Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

D. 2. Veränd. d. übr. Hptst. d. w. Eur.--1660.
gleichviel wie? -- für die öffentlichen Bedürfnisse
des Augenblicks; Mazarin noch außerdem für sich
selbst. Was ließ sich während des verheerenden
Krieges für sie in Deutschland, was während der
Revolution in England erwarten? Selbst in den
Niederlanden wußte man in dem erneuerten Kriege
sich nur durch Anleihen zu helfen. Aber das Bey-
spiel dieses Staats befestigte immer mehr die Ueber-
zeugung, daß Fabriken und auswärtiger Handel die
Hauptquelle des Nationalreichthums überhaupt seyen;
aus dessen verkehrter Anwendung so viele schädliche
Irrthümer sich in der Folge entwickeln sollten.

14. Die Kriegskunst mußte wohl durch einen
Krieg wie der dreißigjährige, und der erneuerte Nie-
derländische, große Veränderungen erleiden. Indes-
sen bestanden diese noch nicht in einer Vermehrung
der stehenden Heere. Die Feldherren warben und
entließen ihre Truppen; was Mansfeld und Chri-
stian von Braunschweig im Kleinen getrieben hat-
ten, trieb Wallenstein ins Große. Aber Epoche in
der Kriegskunst machte nicht Er, sondern Gustav
Adolph, dessen Genie eine neue Taktik schuf, die
schnelle Bewegung durch weniger tiefere Stellung,
leichtere Waffen, und verbessertes Geschütz zum
Endzweck hatte. Seine Brigaden schlugen die
kayserlichen Regimenter, wie einst die Römischen

Legio-

D. 2. Veraͤnd. d. uͤbr. Hptſt. d. w. Eur.--1660.
gleichviel wie? — fuͤr die oͤffentlichen Beduͤrfniſſe
des Augenblicks; Mazarin noch außerdem fuͤr ſich
ſelbſt. Was ließ ſich waͤhrend des verheerenden
Krieges fuͤr ſie in Deutſchland, was waͤhrend der
Revolution in England erwarten? Selbſt in den
Niederlanden wußte man in dem erneuerten Kriege
ſich nur durch Anleihen zu helfen. Aber das Bey-
ſpiel dieſes Staats befeſtigte immer mehr die Ueber-
zeugung, daß Fabriken und auswaͤrtiger Handel die
Hauptquelle des Nationalreichthums uͤberhaupt ſeyen;
aus deſſen verkehrter Anwendung ſo viele ſchaͤdliche
Irrthuͤmer ſich in der Folge entwickeln ſollten.

14. Die Kriegskunſt mußte wohl durch einen
Krieg wie der dreißigjaͤhrige, und der erneuerte Nie-
derlaͤndiſche, große Veraͤnderungen erleiden. Indeſ-
ſen beſtanden dieſe noch nicht in einer Vermehrung
der ſtehenden Heere. Die Feldherren warben und
entließen ihre Truppen; was Mansfeld und Chri-
ſtian von Braunſchweig im Kleinen getrieben hat-
ten, trieb Wallenſtein ins Große. Aber Epoche in
der Kriegskunſt machte nicht Er, ſondern Guſtav
Adolph, deſſen Genie eine neue Taktik ſchuf, die
ſchnelle Bewegung durch weniger tiefere Stellung,
leichtere Waffen, und verbeſſertes Geſchuͤtz zum
Endzweck hatte. Seine Brigaden ſchlugen die
kayſerlichen Regimenter, wie einſt die Roͤmiſchen

Legio-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0213" n="175"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">D.</hi> 2. Vera&#x0364;nd. d. u&#x0364;br. Hpt&#x017F;t. d. w. Eur.--1660.</hi></fw><lb/>
gleichviel wie? &#x2014; fu&#x0364;r die o&#x0364;ffentlichen Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
des Augenblicks; Mazarin noch außerdem fu&#x0364;r &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t. Was ließ &#x017F;ich wa&#x0364;hrend des verheerenden<lb/>
Krieges fu&#x0364;r &#x017F;ie in Deut&#x017F;chland, was wa&#x0364;hrend der<lb/>
Revolution in England erwarten? Selb&#x017F;t in den<lb/>
Niederlanden wußte man in dem erneuerten Kriege<lb/>
&#x017F;ich nur durch Anleihen zu helfen. Aber das Bey-<lb/>
&#x017F;piel die&#x017F;es Staats befe&#x017F;tigte immer mehr die Ueber-<lb/>
zeugung, daß Fabriken und auswa&#x0364;rtiger Handel die<lb/>
Hauptquelle des Nationalreichthums u&#x0364;berhaupt &#x017F;eyen;<lb/>
aus de&#x017F;&#x017F;en verkehrter Anwendung &#x017F;o viele &#x017F;cha&#x0364;dliche<lb/>
Irrthu&#x0364;mer &#x017F;ich in der Folge entwickeln &#x017F;ollten.</p><lb/>
                  <p>14. Die <hi rendition="#g">Kriegskun&#x017F;t</hi> mußte wohl durch einen<lb/>
Krieg wie der dreißigja&#x0364;hrige, und der erneuerte Nie-<lb/>
derla&#x0364;ndi&#x017F;che, große Vera&#x0364;nderungen erleiden. Inde&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en be&#x017F;tanden die&#x017F;e noch nicht in einer Vermehrung<lb/>
der &#x017F;tehenden Heere. Die Feldherren warben und<lb/>
entließen ihre Truppen; was Mansfeld und Chri-<lb/>
&#x017F;tian von Braun&#x017F;chweig im Kleinen getrieben hat-<lb/>
ten, trieb Wallen&#x017F;tein ins Große. Aber Epoche in<lb/>
der Kriegskun&#x017F;t machte nicht Er, &#x017F;ondern Gu&#x017F;tav<lb/>
Adolph, de&#x017F;&#x017F;en Genie eine neue Taktik &#x017F;chuf, die<lb/>
&#x017F;chnelle Bewegung durch weniger tiefere Stellung,<lb/>
leichtere Waffen, und verbe&#x017F;&#x017F;ertes Ge&#x017F;chu&#x0364;tz zum<lb/>
Endzweck hatte. Seine <hi rendition="#g">Brigaden</hi> &#x017F;chlugen die<lb/>
kay&#x017F;erlichen Regimenter, wie ein&#x017F;t die Ro&#x0364;mi&#x017F;chen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Legio-</fw><lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0213] D. 2. Veraͤnd. d. uͤbr. Hptſt. d. w. Eur.--1660. gleichviel wie? — fuͤr die oͤffentlichen Beduͤrfniſſe des Augenblicks; Mazarin noch außerdem fuͤr ſich ſelbſt. Was ließ ſich waͤhrend des verheerenden Krieges fuͤr ſie in Deutſchland, was waͤhrend der Revolution in England erwarten? Selbſt in den Niederlanden wußte man in dem erneuerten Kriege ſich nur durch Anleihen zu helfen. Aber das Bey- ſpiel dieſes Staats befeſtigte immer mehr die Ueber- zeugung, daß Fabriken und auswaͤrtiger Handel die Hauptquelle des Nationalreichthums uͤberhaupt ſeyen; aus deſſen verkehrter Anwendung ſo viele ſchaͤdliche Irrthuͤmer ſich in der Folge entwickeln ſollten. 14. Die Kriegskunſt mußte wohl durch einen Krieg wie der dreißigjaͤhrige, und der erneuerte Nie- derlaͤndiſche, große Veraͤnderungen erleiden. Indeſ- ſen beſtanden dieſe noch nicht in einer Vermehrung der ſtehenden Heere. Die Feldherren warben und entließen ihre Truppen; was Mansfeld und Chri- ſtian von Braunſchweig im Kleinen getrieben hat- ten, trieb Wallenſtein ins Große. Aber Epoche in der Kriegskunſt machte nicht Er, ſondern Guſtav Adolph, deſſen Genie eine neue Taktik ſchuf, die ſchnelle Bewegung durch weniger tiefere Stellung, leichtere Waffen, und verbeſſertes Geſchuͤtz zum Endzweck hatte. Seine Brigaden ſchlugen die kayſerlichen Regimenter, wie einſt die Roͤmiſchen Legio-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/213
Zitationshilfe: Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/213>, abgerufen am 20.04.2024.