Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite
Da sprach sie schnell: Die Zeit ist karg,
Ich zimmre deinen Todtensarg!
Und als sie dieß gesprochen kaum,
Zerfloß das ganze Bild, wie Schaum. --
Es lag so bleich, es lag so weit
Ringsum nur kahle, kahle Heid;
Ich wußte nicht wie mir geschah,
Und heimlich schauernd stand ich da.
Und nun ich eben fürder schweif',
Gewahr' ich einen weißen Streif;
Ich eilt' drauf zu, und eilt' und stand,
Und sieh! die schöne Maid ich fand.
Auf weiter Heid stand weiße Maid,
Grub tief die Erd' mit Grabescheit.
Kaum wagt ich noch sie anzuschau'n,
Sie war so schön und doch ein Grau'n.
Die schöne Maid, die sputet sich,
Sie summt ein Lied gar wunderlich:
"Spaten, Spaten, scharf und breit,
"Schaufle Grube tief und weit."
1 *
Da ſprach ſie ſchnell: Die Zeit iſt karg,
Ich zimmre deinen Todtenſarg!
Und als ſie dieß geſprochen kaum,
Zerfloß das ganze Bild, wie Schaum. —
Es lag ſo bleich, es lag ſo weit
Ringsum nur kahle, kahle Heid;
Ich wußte nicht wie mir geſchah,
Und heimlich ſchauernd ſtand ich da.
Und nun ich eben fürder ſchweif',
Gewahr' ich einen weißen Streif;
Ich eilt' drauf zu, und eilt' und ſtand,
Und ſieh! die ſchöne Maid ich fand.
Auf weiter Heid ſtand weiße Maid,
Grub tief die Erd' mit Grabeſcheit.
Kaum wagt ich noch ſie anzuſchau'n,
Sie war ſo ſchön und doch ein Grau'n.
Die ſchöne Maid, die ſputet ſich,
Sie ſummt ein Lied gar wunderlich:
„Spaten, Spaten, ſcharf und breit,
„Schaufle Grube tief und weit.“
1 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0017" n="9"/>
              <lg n="15">
                <l>Da &#x017F;prach &#x017F;ie &#x017F;chnell: Die Zeit i&#x017F;t karg,</l><lb/>
                <l>Ich zimmre deinen Todten&#x017F;arg!</l><lb/>
                <l>Und als &#x017F;ie dieß ge&#x017F;prochen kaum,</l><lb/>
                <l>Zerfloß das ganze Bild, wie Schaum. &#x2014;</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="16">
                <l>Es lag &#x017F;o bleich, es lag &#x017F;o weit</l><lb/>
                <l>Ringsum nur kahle, kahle Heid;</l><lb/>
                <l>Ich wußte nicht wie mir ge&#x017F;chah,</l><lb/>
                <l>Und heimlich &#x017F;chauernd &#x017F;tand ich da.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="17">
                <l>Und nun ich eben fürder &#x017F;chweif',</l><lb/>
                <l>Gewahr' ich einen weißen Streif;</l><lb/>
                <l>Ich eilt' drauf zu, und eilt' und &#x017F;tand,</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;ieh! die &#x017F;chöne Maid ich fand.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="18">
                <l>Auf weiter Heid &#x017F;tand weiße Maid,</l><lb/>
                <l>Grub tief die Erd' mit Grabe&#x017F;cheit.</l><lb/>
                <l>Kaum wagt ich noch &#x017F;ie anzu&#x017F;chau'n,</l><lb/>
                <l>Sie war &#x017F;o &#x017F;chön und doch ein Grau'n.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="19">
                <l>Die &#x017F;chöne Maid, die &#x017F;putet &#x017F;ich,</l><lb/>
                <l>Sie &#x017F;ummt ein Lied gar wunderlich:</l><lb/>
                <l>&#x201E;Spaten, Spaten, &#x017F;charf und breit,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Schaufle Grube tief und weit.&#x201C;</l><lb/>
              </lg>
              <fw place="bottom" type="sig">1 *<lb/></fw>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0017] Da ſprach ſie ſchnell: Die Zeit iſt karg, Ich zimmre deinen Todtenſarg! Und als ſie dieß geſprochen kaum, Zerfloß das ganze Bild, wie Schaum. — Es lag ſo bleich, es lag ſo weit Ringsum nur kahle, kahle Heid; Ich wußte nicht wie mir geſchah, Und heimlich ſchauernd ſtand ich da. Und nun ich eben fürder ſchweif', Gewahr' ich einen weißen Streif; Ich eilt' drauf zu, und eilt' und ſtand, Und ſieh! die ſchöne Maid ich fand. Auf weiter Heid ſtand weiße Maid, Grub tief die Erd' mit Grabeſcheit. Kaum wagt ich noch ſie anzuſchau'n, Sie war ſo ſchön und doch ein Grau'n. Die ſchöne Maid, die ſputet ſich, Sie ſummt ein Lied gar wunderlich: „Spaten, Spaten, ſcharf und breit, „Schaufle Grube tief und weit.“ 1 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827/17
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827/17>, abgerufen am 25.04.2024.