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Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809.

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Einleitung.

6. Die Stützen, welche dieses System auf-
recht erhalten konnten und erhielten, und dem Schwa-
chen seine Sicherheit und Selbstständigkeit vor dem
Mächtigen sicherten, waren von verschiedener Art.
Zwar fehlte sehr viel daran, daß unter den ver-
schiedenen Staaten dieses Systems ein rechtlicher
Zustand, wie er sich in der Theorie entwerfen läßt,
jemals förmlich gegründet wäre, aber doch erzeugte
sich allmählig, als Frucht der fortschreitenden Cul-
tur, ein Völkerrecht, das nicht bloß auf ausdrück-
lichen Verträgen, sondern auch auf stillschweigenden
Conventionen beruhend, die Beobachtung gewis-
ser Maximen, sowohl im Frieden als auch be-
sonders im Kriege, zur Pflicht machte, und, wenn
auch oft verletzt, doch höchst wohlthätig wurde.
Selbst das strenge, zuweilen übertriebene, Cere-
moniel
, das die Staaten wechselseitig gegen einan-
der beobachteten, war nichts weniger als gleichgültig,
wollte man es auch nur als wechselseitige Anerkennung
der Unabhängigkeit, oft bey den durch Macht und
Verfassung ungleichartigsten, Staaten betrachten.

Sam. Pufendorf Jus naturae et gentium. Lugd. 1672.
Bourlamaquy droit de la nature et des gens. a Iverd. 1766.
de Vattel le droit des gens ou principes de la loi natu-
relle appliques a la conduite et aux affaires des nations
et des souverains. Londr. 1758. 4. a Bale 1777. 3 Voll.
8.
Precis du droit des gens par Mr. de Martens, a Goettin-
gue
2te Ausgabe. 1801.
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Einleitung.

6. Die Stuͤtzen, welche dieſes Syſtem auf-
recht erhalten konnten und erhielten, und dem Schwa-
chen ſeine Sicherheit und Selbſtſtaͤndigkeit vor dem
Maͤchtigen ſicherten, waren von verſchiedener Art.
Zwar fehlte ſehr viel daran, daß unter den ver-
ſchiedenen Staaten dieſes Syſtems ein rechtlicher
Zuſtand, wie er ſich in der Theorie entwerfen laͤßt,
jemals foͤrmlich gegruͤndet waͤre, aber doch erzeugte
ſich allmaͤhlig, als Frucht der fortſchreitenden Cul-
tur, ein Voͤlkerrecht, das nicht bloß auf ausdruͤck-
lichen Vertraͤgen, ſondern auch auf ſtillſchweigenden
Conventionen beruhend, die Beobachtung gewiſ-
ſer Maximen, ſowohl im Frieden als auch be-
ſonders im Kriege, zur Pflicht machte, und, wenn
auch oft verletzt, doch hoͤchſt wohlthaͤtig wurde.
Selbſt das ſtrenge, zuweilen uͤbertriebene, Cere-
moniel
, das die Staaten wechſelſeitig gegen einan-
der beobachteten, war nichts weniger als gleichguͤltig,
wollte man es auch nur als wechſelſeitige Anerkennung
der Unabhaͤngigkeit, oft bey den durch Macht und
Verfaſſung ungleichartigſten, Staaten betrachten.

Sam. Pufendorf Jus naturae et gentium. Lugd. 1672.
Bourlamaquy droit de la nature et des gens. à Iverd. 1766.
de Vattel le droit des gens ou principes de la loi natu-
relle appliqués à la conduite et aux affaires des nations
et des ſouverains. Londr. 1758. 4. à Bâle 1777. 3 Voll.
8.
Précis du droit des gens par Mr. de Martens, à Goettin-
gue
2te Ausgabe. 1801.
7.
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[9/0047] Einleitung. 6. Die Stuͤtzen, welche dieſes Syſtem auf- recht erhalten konnten und erhielten, und dem Schwa- chen ſeine Sicherheit und Selbſtſtaͤndigkeit vor dem Maͤchtigen ſicherten, waren von verſchiedener Art. Zwar fehlte ſehr viel daran, daß unter den ver- ſchiedenen Staaten dieſes Syſtems ein rechtlicher Zuſtand, wie er ſich in der Theorie entwerfen laͤßt, jemals foͤrmlich gegruͤndet waͤre, aber doch erzeugte ſich allmaͤhlig, als Frucht der fortſchreitenden Cul- tur, ein Voͤlkerrecht, das nicht bloß auf ausdruͤck- lichen Vertraͤgen, ſondern auch auf ſtillſchweigenden Conventionen beruhend, die Beobachtung gewiſ- ſer Maximen, ſowohl im Frieden als auch be- ſonders im Kriege, zur Pflicht machte, und, wenn auch oft verletzt, doch hoͤchſt wohlthaͤtig wurde. Selbſt das ſtrenge, zuweilen uͤbertriebene, Cere- moniel, das die Staaten wechſelſeitig gegen einan- der beobachteten, war nichts weniger als gleichguͤltig, wollte man es auch nur als wechſelſeitige Anerkennung der Unabhaͤngigkeit, oft bey den durch Macht und Verfaſſung ungleichartigſten, Staaten betrachten. Sam. Pufendorf Jus naturae et gentium. Lugd. 1672. Bourlamaquy droit de la nature et des gens. à Iverd. 1766. de Vattel le droit des gens ou principes de la loi natu- relle appliqués à la conduite et aux affaires des nations et des ſouverains. Londr. 1758. 4. à Bâle 1777. 3 Voll. 8. Précis du droit des gens par Mr. de Martens, à Goettin- gue 2te Ausgabe. 1801. 7. A 5

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Zitationshilfe: Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/47>, abgerufen am 28.03.2024.