Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

sich über seine Natur vollkommen klar gewor-
den ist. -- In der Rücksicht, dass die allge-
meine Vorstellung, wenn sie dem, was ein Ver-
such ihrer Ausführung ist, vorangeht, das Auf-
fassen der letztern erleichtert, ist es dienlich
das Ungefähre derselben hier anzudeuten, in
der Absicht zugleich, bey dieser Gelegenheit ei-
nige Formen zu entfernen, deren Gewohnheit
ein Hinderniss für das philosophische Erken-
nen ist.

Es kömmt nach meiner Einsicht, welche
sich durch die Darstellung des Systems selbst
rechtfertigen muss, alles darauf an, das Wahre
nicht als Substanz, sondern eben so sehr als
Subject aufzufassen und auszudrücken. Zu-
gleich ist zu bemerken, dass die Substantialität
so sehr das Allgemeine, oder die Unmittelbar-
keit des Wissens
, als diejenige, welche Seyn oder
Unmittelbarkeit für das Wissen ist, in sich
schliesst. -- Wenn, Gott als die Eine Substanz zu
fassen, das Zeitalter empörte, worin diese Be-
stimmung ausgesprochen wurde, so lag theils
der Grund hievon in dem Instincte, dass darin
das Selbstbewusstseyn nur untergegangen, nicht
erhalten ist, theils aber ist das Gegentheil, wel-
ches das Denken als Denken festhält, die Allge-
meinheit
, dieselbe Einfachheit oder ununter-

ſich über ſeine Natur vollkommen klar gewor-
den iſt. — In der Rückſicht, daſs die allge-
meine Vorſtellung, wenn ſie dem, was ein Ver-
ſuch ihrer Ausführung iſt, vorangeht, das Auf-
faſſen der letztern erleichtert, iſt es dienlich
das Ungefähre derſelben hier anzudeuten, in
der Abſicht zugleich, bey dieſer Gelegenheit ei-
nige Formen zu entfernen, deren Gewohnheit
ein Hinderniſs für das philoſophiſche Erken-
nen iſt.

Es kömmt nach meiner Einſicht, welche
ſich durch die Darſtellung des Syſtems ſelbſt
rechtfertigen muſs, alles darauf an, das Wahre
nicht als Subſtanz, ſondern eben ſo ſehr als
Subject aufzufaſſen und auszudrücken. Zu-
gleich iſt zu bemerken, daſs die Subſtantialität
ſo ſehr das Allgemeine, oder die Unmittelbar-
keit des Wiſſens
, als diejenige, welche Seyn oder
Unmittelbarkeit für das Wiſſen iſt, in ſich
ſchlieſst. — Wenn, Gott als die Eine Subſtanz zu
faſſen, das Zeitalter empörte, worin dieſe Be-
ſtimmung ausgeſprochen wurde, ſo lag theils
der Grund hievon in dem Inſtincte, daſs darin
das Selbſtbewuſstſeyn nur untergegangen, nicht
erhalten iſt, theils aber iſt das Gegentheil, wel-
ches das Denken als Denken feſthält, die Allge-
meinheit
, dieſelbe Einfachheit oder ununter-

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0035" n="XX"/>
&#x017F;ich über &#x017F;eine Natur vollkommen klar gewor-<lb/>
den i&#x017F;t. &#x2014; In der Rück&#x017F;icht, da&#x017F;s die allge-<lb/>
meine Vor&#x017F;tellung, wenn &#x017F;ie dem, was ein Ver-<lb/>
&#x017F;uch ihrer Ausführung i&#x017F;t, vorangeht, das Auf-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;en der letztern erleichtert, i&#x017F;t es dienlich<lb/>
das Ungefähre der&#x017F;elben hier anzudeuten, in<lb/>
der Ab&#x017F;icht zugleich, bey die&#x017F;er Gelegenheit ei-<lb/>
nige Formen zu entfernen, deren Gewohnheit<lb/>
ein Hinderni&#x017F;s für das philo&#x017F;ophi&#x017F;che Erken-<lb/>
nen i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Es kömmt nach meiner Ein&#x017F;icht, welche<lb/>
&#x017F;ich durch die Dar&#x017F;tellung des Sy&#x017F;tems &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
rechtfertigen mu&#x017F;s, alles darauf an, das Wahre<lb/>
nicht als <hi rendition="#i">Sub&#x017F;tanz</hi>, &#x017F;ondern eben &#x017F;o &#x017F;ehr als<lb/><hi rendition="#i">Subject</hi> aufzufa&#x017F;&#x017F;en und auszudrücken. Zu-<lb/>
gleich i&#x017F;t zu bemerken, da&#x017F;s die Sub&#x017F;tantialität<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr das Allgemeine, oder die <hi rendition="#i">Unmittelbar-<lb/>
keit des Wi&#x017F;&#x017F;ens</hi>, als diejenige, welche <hi rendition="#i">Seyn</hi> oder<lb/>
Unmittelbarkeit <hi rendition="#i">für das</hi> Wi&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t, in &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;chlie&#x017F;st. &#x2014; Wenn, Gott als die Eine Sub&#x017F;tanz zu<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;en, das Zeitalter empörte, worin die&#x017F;e Be-<lb/>
&#x017F;timmung ausge&#x017F;prochen wurde, &#x017F;o lag theils<lb/>
der Grund hievon in dem In&#x017F;tincte, da&#x017F;s darin<lb/>
das Selb&#x017F;tbewu&#x017F;st&#x017F;eyn nur untergegangen, nicht<lb/>
erhalten i&#x017F;t, theils aber i&#x017F;t das Gegentheil, wel-<lb/>
ches das Denken als Denken fe&#x017F;thält, die <hi rendition="#i">Allge-<lb/>
meinheit</hi>, die&#x017F;elbe Einfachheit oder ununter-<lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[XX/0035] ſich über ſeine Natur vollkommen klar gewor- den iſt. — In der Rückſicht, daſs die allge- meine Vorſtellung, wenn ſie dem, was ein Ver- ſuch ihrer Ausführung iſt, vorangeht, das Auf- faſſen der letztern erleichtert, iſt es dienlich das Ungefähre derſelben hier anzudeuten, in der Abſicht zugleich, bey dieſer Gelegenheit ei- nige Formen zu entfernen, deren Gewohnheit ein Hinderniſs für das philoſophiſche Erken- nen iſt. Es kömmt nach meiner Einſicht, welche ſich durch die Darſtellung des Syſtems ſelbſt rechtfertigen muſs, alles darauf an, das Wahre nicht als Subſtanz, ſondern eben ſo ſehr als Subject aufzufaſſen und auszudrücken. Zu- gleich iſt zu bemerken, daſs die Subſtantialität ſo ſehr das Allgemeine, oder die Unmittelbar- keit des Wiſſens, als diejenige, welche Seyn oder Unmittelbarkeit für das Wiſſen iſt, in ſich ſchlieſst. — Wenn, Gott als die Eine Subſtanz zu faſſen, das Zeitalter empörte, worin dieſe Be- ſtimmung ausgeſprochen wurde, ſo lag theils der Grund hievon in dem Inſtincte, daſs darin das Selbſtbewuſstſeyn nur untergegangen, nicht erhalten iſt, theils aber iſt das Gegentheil, wel- ches das Denken als Denken feſthält, die Allge- meinheit, dieſelbe Einfachheit oder ununter-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/35
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. XX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/35>, abgerufen am 29.03.2024.