Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

D. 2. Veränd. d. übr. Hptst. d. w. Eur.--1660.
Herrschers, wie Amurad IV. es war, um es1622
bis
1640

furchtbar zu machen. Aber auf das Europäische
Staatensystem suchte er, zum Glück für Oestreich
und Deutschland, keinen Einfluß, denn seine Er-
oberungspläne waren gegen Persien gerichtet. Und+
1648

wenn gleich sein Nachfolger Ibrahim den lang-
wierigen Krieg gegen Candia begann, das erst sein+
1687

Sohn Mahomed 1668 den Venezianern entriß,
so war es doch erst die Theilnahme an den Sieben-seit
1657

bürgischen Händeln, welche die Türken wieder in
dem folgenden Zeitraum ihren westlichen Nach-
barn gefährlich machte.

11. Für die practische Politik war dieser
Zeitraum sowohl für ihre Formen, als für ihre
Grundsätze wichtig. Ihre Formen wurden durch
Richelieu, den Gründer der Cabinetspolitik,
um vieles bestimmter. Vorzüglich war es jedoch
der Westphälische Congreß, der auf sie zu-
rückwirkte. Nie hatte man noch politische Verhand-
lungen von solchem Umfange und solchem Erfolge
in Europa gesehen! Was glaubte man seitdem
nicht auch auf Congressen ausrichten zu können? --
Gern brauchte man, seit Richelieu und Mazarin,
Geistliche zu Unterhändlern. Keine gleichgültige
Sache, so wenig für das Ansehen des Standes,
als den Gang der Geschäfte.

12. Aber

D. 2. Veraͤnd. d. uͤbr. Hptſt. d. w. Eur.--1660.
Herrſchers, wie Amurad IV. es war, um es1622
bis
1640

furchtbar zu machen. Aber auf das Europaͤiſche
Staatenſyſtem ſuchte er, zum Gluͤck fuͤr Oeſtreich
und Deutſchland, keinen Einfluß, denn ſeine Er-
oberungsplaͤne waren gegen Perſien gerichtet. Und
1648

wenn gleich ſein Nachfolger Ibrahim den lang-
wierigen Krieg gegen Candia begann, das erſt ſein
1687

Sohn Mahomed 1668 den Venezianern entriß,
ſo war es doch erſt die Theilnahme an den Sieben-ſeit
1657

buͤrgiſchen Haͤndeln, welche die Tuͤrken wieder in
dem folgenden Zeitraum ihren weſtlichen Nach-
barn gefaͤhrlich machte.

11. Fuͤr die practiſche Politik war dieſer
Zeitraum ſowohl fuͤr ihre Formen, als fuͤr ihre
Grundſaͤtze wichtig. Ihre Formen wurden durch
Richelieu, den Gruͤnder der Cabinetspolitik,
um vieles beſtimmter. Vorzuͤglich war es jedoch
der Weſtphaͤliſche Congreß, der auf ſie zu-
ruͤckwirkte. Nie hatte man noch politiſche Verhand-
lungen von ſolchem Umfange und ſolchem Erfolge
in Europa geſehen! Was glaubte man ſeitdem
nicht auch auf Congreſſen ausrichten zu koͤnnen? —
Gern brauchte man, ſeit Richelieu und Mazarin,
Geiſtliche zu Unterhaͤndlern. Keine gleichguͤltige
Sache, ſo wenig fuͤr das Anſehen des Standes,
als den Gang der Geſchaͤfte.

12. Aber
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0211" n="173"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">D.</hi> 2. Vera&#x0364;nd. d. u&#x0364;br. Hpt&#x017F;t. d. w. Eur.--1660.</hi></fw><lb/>
Herr&#x017F;chers, wie <hi rendition="#g">Amurad</hi> <hi rendition="#aq">IV.</hi> es war, um es<note place="right">1622<lb/>
bis<lb/>
1640</note><lb/>
furchtbar zu machen. Aber auf das Europa&#x0364;i&#x017F;che<lb/>
Staaten&#x017F;y&#x017F;tem &#x017F;uchte er, zum Glu&#x0364;ck fu&#x0364;r Oe&#x017F;treich<lb/>
und Deut&#x017F;chland, keinen Einfluß, denn &#x017F;eine Er-<lb/>
oberungspla&#x0364;ne waren gegen <hi rendition="#g">Per&#x017F;ien</hi> gerichtet. Und<note place="right">&#x2020;<lb/>
1648</note><lb/>
wenn gleich &#x017F;ein Nachfolger <hi rendition="#g">Ibrahim</hi> den lang-<lb/>
wierigen Krieg gegen Candia begann, das er&#x017F;t &#x017F;ein<note place="right">&#x2020;<lb/>
1687</note><lb/>
Sohn <hi rendition="#g">Mahomed</hi> 1668 den Venezianern entriß,<lb/>
&#x017F;o war es doch er&#x017F;t die Theilnahme an den Sieben-<note place="right">&#x017F;eit<lb/>
1657</note><lb/>
bu&#x0364;rgi&#x017F;chen Ha&#x0364;ndeln, welche die Tu&#x0364;rken wieder in<lb/>
dem <hi rendition="#g">folgenden</hi> Zeitraum ihren we&#x017F;tlichen Nach-<lb/>
barn gefa&#x0364;hrlich machte.</p><lb/>
                  <p>11. Fu&#x0364;r die <hi rendition="#g">practi&#x017F;che Politik</hi> war die&#x017F;er<lb/>
Zeitraum &#x017F;owohl fu&#x0364;r ihre <hi rendition="#g">Formen</hi>, als fu&#x0364;r ihre<lb/><hi rendition="#g">Grund&#x017F;a&#x0364;tze</hi> wichtig. Ihre Formen wurden durch<lb/><hi rendition="#g">Richelieu</hi>, den Gru&#x0364;nder der <hi rendition="#g">Cabinetspolitik</hi>,<lb/>
um vieles be&#x017F;timmter. Vorzu&#x0364;glich war es jedoch<lb/>
der <hi rendition="#g">We&#x017F;tpha&#x0364;li&#x017F;che Congreß</hi>, der auf &#x017F;ie zu-<lb/>
ru&#x0364;ckwirkte. Nie hatte man noch politi&#x017F;che Verhand-<lb/>
lungen von &#x017F;olchem Umfange und &#x017F;olchem Erfolge<lb/>
in Europa ge&#x017F;ehen! Was glaubte man &#x017F;eitdem<lb/>
nicht auch auf Congre&#x017F;&#x017F;en ausrichten zu ko&#x0364;nnen? &#x2014;<lb/>
Gern brauchte man, &#x017F;eit Richelieu und Mazarin,<lb/>
Gei&#x017F;tliche zu Unterha&#x0364;ndlern. Keine gleichgu&#x0364;ltige<lb/>
Sache, &#x017F;o wenig fu&#x0364;r das An&#x017F;ehen des Standes,<lb/>
als den Gang der Ge&#x017F;cha&#x0364;fte.</p><lb/>
                  <fw place="bottom" type="catch">12. Aber</fw><lb/>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0211] D. 2. Veraͤnd. d. uͤbr. Hptſt. d. w. Eur.--1660. Herrſchers, wie Amurad IV. es war, um es furchtbar zu machen. Aber auf das Europaͤiſche Staatenſyſtem ſuchte er, zum Gluͤck fuͤr Oeſtreich und Deutſchland, keinen Einfluß, denn ſeine Er- oberungsplaͤne waren gegen Perſien gerichtet. Und wenn gleich ſein Nachfolger Ibrahim den lang- wierigen Krieg gegen Candia begann, das erſt ſein Sohn Mahomed 1668 den Venezianern entriß, ſo war es doch erſt die Theilnahme an den Sieben- buͤrgiſchen Haͤndeln, welche die Tuͤrken wieder in dem folgenden Zeitraum ihren weſtlichen Nach- barn gefaͤhrlich machte. 1622 bis 1640 † 1648 † 1687 ſeit 1657 11. Fuͤr die practiſche Politik war dieſer Zeitraum ſowohl fuͤr ihre Formen, als fuͤr ihre Grundſaͤtze wichtig. Ihre Formen wurden durch Richelieu, den Gruͤnder der Cabinetspolitik, um vieles beſtimmter. Vorzuͤglich war es jedoch der Weſtphaͤliſche Congreß, der auf ſie zu- ruͤckwirkte. Nie hatte man noch politiſche Verhand- lungen von ſolchem Umfange und ſolchem Erfolge in Europa geſehen! Was glaubte man ſeitdem nicht auch auf Congreſſen ausrichten zu koͤnnen? — Gern brauchte man, ſeit Richelieu und Mazarin, Geiſtliche zu Unterhaͤndlern. Keine gleichguͤltige Sache, ſo wenig fuͤr das Anſehen des Standes, als den Gang der Geſchaͤfte. 12. Aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/211
Zitationshilfe: Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/211>, abgerufen am 25.04.2024.