauen in politischen Versammlungen
zusammenkomme, lege ich ihnen nahe, daß sie ihre Werbekraft und
die überzeugende Rede, die sie vielfach haben, dazu anwenden mögen,
für die Männer das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht
zu erreichen. Werden wir das haben, dann werden wir an den Aus-

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[15/0015] menten, die längst durch Tatsachen widerlegt sind und die uns heutzu- tage kaum noch in den kleinen Städten Deutschlands in öffentlichen Ver- sammlungen, wo wir das Frauenstimmrecht erörtern, von Lokalphilistern entgegengehalten werden. Seine Ausführungen beweisen, daß es der Mit- arbeit der Frauen nicht einmal gelungen ist, diesen Führer der Liberalen über die einfachsten Grundlagen der Forderung des Frauenstimmrechts zu orientieren. Dr. Pachnicke wird bei den kommenden Reichstags- wahlen wieder kandidieren, denn vom Standpunkte der fortschritt- lichen Volkspartei aus, ist er ein anerkannt „wünschenswerter“ Kann- didat. – Also herbei ihr Mitglieder des weiblichen Arbeitsausschusses, die ihr vorgebt, für Frauenstimmrecht zu kämpfen, hebt den liberalen Heros Pachnicke auf euren Schild, sammelt Geld, leistet Schlepparbeit, erniedrigt euch zu jedem Dienst für den Liberalismus, übt Verrat an den politischen Forderungen eures eignen Geschlechtes – hofft weiter – und seid gewiß, der wohlberechtigte Lohn für so viel Treue kann nicht ausbleiben. – liberale Männer werden euch weiter an der Nase herum- führen. Pachnicke würdig zur Seite steht das liberale Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses Hoff, der bei einer Kommissionsberatung, als es sich um die Behandlung einer vom preußischen Landesverein für Frauen- stimmrecht eingereichten Petition, betreffend das allgemeine Wahlrecht für Männer und Frauen in Preußen handelte, für Uebergang zur Tages- ordnung stimmte. In welcher Weise liberale Männer, die erklären für Frauenstimm- recht zu sein, unsere Sache vertreten, dafür einige Beweise. Herr Rosenow, Mitglied der fortschrittlichen Volkspartei, beantragte im Plenum des preußischen Abgeordnetenhauses am 11. Mai 1911, die oben angeführte Petition der Regierung als Material zu überweisen. aber nur hinsichtlich der Demokratisierung des Wahlrechtes für Männer, denn er sagte: „Wir meinen, wir haben zunächst ausgiebig zu tun, das all- gemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht für Männer in Preußen durchzusetzen und daß wir uns zunächst auf diese Aufgabe beschränken, um darauf weiterzubauen nach der Richtung, die wir allerdings auch für berechtigt halten, der Einführung der Rechte der Frauen in der Politik. Wir haben in unserem Programm festgelegt, daß die Rechte der Frauen im Erwerbsleben usw. ausgebaut werden, daß überall da, wo die Frauen ein volles Recht haben, sich zu betätigen, bei der Wahl für Kaufmanns- und Gewerbegerichte die Frauen zugelassen werden. An diesem Punkte halten wir durchaus fest. Was das Frauenstimm- recht im Staate und im Reiche betrifft, so sind wir der Meinung, daß die Frau allerdings an politischen Kräften soviel in sich birgt, daß sie zunächst diese Kräfte ausüben sollte, den Männern zu helfen, die das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht in Preußen er- zielen. Wo ich überall mit Frauen in politischen Versammlungen zusammenkomme, lege ich ihnen nahe, daß sie ihre Werbekraft und die überzeugende Rede, die sie vielfach haben, dazu anwenden mögen, für die Männer das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht zu erreichen. Werden wir das haben, dann werden wir an den Aus-  

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Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-06-02T14:25:14Z)

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Zitationshilfe: Heymann, Lida Gustava: Wird die Mitarbeit der Frauen in den politischen Männerparteien das Frauenstimmrecht fördern? Gautzsch b. Leipzig, 1911, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heymann_mitarbeit_1911/15>, abgerufen am 20.04.2024.