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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 7. Riga, 1796.

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von Alcäus und der Sappho, von
Pindar und dem Chor der Griechen ha-
ben wir geredet *) und allenthalben einen
jugendlich-aufstrebenden Geist, jene erste
Blume der Cultur bemerket, die, wenn sie
verblühet und zur Frucht gediehen ist, der
laueste Zephyr nicht wieder erwecken mag.

Alles in der Welt hat seine Stunde.
Es war eine Zeit, da Poesie alle mensch-
liche Weisheit in sich faßte, oder deren Stelle
vertrat. Sie sang die Götter, und erhielt
die ruhmwürdigen Thaten der Vorfahren,
der Väter und Helden; sie lehrte die Men-
schen Lebensweisheit und war so wie das
einzige und schönste Mittel ihres Unter-
richts, so auch an Festen und in Gesellschaft
ihr geistigstes Vergnügen. Ehe die Schrift

*) Diese Fragmente fehlen. A. d. H.

von Alcaͤus und der Sappho, von
Pindar und dem Chor der Griechen ha-
ben wir geredet *) und allenthalben einen
jugendlich-aufſtrebenden Geiſt, jene erſte
Blume der Cultur bemerket, die, wenn ſie
verbluͤhet und zur Frucht gediehen iſt, der
laueſte Zephyr nicht wieder erwecken mag.

Alles in der Welt hat ſeine Stunde.
Es war eine Zeit, da Poeſie alle menſch-
liche Weisheit in ſich faßte, oder deren Stelle
vertrat. Sie ſang die Goͤtter, und erhielt
die ruhmwuͤrdigen Thaten der Vorfahren,
der Vaͤter und Helden; ſie lehrte die Men-
ſchen Lebensweisheit und war ſo wie das
einzige und ſchoͤnſte Mittel ihres Unter-
richts, ſo auch an Feſten und in Geſellſchaft
ihr geiſtigſtes Vergnuͤgen. Ehe die Schrift

*) Dieſe Fragmente fehlen. A. d. H.
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[6/0023] von Alcaͤus und der Sappho, von Pindar und dem Chor der Griechen ha- ben wir geredet *) und allenthalben einen jugendlich-aufſtrebenden Geiſt, jene erſte Blume der Cultur bemerket, die, wenn ſie verbluͤhet und zur Frucht gediehen iſt, der laueſte Zephyr nicht wieder erwecken mag. Alles in der Welt hat ſeine Stunde. Es war eine Zeit, da Poeſie alle menſch- liche Weisheit in ſich faßte, oder deren Stelle vertrat. Sie ſang die Goͤtter, und erhielt die ruhmwuͤrdigen Thaten der Vorfahren, der Vaͤter und Helden; ſie lehrte die Men- ſchen Lebensweisheit und war ſo wie das einzige und ſchoͤnſte Mittel ihres Unter- richts, ſo auch an Feſten und in Geſellſchaft ihr geiſtigſtes Vergnuͤgen. Ehe die Schrift *) Dieſe Fragmente fehlen. A. d. H.

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 7. Riga, 1796, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet07_1796/23>, abgerufen am 24.04.2024.