Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

ten ihn. Mir aber winkte der Weingott herrisch zu. Versteht Er Musik, Doktor? fragte er.

Ein wenig.

Taktfest?

O ja, taktfest wohl.

Nun so nehme Er dies Fäßlein da, setze Er sich neben Balthasar Ohnegrund, unseren Kellermeister und Zinkenisten, nehme Er diese hölzernen Küperhämmer zur Hand und begleite jenen mit der Trommel.

Ich staunte und bequemte mich; war aber schon meine Trommel etwas außergewöhnlich, so war Balthasar's Instrument noch auffallender. Er hielt nämlich einen eisernen Hahnen von einem achtfuderigen Faß an den Mund, wie ein Klarinett. Neben mich setzten sich noch Bartholomäus und Jacobus mit ungeheuern Weintrichtern, die sie als Trompeten handhabten, und warteten des Zeichens. Der Tisch wurde auf die Seite gerückt, Rose und Bacchus stellten sich auf zum Tanze. Er winkte, und eine schreckliche, quiekende, mißtönende Janitscharenmusik brach los, zu der ich im Sechsachteltakt auf mein Faß als Tambour aufschlegelte. Der Hahn, den Balthasar blies, tönte wie eine Nachtwächtertute und wechselte nur zwischen zwei Tönen, Grundton und abscheulich hohem Falsett, die beiden Trichtertrompeter bliesen die Backen auf und lockten aus ihren Instrumenten Angst- und Klagelaute so herzdurchschneidend, wie die Töne der Tritonen, wenn sie die Meermuscheln blasen.

ten ihn. Mir aber winkte der Weingott herrisch zu. Versteht Er Musik, Doktor? fragte er.

Ein wenig.

Taktfest?

O ja, taktfest wohl.

Nun so nehme Er dies Fäßlein da, setze Er sich neben Balthasar Ohnegrund, unseren Kellermeister und Zinkenisten, nehme Er diese hölzernen Küperhämmer zur Hand und begleite jenen mit der Trommel.

Ich staunte und bequemte mich; war aber schon meine Trommel etwas außergewöhnlich, so war Balthasar's Instrument noch auffallender. Er hielt nämlich einen eisernen Hahnen von einem achtfuderigen Faß an den Mund, wie ein Klarinett. Neben mich setzten sich noch Bartholomäus und Jacobus mit ungeheuern Weintrichtern, die sie als Trompeten handhabten, und warteten des Zeichens. Der Tisch wurde auf die Seite gerückt, Rose und Bacchus stellten sich auf zum Tanze. Er winkte, und eine schreckliche, quiekende, mißtönende Janitscharenmusik brach los, zu der ich im Sechsachteltakt auf mein Faß als Tambour aufschlegelte. Der Hahn, den Balthasar blies, tönte wie eine Nachtwächtertute und wechselte nur zwischen zwei Tönen, Grundton und abscheulich hohem Falsett, die beiden Trichtertrompeter bliesen die Backen auf und lockten aus ihren Instrumenten Angst- und Klagelaute so herzdurchschneidend, wie die Töne der Tritonen, wenn sie die Meermuscheln blasen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="3">
        <p><pb facs="#f0077"/>
ten ihn. Mir aber winkte der Weingott herrisch zu. Versteht Er Musik,                Doktor? fragte er.</p><lb/>
        <p>Ein wenig.</p><lb/>
        <p>Taktfest?</p><lb/>
        <p>O ja, taktfest wohl.</p><lb/>
        <p>Nun so nehme Er dies Fäßlein da, setze Er sich neben Balthasar Ohnegrund, unseren                Kellermeister und Zinkenisten, nehme Er diese hölzernen Küperhämmer zur Hand und                begleite jenen mit der Trommel.</p><lb/>
        <p>Ich staunte und bequemte mich; war aber schon meine Trommel etwas außergewöhnlich, so                war Balthasar's Instrument noch auffallender. Er hielt nämlich einen eisernen Hahnen                von einem achtfuderigen Faß an den Mund, wie ein Klarinett. Neben mich setzten sich                noch Bartholomäus und Jacobus mit ungeheuern Weintrichtern, die sie als Trompeten                handhabten, und warteten des Zeichens. Der Tisch wurde auf die Seite gerückt, Rose                und Bacchus stellten sich auf zum Tanze. Er winkte, und eine schreckliche, quiekende,                mißtönende Janitscharenmusik brach los, zu der ich im Sechsachteltakt auf mein Faß                als Tambour aufschlegelte. Der Hahn, den Balthasar blies, tönte wie eine                Nachtwächtertute und wechselte nur zwischen zwei Tönen, Grundton und abscheulich                hohem Falsett, die beiden Trichtertrompeter bliesen die Backen auf und lockten aus                ihren Instrumenten Angst- und Klagelaute so herzdurchschneidend, wie die Töne der                Tritonen, wenn sie die Meermuscheln blasen.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0077] ten ihn. Mir aber winkte der Weingott herrisch zu. Versteht Er Musik, Doktor? fragte er. Ein wenig. Taktfest? O ja, taktfest wohl. Nun so nehme Er dies Fäßlein da, setze Er sich neben Balthasar Ohnegrund, unseren Kellermeister und Zinkenisten, nehme Er diese hölzernen Küperhämmer zur Hand und begleite jenen mit der Trommel. Ich staunte und bequemte mich; war aber schon meine Trommel etwas außergewöhnlich, so war Balthasar's Instrument noch auffallender. Er hielt nämlich einen eisernen Hahnen von einem achtfuderigen Faß an den Mund, wie ein Klarinett. Neben mich setzten sich noch Bartholomäus und Jacobus mit ungeheuern Weintrichtern, die sie als Trompeten handhabten, und warteten des Zeichens. Der Tisch wurde auf die Seite gerückt, Rose und Bacchus stellten sich auf zum Tanze. Er winkte, und eine schreckliche, quiekende, mißtönende Janitscharenmusik brach los, zu der ich im Sechsachteltakt auf mein Faß als Tambour aufschlegelte. Der Hahn, den Balthasar blies, tönte wie eine Nachtwächtertute und wechselte nur zwischen zwei Tönen, Grundton und abscheulich hohem Falsett, die beiden Trichtertrompeter bliesen die Backen auf und lockten aus ihren Instrumenten Angst- und Klagelaute so herzdurchschneidend, wie die Töne der Tritonen, wenn sie die Meermuscheln blasen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:05:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:05:53Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_ratskeller_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_ratskeller_1910/77
Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_ratskeller_1910/77>, abgerufen am 19.04.2024.