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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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das andere haben alles, wenn sie mich einst einscharren.

Als ich so gesprochen, waren wir nicht mehr zu zwei, sondern ein Dritter saß neben mir und hielt mir das Büchlein hin zum Unterschreiben; der aber, der dies that, war nicht der Zirkelschmied, sondern ein Anderer. Wer war es denn? Sag an! riefen die Apostel ungeduldig.

Die Augen des alten Kellermeisters funkelten gräulich und seine bleichen Lippen bebten; er setzte mehrere Mal an, um zu sprechen, aber ein Krampf schien ihm die Kehle zuzuschnüren. Da blickte er auf einmal fest und muthig in eine dunkle Ecke, trank sein Glas aus und warf es an die Erde; was hilft alle Reue, alter Balthasar? sprach er, indem große Thränen in seinen Wimpern hingen: der bei mir saß -- war der Teufel.

Es war bei diesen Worten unheimlich, bis zur Verzweiflung unheimlich in dem Gemach; die Apostel schauten ernst und schweigend in ihre Römer; Bacchus hatte das Gesicht in die Hände gedrückt, und die Rose war bleich und stille. Kein Athemzug rührte sich, man hörte nur, wie in dem Todtenkopf des Alten die Zähne schaudernd an einander klapperten.

Mein Vater hatte mich gelehrt, meinen Namen zu schreiben, als ich noch ein kleiner frommer Knabe war;

das andere haben alles, wenn sie mich einst einscharren.

Als ich so gesprochen, waren wir nicht mehr zu zwei, sondern ein Dritter saß neben mir und hielt mir das Büchlein hin zum Unterschreiben; der aber, der dies that, war nicht der Zirkelschmied, sondern ein Anderer. Wer war es denn? Sag an! riefen die Apostel ungeduldig.

Die Augen des alten Kellermeisters funkelten gräulich und seine bleichen Lippen bebten; er setzte mehrere Mal an, um zu sprechen, aber ein Krampf schien ihm die Kehle zuzuschnüren. Da blickte er auf einmal fest und muthig in eine dunkle Ecke, trank sein Glas aus und warf es an die Erde; was hilft alle Reue, alter Balthasar? sprach er, indem große Thränen in seinen Wimpern hingen: der bei mir saß — war der Teufel.

Es war bei diesen Worten unheimlich, bis zur Verzweiflung unheimlich in dem Gemach; die Apostel schauten ernst und schweigend in ihre Römer; Bacchus hatte das Gesicht in die Hände gedrückt, und die Rose war bleich und stille. Kein Athemzug rührte sich, man hörte nur, wie in dem Todtenkopf des Alten die Zähne schaudernd an einander klapperten.

Mein Vater hatte mich gelehrt, meinen Namen zu schreiben, als ich noch ein kleiner frommer Knabe war;

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:05:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:05:53Z)

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Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_ratskeller_1910/60>, abgerufen am 29.03.2024.