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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831.

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dessen Chef der Pabst ist, giebt ihm bestimmte
Beschäftigung und dafür ein bestimmtes Salair;
er arbeitet lässig, wie jeder, der nicht für eigne
Rechnung arbeitet und viele Collegen hat, und
im großen Geschäftstreiben leicht unbemerkt bleibt
-- nur der Credit des Hauses liegt ihm am Her¬
zen, und noch mehr dessen Erhaltung, da er bey
einem etwaigen Bankerotte seinen Lebensunterhalt
verlöre. Der protestantische Pfaffe hingegen ist
überall selbst Prinzipal, und er treibt die Reli¬
gionsgeschäfte für eigene Rechnung. Er treibt
keinen Großhandel wie sein katholischer Gewerbe¬
genosse, sondern nur einen Kleinhandel; und da
er demselben allein vorstehen muß, darf er nicht
lässig seyn, er muß seine Glaubensartikel den Leu¬
ten anrühmen, die Artikel seiner Conkurrenten
herabsetzen, und als ächter Kleinhändler steht er
in seiner Ausschnittbude, voll von Gewerbsneid
gegen alle großen Häuser, absonderlich gegen das
große Haus in Rom, das viele tausend Buchhalter

deſſen Chef der Pabſt iſt, giebt ihm beſtimmte
Beſchaͤftigung und dafuͤr ein beſtimmtes Salair;
er arbeitet laͤſſig, wie jeder, der nicht fuͤr eigne
Rechnung arbeitet und viele Collegen hat, und
im großen Geſchaͤftstreiben leicht unbemerkt bleibt
— nur der Credit des Hauſes liegt ihm am Her¬
zen, und noch mehr deſſen Erhaltung, da er bey
einem etwaigen Bankerotte ſeinen Lebensunterhalt
verloͤre. Der proteſtantiſche Pfaffe hingegen iſt
uͤberall ſelbſt Prinzipal, und er treibt die Reli¬
gionsgeſchaͤfte fuͤr eigene Rechnung. Er treibt
keinen Großhandel wie ſein katholiſcher Gewerbe¬
genoſſe, ſondern nur einen Kleinhandel; und da
er demſelben allein vorſtehen muß, darf er nicht
laͤſſig ſeyn, er muß ſeine Glaubensartikel den Leu¬
ten anruͤhmen, die Artikel ſeiner Conkurrenten
herabſetzen, und als aͤchter Kleinhaͤndler ſteht er
in ſeiner Ausſchnittbude, voll von Gewerbsneid
gegen alle großen Haͤuſer, abſonderlich gegen das
große Haus in Rom, das viele tauſend Buchhalter

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[28/0042] deſſen Chef der Pabſt iſt, giebt ihm beſtimmte Beſchaͤftigung und dafuͤr ein beſtimmtes Salair; er arbeitet laͤſſig, wie jeder, der nicht fuͤr eigne Rechnung arbeitet und viele Collegen hat, und im großen Geſchaͤftstreiben leicht unbemerkt bleibt — nur der Credit des Hauſes liegt ihm am Her¬ zen, und noch mehr deſſen Erhaltung, da er bey einem etwaigen Bankerotte ſeinen Lebensunterhalt verloͤre. Der proteſtantiſche Pfaffe hingegen iſt uͤberall ſelbſt Prinzipal, und er treibt die Reli¬ gionsgeſchaͤfte fuͤr eigene Rechnung. Er treibt keinen Großhandel wie ſein katholiſcher Gewerbe¬ genoſſe, ſondern nur einen Kleinhandel; und da er demſelben allein vorſtehen muß, darf er nicht laͤſſig ſeyn, er muß ſeine Glaubensartikel den Leu¬ ten anruͤhmen, die Artikel ſeiner Conkurrenten herabſetzen, und als aͤchter Kleinhaͤndler ſteht er in ſeiner Ausſchnittbude, voll von Gewerbsneid gegen alle großen Haͤuſer, abſonderlich gegen das große Haus in Rom, das viele tauſend Buchhalter

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/42>, abgerufen am 29.03.2024.