Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

sprudeln. Vergebens daß so viele Beispiele uns da-
ran erinnern sollten, daß Reichthümer nur denjenigen
beglücken, dessen körperliche und geistige Fähigkeiten
der Last gewachsen sind -- wir vergessen, daß die
harmonische Ausbildung des Menschen die einzige
feste Grundlage seines Glückes ist, und daß, wer diese
besitzt, die sogenannten Glücksgüter entweder leichter
entbehren oder leichter erwerben kann.

Die Wirklichkeit dem Scheine opfernd, vernach-
lässigen wir bei der Erziehung unserer Kinder, was
die Basis einer jeden Erziehung sein sollte, und beei-
len uns, statt Menschen aus ihnen zu bilden, sie zu
reinen Erwerbsmaschinen zu dressiren. Verlaßt also,
ihr braven Eltern, diese Wege des Jrrthums, und
haltet stets bei der Erziehung eurer Kinder den Kern-
spruch im Auge: daß eine gesunde Seele in einem
gesunden Leibe das höchste Gut ist, das ihr ihnen
hinterlassen könnt, ein Gut, für das sie euch bis an
das Ende ihrer Tage dankbar sein werden. -- Das
Leben ist eine ewig wechselnde Wahlstatt, und kein
Sterblicher ist je alt geworden, oder er hat der Ver-
änderungen viele gesehen. -- Alle Güter, die außer
uns selbst liegen, sind unbeständig wie die Winde,
oder wie die von den Winden getriebenen Wellen. --
Lehret dieses früh eure Kinder, mahnt sie daran,
keinen zu großen Werth auf Güter zu legen, die
nur dem Menschen ankleben und nicht ihn selbst aus-

1 *

ſprudeln. Vergebens daß ſo viele Beiſpiele uns da-
ran erinnern ſollten, daß Reichthuͤmer nur denjenigen
begluͤcken, deſſen koͤrperliche und geiſtige Faͤhigkeiten
der Laſt gewachſen ſind — wir vergeſſen, daß die
harmoniſche Ausbildung des Menſchen die einzige
feſte Grundlage ſeines Gluͤckes iſt, und daß, wer dieſe
beſitzt, die ſogenannten Gluͤcksguͤter entweder leichter
entbehren oder leichter erwerben kann.

Die Wirklichkeit dem Scheine opfernd, vernach-
laͤſſigen wir bei der Erziehung unſerer Kinder, was
die Baſis einer jeden Erziehung ſein ſollte, und beei-
len uns, ſtatt Menſchen aus ihnen zu bilden, ſie zu
reinen Erwerbsmaſchinen zu dreſſiren. Verlaßt alſo,
ihr braven Eltern, dieſe Wege des Jrrthums, und
haltet ſtets bei der Erziehung eurer Kinder den Kern-
ſpruch im Auge: daß eine geſunde Seele in einem
geſunden Leibe das hoͤchſte Gut iſt, das ihr ihnen
hinterlaſſen koͤnnt, ein Gut, fuͤr das ſie euch bis an
das Ende ihrer Tage dankbar ſein werden. — Das
Leben iſt eine ewig wechſelnde Wahlſtatt, und kein
Sterblicher iſt je alt geworden, oder er hat der Ver-
aͤnderungen viele geſehen. — Alle Guͤter, die außer
uns ſelbſt liegen, ſind unbeſtaͤndig wie die Winde,
oder wie die von den Winden getriebenen Wellen. —
Lehret dieſes fruͤh eure Kinder, mahnt ſie daran,
keinen zu großen Werth auf Guͤter zu legen, die
nur dem Menſchen ankleben und nicht ihn ſelbſt aus-

1 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0013" n="3"/>
&#x017F;prudeln. Vergebens daß &#x017F;o viele Bei&#x017F;piele uns da-<lb/>
ran erinnern &#x017F;ollten, daß Reichthu&#x0364;mer nur denjenigen<lb/>
beglu&#x0364;cken, de&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;rperliche und gei&#x017F;tige Fa&#x0364;higkeiten<lb/>
der La&#x017F;t gewach&#x017F;en &#x017F;ind &#x2014; wir verge&#x017F;&#x017F;en, daß die<lb/>
harmoni&#x017F;che Ausbildung des Men&#x017F;chen die einzige<lb/>
fe&#x017F;te Grundlage &#x017F;eines Glu&#x0364;ckes i&#x017F;t, und daß, wer die&#x017F;e<lb/>
be&#x017F;itzt, die &#x017F;ogenannten Glu&#x0364;cksgu&#x0364;ter entweder leichter<lb/>
entbehren oder leichter erwerben kann.</p><lb/>
        <p>Die Wirklichkeit dem Scheine opfernd, vernach-<lb/>
la&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen wir bei der Erziehung un&#x017F;erer Kinder, was<lb/>
die Ba&#x017F;is einer jeden Erziehung &#x017F;ein &#x017F;ollte, und beei-<lb/>
len uns, &#x017F;tatt Men&#x017F;chen aus ihnen zu bilden, &#x017F;ie zu<lb/>
reinen Erwerbsma&#x017F;chinen zu dre&#x017F;&#x017F;iren. Verlaßt al&#x017F;o,<lb/>
ihr braven Eltern, die&#x017F;e Wege des Jrrthums, und<lb/>
haltet &#x017F;tets bei der Erziehung eurer Kinder den Kern-<lb/>
&#x017F;pruch im Auge: daß eine ge&#x017F;unde Seele in einem<lb/>
ge&#x017F;unden Leibe das ho&#x0364;ch&#x017F;te Gut i&#x017F;t, das ihr ihnen<lb/>
hinterla&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnt, ein Gut, fu&#x0364;r das &#x017F;ie euch bis an<lb/>
das Ende ihrer Tage dankbar &#x017F;ein werden. &#x2014; Das<lb/>
Leben i&#x017F;t eine ewig wech&#x017F;elnde Wahl&#x017F;tatt, und kein<lb/>
Sterblicher i&#x017F;t je alt geworden, oder er hat der Ver-<lb/>
a&#x0364;nderungen viele ge&#x017F;ehen. &#x2014; Alle Gu&#x0364;ter, die außer<lb/>
uns &#x017F;elb&#x017F;t liegen, &#x017F;ind unbe&#x017F;ta&#x0364;ndig wie die Winde,<lb/>
oder wie die von den Winden getriebenen Wellen. &#x2014;<lb/>
Lehret die&#x017F;es fru&#x0364;h eure Kinder, mahnt &#x017F;ie daran,<lb/>
keinen zu großen Werth auf Gu&#x0364;ter zu legen, die<lb/>
nur dem Men&#x017F;chen ankleben und nicht ihn &#x017F;elb&#x017F;t aus-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">1 *</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0013] ſprudeln. Vergebens daß ſo viele Beiſpiele uns da- ran erinnern ſollten, daß Reichthuͤmer nur denjenigen begluͤcken, deſſen koͤrperliche und geiſtige Faͤhigkeiten der Laſt gewachſen ſind — wir vergeſſen, daß die harmoniſche Ausbildung des Menſchen die einzige feſte Grundlage ſeines Gluͤckes iſt, und daß, wer dieſe beſitzt, die ſogenannten Gluͤcksguͤter entweder leichter entbehren oder leichter erwerben kann. Die Wirklichkeit dem Scheine opfernd, vernach- laͤſſigen wir bei der Erziehung unſerer Kinder, was die Baſis einer jeden Erziehung ſein ſollte, und beei- len uns, ſtatt Menſchen aus ihnen zu bilden, ſie zu reinen Erwerbsmaſchinen zu dreſſiren. Verlaßt alſo, ihr braven Eltern, dieſe Wege des Jrrthums, und haltet ſtets bei der Erziehung eurer Kinder den Kern- ſpruch im Auge: daß eine geſunde Seele in einem geſunden Leibe das hoͤchſte Gut iſt, das ihr ihnen hinterlaſſen koͤnnt, ein Gut, fuͤr das ſie euch bis an das Ende ihrer Tage dankbar ſein werden. — Das Leben iſt eine ewig wechſelnde Wahlſtatt, und kein Sterblicher iſt je alt geworden, oder er hat der Ver- aͤnderungen viele geſehen. — Alle Guͤter, die außer uns ſelbſt liegen, ſind unbeſtaͤndig wie die Winde, oder wie die von den Winden getriebenen Wellen. — Lehret dieſes fruͤh eure Kinder, mahnt ſie daran, keinen zu großen Werth auf Guͤter zu legen, die nur dem Menſchen ankleben und nicht ihn ſelbſt aus- 1 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/13
Zitationshilfe: Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/13>, abgerufen am 20.04.2024.