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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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auch einmal ein Mensch und dazu ein herrlicher Paladin des großen Kaisers, ein tapferer Ritter, der, wenn es Karl gewollt hätte, allein gegen tausend Muselmanen zu Felde gezogen wäre. Da hat er sich denn geschämt und ist unmuthig geworden.

Laßt ihn laufen, den steinernen Recken! rief Bacchus, hat mich genirt, der Bursche, hat mich genirt. Er paßt nicht unter uns, der Lümmel von zehn Schuh, er sah immer höhnisch auf mich herab. Die ganze Freudigkeit und mein Vergnügen hätt' er gestört. Wir wären nicht zum Tanzen gekommen, nur weil er mit seinen steifen steinernen Beinen keinen tüchtigen Hopser hätte riskiren können, ohne elend umzustülpen.

Ja tanzen, heisa, tanzen! riefen die Apostel, Balthasar, spiel auf, spiel auf!

Judas stand auf, zog ungeheure Stülphandschuhe an, die ihm beinahe bis zum Ellbogen reichten, trat zierlich an die Jungfrau heran und sagte: Ehrenfeste und allerschönste Jungfer Rose, dürfte ich mir die absonderliche Ehre ausbitten, mit Ihr den ersten --

Manum de -- unterbrach ihn Bacchus pathetisch. Ich bin es, der den Ball arrangirt hat, und ich muß ihn eröffnen. Tanze Er, mit wem er will, Meister Judas, mein Röschen tanzt mit mir. Nicht wahr, Schätzerl?

Sie machte erröthend einen Knix zur Bejahung, und die Apostel lachten den Judas aus und verhöhn-

auch einmal ein Mensch und dazu ein herrlicher Paladin des großen Kaisers, ein tapferer Ritter, der, wenn es Karl gewollt hätte, allein gegen tausend Muselmanen zu Felde gezogen wäre. Da hat er sich denn geschämt und ist unmuthig geworden.

Laßt ihn laufen, den steinernen Recken! rief Bacchus, hat mich genirt, der Bursche, hat mich genirt. Er paßt nicht unter uns, der Lümmel von zehn Schuh, er sah immer höhnisch auf mich herab. Die ganze Freudigkeit und mein Vergnügen hätt' er gestört. Wir wären nicht zum Tanzen gekommen, nur weil er mit seinen steifen steinernen Beinen keinen tüchtigen Hopser hätte riskiren können, ohne elend umzustülpen.

Ja tanzen, heisa, tanzen! riefen die Apostel, Balthasar, spiel auf, spiel auf!

Judas stand auf, zog ungeheure Stülphandschuhe an, die ihm beinahe bis zum Ellbogen reichten, trat zierlich an die Jungfrau heran und sagte: Ehrenfeste und allerschönste Jungfer Rose, dürfte ich mir die absonderliche Ehre ausbitten, mit Ihr den ersten —

Manum de — unterbrach ihn Bacchus pathetisch. Ich bin es, der den Ball arrangirt hat, und ich muß ihn eröffnen. Tanze Er, mit wem er will, Meister Judas, mein Röschen tanzt mit mir. Nicht wahr, Schätzerl?

Sie machte erröthend einen Knix zur Bejahung, und die Apostel lachten den Judas aus und verhöhn-

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Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:05:53Z)

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Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_ratskeller_1910/76>, abgerufen am 29.03.2024.