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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

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Einleitung.
sich muß ein großer Theil dieser psychologischen, pädago-
gischen, physiologischen Beobachtungen, Gesetze und Re-
geln, sie mochten in der Logik oder wo es sey, stehen,
als sehr schaal und trivial erscheinen. Vollends solche
Regeln, als zum Beyspiel, daß man dasjenige durchden-
ken und prüfen solle, was man in Büchern lese oder
mündlich höre; daß man, wenn man nicht genau sehe,
seinen Augen durch Brillen zu Hülfe zu kommen habe --
Regeln, die von den Lehrbüchern in der sogenannten an-
gewandten Logik, und zwar ernsthaft in Paragraphen ab-
getheilt gegeben wurden, auf daß man zur Wahrheit ge-
lange, -- müssen jedermann als überflüssig vorkommen,
nur höchstens dem Schriftsteller oder Lehrer nicht, der in
Verlegenheit ist, den sonst zu kurzen und todten Inhalt
der Logik durch irgend etwas auszudehnen *).

Was diesen Inhalt selbst betrift, so ist schon oben
der Grund angegeben worden, warum er so geistlos ist.
Die Bestimmungen desselben gelten in ihrer Festigkeit
unverrükt, und werden nur in äusserliche Beziehung mit-
einander gebracht. Dadurch daß bey den Urtheilen und
Schlüssen die Operationen vornemlich auf das Quantita-

tive
*) Eine so eben erschienene neueste Bearbeitung dieser Wis-
senschaft, "System der Logik von Fries," kehrt
zu den anthropologischen Grundlagen zurück. Die Seich-
tigkeit der dabey zu Grunde liegenden Vorstellung oder
Meynung an und für sich, und der Ausführung überhebt
mich der Mühe, irgend eine Rücksicht auf diese bedeu-
tungslose Erscheinung zu nehmen.
B

Einleitung.
ſich muß ein großer Theil dieſer pſychologiſchen, paͤdago-
giſchen, phyſiologiſchen Beobachtungen, Geſetze und Re-
geln, ſie mochten in der Logik oder wo es ſey, ſtehen,
als ſehr ſchaal und trivial erſcheinen. Vollends ſolche
Regeln, als zum Beyſpiel, daß man dasjenige durchden-
ken und pruͤfen ſolle, was man in Buͤchern leſe oder
muͤndlich hoͤre; daß man, wenn man nicht genau ſehe,
ſeinen Augen durch Brillen zu Huͤlfe zu kommen habe —
Regeln, die von den Lehrbuͤchern in der ſogenannten an-
gewandten Logik, und zwar ernſthaft in Paragraphen ab-
getheilt gegeben wurden, auf daß man zur Wahrheit ge-
lange, — muͤſſen jedermann als uͤberfluͤſſig vorkommen,
nur hoͤchſtens dem Schriftſteller oder Lehrer nicht, der in
Verlegenheit iſt, den ſonſt zu kurzen und todten Inhalt
der Logik durch irgend etwas auszudehnen *).

Was dieſen Inhalt ſelbſt betrift, ſo iſt ſchon oben
der Grund angegeben worden, warum er ſo geiſtlos iſt.
Die Beſtimmungen deſſelben gelten in ihrer Feſtigkeit
unverruͤkt, und werden nur in aͤuſſerliche Beziehung mit-
einander gebracht. Dadurch daß bey den Urtheilen und
Schluͤſſen die Operationen vornemlich auf das Quantita-

tive
*) Eine ſo eben erſchienene neueſte Bearbeitung dieſer Wiſ-
ſenſchaft, „Syſtem der Logik von Fries,“ kehrt
zu den anthropologiſchen Grundlagen zuruͤck. Die Seich-
tigkeit der dabey zu Grunde liegenden Vorſtellung oder
Meynung an und fuͤr ſich, und der Ausfuͤhrung uͤberhebt
mich der Muͤhe, irgend eine Ruͤckſicht auf dieſe bedeu-
tungsloſe Erſcheinung zu nehmen.
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[XVII/0037] Einleitung. ſich muß ein großer Theil dieſer pſychologiſchen, paͤdago- giſchen, phyſiologiſchen Beobachtungen, Geſetze und Re- geln, ſie mochten in der Logik oder wo es ſey, ſtehen, als ſehr ſchaal und trivial erſcheinen. Vollends ſolche Regeln, als zum Beyſpiel, daß man dasjenige durchden- ken und pruͤfen ſolle, was man in Buͤchern leſe oder muͤndlich hoͤre; daß man, wenn man nicht genau ſehe, ſeinen Augen durch Brillen zu Huͤlfe zu kommen habe — Regeln, die von den Lehrbuͤchern in der ſogenannten an- gewandten Logik, und zwar ernſthaft in Paragraphen ab- getheilt gegeben wurden, auf daß man zur Wahrheit ge- lange, — muͤſſen jedermann als uͤberfluͤſſig vorkommen, nur hoͤchſtens dem Schriftſteller oder Lehrer nicht, der in Verlegenheit iſt, den ſonſt zu kurzen und todten Inhalt der Logik durch irgend etwas auszudehnen *). Was dieſen Inhalt ſelbſt betrift, ſo iſt ſchon oben der Grund angegeben worden, warum er ſo geiſtlos iſt. Die Beſtimmungen deſſelben gelten in ihrer Feſtigkeit unverruͤkt, und werden nur in aͤuſſerliche Beziehung mit- einander gebracht. Dadurch daß bey den Urtheilen und Schluͤſſen die Operationen vornemlich auf das Quantita- tive *) Eine ſo eben erſchienene neueſte Bearbeitung dieſer Wiſ- ſenſchaft, „Syſtem der Logik von Fries,“ kehrt zu den anthropologiſchen Grundlagen zuruͤck. Die Seich- tigkeit der dabey zu Grunde liegenden Vorſtellung oder Meynung an und fuͤr ſich, und der Ausfuͤhrung uͤberhebt mich der Muͤhe, irgend eine Ruͤckſicht auf dieſe bedeu- tungsloſe Erſcheinung zu nehmen. B

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. XVII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/37>, abgerufen am 28.03.2024.