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Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698.

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Vorbericht.
esprits forts nicht hinderet/ so nimt mich
nur wunder/ wie sie es machen/ daß sie
die schulerische/ weibische Alamoderey der
Worten und Styli, so durchgehnds in den
Romanen zischet und rauschet/ übertra-
gen und verdauwen können? Ob sie so
thöricht seyn können/ daß sie verneinen
die Rede habe andre Zierathten/ als ver-
ständliche Flüssigkeit? Was könte ab-
scheulicher lauten/ als theils Teutsche Ro-
man,
da (zum Exempel) einer under den
dichten fichten die Ruh-lächzende Glider
außdähnet.
Jtem/ da man die Kleider
arm/ und die Bethe reich machet/
(wenn
man schlaffen geht:) Jtem/ da die klare
Darthuung zu Tagstehet/
(wenn eine
Sach offenbar ist) Jtem/ da gar zuviel
vor-lustige Bezeigung auf eine Fehl-lust
hinauß laufft/
und dergleichen halbzau-
berisch lautende Redens-Arten mehr:
Dahin gehören die abentheurliche neu-
we Wörter/ damit sie unsere Sprach be-
reicheren: Mein Temperament ist auf
sauber Teutsch/ meine Mengart: eine
Spazier-Schiffarth/ ein Lustwall/ das
Fenster eine Tage-Leuchter/ ein Rival ist
ein Samthoffer/ ein Steur-Ruder ein
Schiff-Zaum/ der Tod ein Hin-End/ der

Wein
*** iiij

Vorbericht.
eſprits forts nicht hinderet/ ſo nimt mich
nur wunder/ wie ſie es machen/ daß ſie
die ſchuleriſche/ weibiſche Alamoderey der
Worten und Styli, ſo durchgehnds in den
Romanen ziſchet und rauſchet/ uͤbertra-
gen und verdauwen koͤnnen? Ob ſie ſo
thoͤricht ſeyn koͤnnen/ daß ſie verneinen
die Rede habe andre Zierathten/ als ver-
ſtaͤndliche Fluͤſſigkeit? Was koͤnte ab-
ſcheulicher lauten/ als theils Teutſche Ro-
man,
da (zum Exempel) einer under den
dichtẽ fichten die Ruh-laͤchzende Glider
außdaͤhnet.
Jtem/ da man die Kleider
arm/ und die Bethe reich machet/
(wenn
man ſchlaffen geht:) Jtem/ da die klare
Darthuung zu Tagſtehet/
(wenn eine
Sach offenbar iſt) Jtem/ da gar zuviel
vor-luſtige Bezeigung auf eine Fehl-luſt
hinauß laufft/
und dergleichen halbzau-
beriſch lautende Redens-Arten mehr:
Dahin gehoͤren die abentheurliche neu-
we Woͤrter/ damit ſie unſere Sprach be-
reicheren: Mein Temperament iſt auf
ſauber Teutſch/ meine Mengart: eine
Spazier-Schiffarth/ ein Luſtwall/ das
Fenſter eine Tage-Leuchter/ ein Rival iſt
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Schiff-Zaum/ der Tod ein Hin-End/ der

Wein
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[0039] Vorbericht. eſprits forts nicht hinderet/ ſo nimt mich nur wunder/ wie ſie es machen/ daß ſie die ſchuleriſche/ weibiſche Alamoderey der Worten und Styli, ſo durchgehnds in den Romanen ziſchet und rauſchet/ uͤbertra- gen und verdauwen koͤnnen? Ob ſie ſo thoͤricht ſeyn koͤnnen/ daß ſie verneinen die Rede habe andre Zierathten/ als ver- ſtaͤndliche Fluͤſſigkeit? Was koͤnte ab- ſcheulicher lauten/ als theils Teutſche Ro- man, da (zum Exempel) einer under den dichtẽ fichten die Ruh-laͤchzende Glider außdaͤhnet. Jtem/ da man die Kleider arm/ und die Bethe reich machet/ (wenn man ſchlaffen geht:) Jtem/ da die klare Darthuung zu Tagſtehet/ (wenn eine Sach offenbar iſt) Jtem/ da gar zuviel vor-luſtige Bezeigung auf eine Fehl-luſt hinauß laufft/ und dergleichen halbzau- beriſch lautende Redens-Arten mehr: Dahin gehoͤren die abentheurliche neu- we Woͤrter/ damit ſie unſere Sprach be- reicheren: Mein Temperament iſt auf ſauber Teutſch/ meine Mengart: eine Spazier-Schiffarth/ ein Luſtwall/ das Fenſter eine Tage-Leuchter/ ein Rival iſt ein Samthoffer/ ein Steur-Ruder ein Schiff-Zaum/ der Tod ein Hin-End/ der Wein *** iiij

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Zitationshilfe: Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heidegger_mythoscopia_1698/39>, abgerufen am 28.03.2024.