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Hasak, Max: Die Predigtkirche im Mittelalter. Berlin, 1893.

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Entwurf, also mit Kirche, vorhanden gewesen ist, dessen Theile nacheinander zur Aufführung gekommen sind. Der begreifliche Ehrgeiz Peters hätte freilich später eine Kirche nach eigenem Entwurfe an Stelle des ersten Planes setzen können. Warum aber dann die Profile, Mauerstärken und die Geschlossenheit vom Untertheile des Domes und nicht die Auflösung und Profilirung vom oberen Theile desselben und von Kolin? Der Beginn des Baues der Theynkirche ist ganz unsicher. Sie kann ebenso unter Matthias wie vor oder nach ihm angefangen worden sein. Sie zeigt jedenfalls dieselbe Profilirung und Geschlossenheit wie Emmaus. Die Stadtpfarrkirche in Glatz läßt sich dagegen datiren, womit aber die Erbauer-Frage nur räthselhafter wird. Glatz ist nach 1364 begonnen, also als Matthias längst todt war. Denn Arnest von Pardubic, der Reichskanzler Karls und Erzbischof von Prag, vermacht sein Vermögen, als er 1364 zu Raudnitz stirbt, zum Bau der bis dahin hölzernen Kirche in Stein und läßt sich bis nach Glatz bringen und in dieser Pfarrkirche begraben. Ein Entwurf des Matthias konnte daher nicht vorliegen wie etwa für Emmaus und Theyn. Auffallenderweise läßt sich Arnest nicht in die Thumbkirche zu Glatz, d. h. in das von ihm gestiftete, vollendete und reich dotirte Chorherrenstift, dessen Errichtung die Inschrift über seiner Büste im Triforium als eine seiner Hauptthaten hervorhebt, begraben, sondern in der Pfarrkirche vor jenem Marienstandbilde, das noch heut vorhanden, und vor dem er als Schulknabe eine Erscheinung gehabt hatte. Leider ist die Thumbkirche, die hochberühmt war wegen ihrer Pracht, nicht mehr vorhanden, sie ist im vorigen Jahrhundert unter Friedrich dem Großen niedergerissen worden, sodaß sich über ihren Stil nichts sagen läßt. Man sollte meinen, wenn der Reichskanzler eine Stiftung macht, die so hervorragend ist, daß sie in seiner Inschrift erwähnt wird, so würde sie in den Inschriften des Meisters auch nicht fehlen, der diesen Bau entworfen und ausgeführt hätte. Es dürfte daher noch ein dritter Meister anzunehmen sein, den Arnest vielleicht besonders begünstigte. Dann erklärt sich alles leicht und ungezwungen, die Widersprüche lösen sich, man braucht das Jahr der Grundsteinlegung von Emmaus

Entwurf, also mit Kirche, vorhanden gewesen ist, dessen Theile nacheinander zur Aufführung gekommen sind. Der begreifliche Ehrgeiz Peters hätte freilich später eine Kirche nach eigenem Entwurfe an Stelle des ersten Planes setzen können. Warum aber dann die Profile, Mauerstärken und die Geschlossenheit vom Untertheile des Domes und nicht die Auflösung und Profilirung vom oberen Theile desselben und von Kolin? Der Beginn des Baues der Theynkirche ist ganz unsicher. Sie kann ebenso unter Matthias wie vor oder nach ihm angefangen worden sein. Sie zeigt jedenfalls dieselbe Profilirung und Geschlossenheit wie Emmaus. Die Stadtpfarrkirche in Glatz läßt sich dagegen datiren, womit aber die Erbauer-Frage nur räthselhafter wird. Glatz ist nach 1364 begonnen, also als Matthias längst todt war. Denn Arnest von Pardubic, der Reichskanzler Karls und Erzbischof von Prag, vermacht sein Vermögen, als er 1364 zu Raudnitz stirbt, zum Bau der bis dahin hölzernen Kirche in Stein und läßt sich bis nach Glatz bringen und in dieser Pfarrkirche begraben. Ein Entwurf des Matthias konnte daher nicht vorliegen wie etwa für Emmaus und Theyn. Auffallenderweise läßt sich Arnest nicht in die Thumbkirche zu Glatz, d. h. in das von ihm gestiftete, vollendete und reich dotirte Chorherrenstift, dessen Errichtung die Inschrift über seiner Büste im Triforium als eine seiner Hauptthaten hervorhebt, begraben, sondern in der Pfarrkirche vor jenem Marienstandbilde, das noch heut vorhanden, und vor dem er als Schulknabe eine Erscheinung gehabt hatte. Leider ist die Thumbkirche, die hochberühmt war wegen ihrer Pracht, nicht mehr vorhanden, sie ist im vorigen Jahrhundert unter Friedrich dem Großen niedergerissen worden, sodaß sich über ihren Stil nichts sagen läßt. Man sollte meinen, wenn der Reichskanzler eine Stiftung macht, die so hervorragend ist, daß sie in seiner Inschrift erwähnt wird, so würde sie in den Inschriften des Meisters auch nicht fehlen, der diesen Bau entworfen und ausgeführt hätte. Es dürfte daher noch ein dritter Meister anzunehmen sein, den Arnest vielleicht besonders begünstigte. Dann erklärt sich alles leicht und ungezwungen, die Widersprüche lösen sich, man braucht das Jahr der Grundsteinlegung von Emmaus

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Entwurf, also mit Kirche, vorhanden gewesen ist, dessen Theile nacheinander zur Aufführung gekommen sind. Der begreifliche Ehrgeiz Peters hätte freilich später eine Kirche nach eigenem Entwurfe an Stelle des ersten Planes setzen können. Warum aber dann die Profile, Mauerstärken und die Geschlossenheit vom Untertheile des Domes und nicht die Auflösung und Profilirung vom oberen Theile desselben und von Kolin? Der Beginn des Baues der Theynkirche ist ganz unsicher. Sie kann ebenso unter Matthias wie vor oder nach ihm angefangen worden sein. Sie zeigt jedenfalls dieselbe Profilirung und Geschlossenheit wie Emmaus. Die Stadtpfarrkirche in Glatz läßt sich dagegen datiren, womit aber die Erbauer-Frage nur räthselhafter wird. Glatz ist nach 1364 begonnen, also als Matthias längst todt war. Denn Arnest von Pardubic, der Reichskanzler Karls und Erzbischof von Prag, vermacht sein Vermögen, als er 1364 zu Raudnitz stirbt, zum Bau der bis dahin hölzernen Kirche in Stein und läßt sich bis nach Glatz bringen und in dieser Pfarrkirche begraben. Ein Entwurf des Matthias konnte daher nicht vorliegen wie etwa für Emmaus und Theyn. Auffallenderweise läßt sich Arnest nicht in die Thumbkirche zu Glatz, d. h. in das von ihm gestiftete, vollendete und reich dotirte Chorherrenstift, dessen Errichtung die Inschrift über seiner Büste im Triforium als eine seiner Hauptthaten hervorhebt, begraben, sondern in der Pfarrkirche vor jenem Marienstandbilde, das noch heut vorhanden, und vor dem er als Schulknabe eine Erscheinung gehabt hatte. Leider ist die Thumbkirche, die hochberühmt war wegen ihrer Pracht, nicht mehr vorhanden, sie ist im vorigen Jahrhundert unter Friedrich dem Großen niedergerissen worden, sodaß sich über ihren Stil nichts sagen läßt. Man sollte meinen, wenn der Reichskanzler eine Stiftung macht, die so hervorragend ist, daß sie in seiner Inschrift erwähnt wird, so würde sie in den Inschriften des Meisters auch nicht fehlen, der diesen Bau entworfen und ausgeführt hätte. Es dürfte daher noch ein dritter Meister anzunehmen sein, den Arnest vielleicht besonders begünstigte. Dann erklärt sich alles leicht und ungezwungen, die Widersprüche lösen sich, man braucht das Jahr der Grundsteinlegung von Emmaus
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[29/0035] Entwurf, also mit Kirche, vorhanden gewesen ist, dessen Theile nacheinander zur Aufführung gekommen sind. Der begreifliche Ehrgeiz Peters hätte freilich später eine Kirche nach eigenem Entwurfe an Stelle des ersten Planes setzen können. Warum aber dann die Profile, Mauerstärken und die Geschlossenheit vom Untertheile des Domes und nicht die Auflösung und Profilirung vom oberen Theile desselben und von Kolin? Der Beginn des Baues der Theynkirche ist ganz unsicher. Sie kann ebenso unter Matthias wie vor oder nach ihm angefangen worden sein. Sie zeigt jedenfalls dieselbe Profilirung und Geschlossenheit wie Emmaus. Die Stadtpfarrkirche in Glatz läßt sich dagegen datiren, womit aber die Erbauer-Frage nur räthselhafter wird. Glatz ist nach 1364 begonnen, also als Matthias längst todt war. Denn Arnest von Pardubic, der Reichskanzler Karls und Erzbischof von Prag, vermacht sein Vermögen, als er 1364 zu Raudnitz stirbt, zum Bau der bis dahin hölzernen Kirche in Stein und läßt sich bis nach Glatz bringen und in dieser Pfarrkirche begraben. Ein Entwurf des Matthias konnte daher nicht vorliegen wie etwa für Emmaus und Theyn. Auffallenderweise läßt sich Arnest nicht in die Thumbkirche zu Glatz, d. h. in das von ihm gestiftete, vollendete und reich dotirte Chorherrenstift, dessen Errichtung die Inschrift über seiner Büste im Triforium als eine seiner Hauptthaten hervorhebt, begraben, sondern in der Pfarrkirche vor jenem Marienstandbilde, das noch heut vorhanden, und vor dem er als Schulknabe eine Erscheinung gehabt hatte. Leider ist die Thumbkirche, die hochberühmt war wegen ihrer Pracht, nicht mehr vorhanden, sie ist im vorigen Jahrhundert unter Friedrich dem Großen niedergerissen worden, sodaß sich über ihren Stil nichts sagen läßt. Man sollte meinen, wenn der Reichskanzler eine Stiftung macht, die so hervorragend ist, daß sie in seiner Inschrift erwähnt wird, so würde sie in den Inschriften des Meisters auch nicht fehlen, der diesen Bau entworfen und ausgeführt hätte. Es dürfte daher noch ein dritter Meister anzunehmen sein, den Arnest vielleicht besonders begünstigte. Dann erklärt sich alles leicht und ungezwungen, die Widersprüche lösen sich, man braucht das Jahr der Grundsteinlegung von Emmaus

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Zitationshilfe: Hasak, Max: Die Predigtkirche im Mittelalter. Berlin, 1893, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hasak_predigtkirche_1893/35>, abgerufen am 25.04.2024.