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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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hier heraus, nicht dort um die Ecke; hier heraus geht der Weg aus dem Keller, werthgeschätzter Herr. Kommt, stoßet Euch hier nicht an die Fässer, ich will Euch leuchten.

Mit nichten, Alter, erwiderte ich, jetzt geht das Leben erst recht an. Das alles war nur der Vorschmack. Gieb mir zweiundzwanz'ger Ausstich, so etwa zwei bis drei Flaschen, in das große Gemach dort hinten. Ich hab' ihn grünen sehen diesen Wein und war dabei, als sie ihn kelterten; hab' ich das Alter bewundert, so muß ich meiner Zeit nicht minder ihr Recht anthun.

Er stand da mit weitgeöffneten Augen, der Jammermensch; er schien seinen Ohren nicht zu trauen. Herr, sprach er dann feierlich, sprechet nicht solch gottlosen Scherz. Heute Nacht wird nun und nimmermehr was daraus; ich bleibe um keine Seligkeit.

Und wer sagt denn, daß du bleiben sollst? Dort setze den Wein hinein und dann mach in Gottes Namen, daß du fortkömmst; ich will nun einmal diese Gedächtnißnacht hier feiern und habe mir deinen Keller ausersehen; dich habe ich nicht von Nöthen.

Aber ich darf Euch nicht allein im Keller lassen, entgegnete er; ich weiß wohl, nehmt mir nicht ungütig, daß Ihr den Keller nicht bestehlet, aber es ist einmal gegen die Ordnung.

Nun, so schließe mich ein in jenes Gemach; hänge ein Schloß davor, so schwer als du willst, daß ich

hier heraus, nicht dort um die Ecke; hier heraus geht der Weg aus dem Keller, werthgeschätzter Herr. Kommt, stoßet Euch hier nicht an die Fässer, ich will Euch leuchten.

Mit nichten, Alter, erwiderte ich, jetzt geht das Leben erst recht an. Das alles war nur der Vorschmack. Gieb mir zweiundzwanz'ger Ausstich, so etwa zwei bis drei Flaschen, in das große Gemach dort hinten. Ich hab' ihn grünen sehen diesen Wein und war dabei, als sie ihn kelterten; hab' ich das Alter bewundert, so muß ich meiner Zeit nicht minder ihr Recht anthun.

Er stand da mit weitgeöffneten Augen, der Jammermensch; er schien seinen Ohren nicht zu trauen. Herr, sprach er dann feierlich, sprechet nicht solch gottlosen Scherz. Heute Nacht wird nun und nimmermehr was daraus; ich bleibe um keine Seligkeit.

Und wer sagt denn, daß du bleiben sollst? Dort setze den Wein hinein und dann mach in Gottes Namen, daß du fortkömmst; ich will nun einmal diese Gedächtnißnacht hier feiern und habe mir deinen Keller ausersehen; dich habe ich nicht von Nöthen.

Aber ich darf Euch nicht allein im Keller lassen, entgegnete er; ich weiß wohl, nehmt mir nicht ungütig, daß Ihr den Keller nicht bestehlet, aber es ist einmal gegen die Ordnung.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:05:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:05:53Z)

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Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_ratskeller_1910/21>, abgerufen am 18.04.2024.