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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

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Allgemeine Eintheilung

Indem nun die Einheit sich bestimmt und entwickelt,
so müssen ihre Bestimmungen die Form jener Trennung
haben, denn die Einheit ist eben Einheit jenes Unterschie-
des, und ihre Entwicklung ist die Darstellung dessen, was
sie in sich enthält, also jenes Unterschiedes von Seyn
und von Denken. Allein indem das Wissen darin besteht,
daß die Wahrheit dieses Unterschiedes in seiner Einigung
besteht, so hat er, indem das Wissen an und aus sich
selbst denselben durch sein Bestimmen entwickelt, nicht
mehr die Bedeutung, die er auf seinem Wege hat-
te, oder indem er ausser seiner Wahrheit war;
sondern er kann nur als eine Bestimmung dieser Einheit,
als ein Moment innerhalb ihrer selbst, auftre-
ten und diese Einheit kann nicht wieder in ihn sich auf-
lösen.

Die Logik kann daher überhaupt in die Logik des
Seyns und des Denkens, in die objective und
subjective Logik eingetheilt werden.

Die objective Logik würde dem Inhalte nach
zum Theil dem entsprechen, was bey Kant *) tran-

scen-
*) Ich erinnere, daß ich auf die Kantische Philosophie in die-
sem Werke darum häufig Rücksicht nehme, (was manchen
überflüssig scheinen könnte) weil sie, -- ihre nähere Be-
stimmtheit so wie die besondern Theile der Ausführung
mögen sonst und auch in diesem Werke betrachtet werden,
wie sie wollen, -- die Grundlage und den Ausgangspunkt
der neuern Philosophie ausmacht, und diß ihr Verdienst
durch das, was an ihr ausgesetzt werden möge, ihr unge-
schmälert bleibt. Auch darum ist auf sie in der objectiven
Logik wenigstens häufig Rücksicht zu nehmen, weil sie sich
auf wichtige bestimmtere Seiten des Logischen näher ein-
läßt, spätere Darstellungen der Philosophie hingegen das-
selbe wenig beachtet, zum Theil oft nur eine rohe, -- aber
nicht ungerächte --, Verachtung dagegen bewiesen haben.
Allgemeine Eintheilung

Indem nun die Einheit ſich beſtimmt und entwickelt,
ſo muͤſſen ihre Beſtimmungen die Form jener Trennung
haben, denn die Einheit iſt eben Einheit jenes Unterſchie-
des, und ihre Entwicklung iſt die Darſtellung deſſen, was
ſie in ſich enthaͤlt, alſo jenes Unterſchiedes von Seyn
und von Denken. Allein indem das Wiſſen darin beſteht,
daß die Wahrheit dieſes Unterſchiedes in ſeiner Einigung
beſteht, ſo hat er, indem das Wiſſen an und aus ſich
ſelbſt denſelben durch ſein Beſtimmen entwickelt, nicht
mehr die Bedeutung, die er auf ſeinem Wege hat-
te, oder indem er auſſer ſeiner Wahrheit war;
ſondern er kann nur als eine Beſtimmung dieſer Einheit,
als ein Moment innerhalb ihrer ſelbſt, auftre-
ten und dieſe Einheit kann nicht wieder in ihn ſich auf-
loͤſen.

Die Logik kann daher uͤberhaupt in die Logik des
Seyns und des Denkens, in die objective und
ſubjective Logik eingetheilt werden.

Die objective Logik wuͤrde dem Inhalte nach
zum Theil dem entſprechen, was bey Kant *) tran-

ſcen-
*) Ich erinnere, daß ich auf die Kantiſche Philoſophie in die-
ſem Werke darum haͤufig Ruͤckſicht nehme, (was manchen
uͤberfluͤſſig ſcheinen koͤnnte) weil ſie, — ihre naͤhere Be-
ſtimmtheit ſo wie die beſondern Theile der Ausfuͤhrung
moͤgen ſonſt und auch in dieſem Werke betrachtet werden,
wie ſie wollen, — die Grundlage und den Ausgangspunkt
der neuern Philoſophie ausmacht, und diß ihr Verdienſt
durch das, was an ihr ausgeſetzt werden moͤge, ihr unge-
ſchmaͤlert bleibt. Auch darum iſt auf ſie in der objectiven
Logik wenigſtens haͤufig Ruͤckſicht zu nehmen, weil ſie ſich
auf wichtige beſtimmtere Seiten des Logiſchen naͤher ein-
laͤßt, ſpaͤtere Darſtellungen der Philoſophie hingegen daſ-
ſelbe wenig beachtet, zum Theil oft nur eine rohe, — aber
nicht ungeraͤchte —, Verachtung dagegen bewieſen haben.
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[2/0050] Allgemeine Eintheilung Indem nun die Einheit ſich beſtimmt und entwickelt, ſo muͤſſen ihre Beſtimmungen die Form jener Trennung haben, denn die Einheit iſt eben Einheit jenes Unterſchie- des, und ihre Entwicklung iſt die Darſtellung deſſen, was ſie in ſich enthaͤlt, alſo jenes Unterſchiedes von Seyn und von Denken. Allein indem das Wiſſen darin beſteht, daß die Wahrheit dieſes Unterſchiedes in ſeiner Einigung beſteht, ſo hat er, indem das Wiſſen an und aus ſich ſelbſt denſelben durch ſein Beſtimmen entwickelt, nicht mehr die Bedeutung, die er auf ſeinem Wege hat- te, oder indem er auſſer ſeiner Wahrheit war; ſondern er kann nur als eine Beſtimmung dieſer Einheit, als ein Moment innerhalb ihrer ſelbſt, auftre- ten und dieſe Einheit kann nicht wieder in ihn ſich auf- loͤſen. Die Logik kann daher uͤberhaupt in die Logik des Seyns und des Denkens, in die objective und ſubjective Logik eingetheilt werden. Die objective Logik wuͤrde dem Inhalte nach zum Theil dem entſprechen, was bey Kant *) tran- ſcen- *) Ich erinnere, daß ich auf die Kantiſche Philoſophie in die- ſem Werke darum haͤufig Ruͤckſicht nehme, (was manchen uͤberfluͤſſig ſcheinen koͤnnte) weil ſie, — ihre naͤhere Be- ſtimmtheit ſo wie die beſondern Theile der Ausfuͤhrung moͤgen ſonſt und auch in dieſem Werke betrachtet werden, wie ſie wollen, — die Grundlage und den Ausgangspunkt der neuern Philoſophie ausmacht, und diß ihr Verdienſt durch das, was an ihr ausgeſetzt werden moͤge, ihr unge- ſchmaͤlert bleibt. Auch darum iſt auf ſie in der objectiven Logik wenigſtens haͤufig Ruͤckſicht zu nehmen, weil ſie ſich auf wichtige beſtimmtere Seiten des Logiſchen naͤher ein- laͤßt, ſpaͤtere Darſtellungen der Philoſophie hingegen daſ- ſelbe wenig beachtet, zum Theil oft nur eine rohe, — aber nicht ungeraͤchte —, Verachtung dagegen bewieſen haben.

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/50>, abgerufen am 23.04.2024.