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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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und von nun an nie wieder, murmelte er, indem er mich die Treppe hinauf begleitete; Gott weiß, was der Herr Gräuliches hat hören und schauen müssen! Wünsche gehorsamst guten Morgen.

Doch hat daselbst vor allen Eine Jungfrau mir gefallen.

Der Worte des fröhlichen Bacchus eingedenk und von Sehnsucht der Liebe getrieben, ging ich, nachdem ich einige Stunden geschlummert, der Holden guten Morgen zu sagen. Aber kalt und zurückhaltend empfing sie mich,und als ich ihr einige innige Worte zuflüsterte, wandte sie mir laut lachend den Rücken zu und sprach: gehen Sie und schlafen Sie erst fein aus, mein Herr.

Ich nahm den Hut und ging, denn so schnöde war sie nie gewesen. Ein Freund, der in einer andern Ecke des Zimmers am Klavier gesessen, ging mir nach und sagte, indem er wehmüthig meine Hand ergriff: Herzensbruder, mit deiner Liebe ist es rein aus auf immerdar, schlage dir nur gleich alle Gedanken aus dem Sinne.

So viel ungefähr konnte ich selbst merken, antwortete ich; der Teufel hole alle schönen Augen, jeden rosigen Mund und den thörichten Glauben an das, was Blicke sagen, was Mädchenlippen aussprechen.

Tobe nicht so arg, sie hören es oben, flüsterte er; aber sag mir um Gottes willen, ist es denn wahr,

und von nun an nie wieder, murmelte er, indem er mich die Treppe hinauf begleitete; Gott weiß, was der Herr Gräuliches hat hören und schauen müssen! Wünsche gehorsamst guten Morgen.

Doch hat daselbst vor allen Eine Jungfrau mir gefallen.

Der Worte des fröhlichen Bacchus eingedenk und von Sehnsucht der Liebe getrieben, ging ich, nachdem ich einige Stunden geschlummert, der Holden guten Morgen zu sagen. Aber kalt und zurückhaltend empfing sie mich,und als ich ihr einige innige Worte zuflüsterte, wandte sie mir laut lachend den Rücken zu und sprach: gehen Sie und schlafen Sie erst fein aus, mein Herr.

Ich nahm den Hut und ging, denn so schnöde war sie nie gewesen. Ein Freund, der in einer andern Ecke des Zimmers am Klavier gesessen, ging mir nach und sagte, indem er wehmüthig meine Hand ergriff: Herzensbruder, mit deiner Liebe ist es rein aus auf immerdar, schlage dir nur gleich alle Gedanken aus dem Sinne.

So viel ungefähr konnte ich selbst merken, antwortete ich; der Teufel hole alle schönen Augen, jeden rosigen Mund und den thörichten Glauben an das, was Blicke sagen, was Mädchenlippen aussprechen.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:05:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:05:53Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_ratskeller_1910/82>, abgerufen am 25.04.2024.