Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Per. A. I. Gesch. d. südl. Eur. Staatensyst.
tigkeit des Herzogs von Savoyen schätzen; und in
dem Deutschen Reich konnte es nicht leicht an ein-
zelnen Verbündeten fehlen.

26. Während aber jene Kriege den Westen
von Europa erschütterten, tobten nicht geringere
Stürme im Osten. Die Türkengefahr war
noch fast nie so drohend für Deutschland geworden,
als in diesem Zeitraum; wo das Schicksal von
Wien auch das seinige entscheiden zu müssen schien.
Die Streitigkeiten über Siebenbürgen, die Oestrei-
chische Tyranney in Ungarn, ließen es hier den
Türken an Anhängern nicht fehlen; und wenn sie
gleich in regelmäßigen Schlachten der Deutschen
Tactik unterlagen, so fanden sie doch einzelne An-
führer, die es einsahen, was mit großen Massen
leichter Truppen, von Nationalstolz und Religions-
haß belebt, auszurichten steht. Auf die Händel
des westlichen Europas wirkten diese Kriege nicht
wenig ein. Ludwig XIV., in der Politik wie im
Privatleben nie den Anstand verleugnend, war zwar
nicht förmlicher Verbündeter des Feindes der Chri-
stenheit; schickte wohl selbst ein Hülfscorps gegen
ihn. Aber seine Gesandten waren darum nicht
weniger in Constantinopel thätig.

Bereits 1661-1664 Krieg durch die streitige Fürstenwahl
in Siebenbürgen, zwischen Kemeny, den Oestreich, und
Mich. Abaffi, den die Pforte unterstützte, erregt. Ein-

nahme

II. Per. A. I. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt.
tigkeit des Herzogs von Savoyen ſchaͤtzen; und in
dem Deutſchen Reich konnte es nicht leicht an ein-
zelnen Verbuͤndeten fehlen.

26. Waͤhrend aber jene Kriege den Weſten
von Europa erſchuͤtterten, tobten nicht geringere
Stuͤrme im Oſten. Die Tuͤrkengefahr war
noch faſt nie ſo drohend fuͤr Deutſchland geworden,
als in dieſem Zeitraum; wo das Schickſal von
Wien auch das ſeinige entſcheiden zu muͤſſen ſchien.
Die Streitigkeiten uͤber Siebenbuͤrgen, die Oeſtrei-
chiſche Tyranney in Ungarn, ließen es hier den
Tuͤrken an Anhaͤngern nicht fehlen; und wenn ſie
gleich in regelmaͤßigen Schlachten der Deutſchen
Tactik unterlagen, ſo fanden ſie doch einzelne An-
fuͤhrer, die es einſahen, was mit großen Maſſen
leichter Truppen, von Nationalſtolz und Religions-
haß belebt, auszurichten ſteht. Auf die Haͤndel
des weſtlichen Europas wirkten dieſe Kriege nicht
wenig ein. Ludwig XIV., in der Politik wie im
Privatleben nie den Anſtand verleugnend, war zwar
nicht foͤrmlicher Verbuͤndeter des Feindes der Chri-
ſtenheit; ſchickte wohl ſelbſt ein Huͤlfscorps gegen
ihn. Aber ſeine Geſandten waren darum nicht
weniger in Conſtantinopel thaͤtig.

Bereits 1661-1664 Krieg durch die ſtreitige Fuͤrſtenwahl
in Siebenbuͤrgen, zwiſchen Kemeny, den Oeſtreich, und
Mich. Abaffi, den die Pforte unterſtuͤtzte, erregt. Ein-

nahme
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0274" n="236"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Per. <hi rendition="#aq">A. I.</hi> Ge&#x017F;ch. d. &#x017F;u&#x0364;dl. Eur. Staaten&#x017F;y&#x017F;t.</hi></fw><lb/>
tigkeit des Herzogs von Savoyen &#x017F;cha&#x0364;tzen; und in<lb/>
dem Deut&#x017F;chen Reich konnte es nicht leicht an ein-<lb/>
zelnen Verbu&#x0364;ndeten fehlen.</p><lb/>
                <p>26. Wa&#x0364;hrend aber jene Kriege den We&#x017F;ten<lb/>
von Europa er&#x017F;chu&#x0364;tterten, tobten nicht geringere<lb/>
Stu&#x0364;rme <hi rendition="#g">im O&#x017F;ten</hi>. Die <hi rendition="#g">Tu&#x0364;rkengefahr</hi> war<lb/>
noch fa&#x017F;t nie &#x017F;o drohend fu&#x0364;r Deut&#x017F;chland geworden,<lb/>
als in die&#x017F;em Zeitraum; wo das Schick&#x017F;al von<lb/>
Wien auch das &#x017F;einige ent&#x017F;cheiden zu mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chien.<lb/>
Die Streitigkeiten u&#x0364;ber Siebenbu&#x0364;rgen, die Oe&#x017F;trei-<lb/>
chi&#x017F;che Tyranney in Ungarn, ließen es hier den<lb/>
Tu&#x0364;rken an Anha&#x0364;ngern nicht fehlen; und wenn &#x017F;ie<lb/>
gleich in regelma&#x0364;ßigen Schlachten der Deut&#x017F;chen<lb/>
Tactik unterlagen, &#x017F;o fanden &#x017F;ie doch einzelne An-<lb/>
fu&#x0364;hrer, die es ein&#x017F;ahen, was mit großen Ma&#x017F;&#x017F;en<lb/>
leichter Truppen, von National&#x017F;tolz und Religions-<lb/>
haß belebt, auszurichten &#x017F;teht. Auf die Ha&#x0364;ndel<lb/>
des we&#x017F;tlichen Europas wirkten die&#x017F;e Kriege nicht<lb/>
wenig ein. Ludwig <hi rendition="#aq">XIV.</hi>, in der Politik wie im<lb/>
Privatleben nie den An&#x017F;tand verleugnend, war zwar<lb/>
nicht fo&#x0364;rmlicher Verbu&#x0364;ndeter des Feindes der Chri-<lb/>
&#x017F;tenheit; &#x017F;chickte wohl &#x017F;elb&#x017F;t ein Hu&#x0364;lfscorps gegen<lb/>
ihn. Aber &#x017F;eine Ge&#x017F;andten waren darum nicht<lb/>
weniger in Con&#x017F;tantinopel tha&#x0364;tig.</p><lb/>
                <p> <hi rendition="#et">Bereits 1661-1664 Krieg durch die &#x017F;treitige Fu&#x0364;r&#x017F;tenwahl<lb/>
in Siebenbu&#x0364;rgen, zwi&#x017F;chen <hi rendition="#g">Kemeny</hi>, den Oe&#x017F;treich, und<lb/><hi rendition="#g">Mich. Abaffi</hi>, den die Pforte unter&#x017F;tu&#x0364;tzte, erregt. Ein-</hi><lb/>
                  <fw place="bottom" type="catch">nahme</fw><lb/>
                </p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[236/0274] II. Per. A. I. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt. tigkeit des Herzogs von Savoyen ſchaͤtzen; und in dem Deutſchen Reich konnte es nicht leicht an ein- zelnen Verbuͤndeten fehlen. 26. Waͤhrend aber jene Kriege den Weſten von Europa erſchuͤtterten, tobten nicht geringere Stuͤrme im Oſten. Die Tuͤrkengefahr war noch faſt nie ſo drohend fuͤr Deutſchland geworden, als in dieſem Zeitraum; wo das Schickſal von Wien auch das ſeinige entſcheiden zu muͤſſen ſchien. Die Streitigkeiten uͤber Siebenbuͤrgen, die Oeſtrei- chiſche Tyranney in Ungarn, ließen es hier den Tuͤrken an Anhaͤngern nicht fehlen; und wenn ſie gleich in regelmaͤßigen Schlachten der Deutſchen Tactik unterlagen, ſo fanden ſie doch einzelne An- fuͤhrer, die es einſahen, was mit großen Maſſen leichter Truppen, von Nationalſtolz und Religions- haß belebt, auszurichten ſteht. Auf die Haͤndel des weſtlichen Europas wirkten dieſe Kriege nicht wenig ein. Ludwig XIV., in der Politik wie im Privatleben nie den Anſtand verleugnend, war zwar nicht foͤrmlicher Verbuͤndeter des Feindes der Chri- ſtenheit; ſchickte wohl ſelbſt ein Huͤlfscorps gegen ihn. Aber ſeine Geſandten waren darum nicht weniger in Conſtantinopel thaͤtig. Bereits 1661-1664 Krieg durch die ſtreitige Fuͤrſtenwahl in Siebenbuͤrgen, zwiſchen Kemeny, den Oeſtreich, und Mich. Abaffi, den die Pforte unterſtuͤtzte, erregt. Ein- nahme

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/274
Zitationshilfe: Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/274>, abgerufen am 29.03.2024.