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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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V.
die Wunden kan man stets an selber Mahle ken-
" nen/
kein bitten hilffet nicht.
Wann Meuchel List und Trug macht grossen
" Reichthumb hoffen/
ist mit gesippter Treu der Anstand bald getroffen/
das Wort-Versprechen bricht.
Gesetzt/ das Sacrament behaget den Hevitten/
gesetzt das gantze Volk sey nur aus Geitz/ beschnit-
ten:
Dann ist gelegne Zeit/
daß meiner Brüder Schwert kan meine Schan-
derächen
den Sichem und sein Volk in vollem Grimm er-
stechen.
Ach weh/ ach Hertzenleid!
Viel besser solt es seyn/ daß Lea nie geboren/
als daß ich meinen Krantz aus Fürwitz hab ver-
lohren:
Doch hat sie keine Schuld.
Dem Vater mach' ich Leid/ der Mutter mach' ich
Schmertzen:
Mich dunkt ich fühle schon den Jammer in dem
Hertzen/
Verlierend Sichems Huld.
"Mein Wahn ist ein Prophet/ er hat mich nie
betrogen:
Der mir mit grosser Lieb ist dieser Zeit gewogen/
Er worgt in seinem Blut!
Das
V.
die Wunden kan man ſtets an ſelber Mahle ken-
nen/
kein bitten hilffet nicht.
Wann Meuchel Liſt und Trug macht groſſen
„ Reichthumb hoffen/
iſt mit geſippter Treu der Anſtand bald getroffẽ/
das Wort-Verſprechen bricht.
Geſetzt/ das Sacrament behaget den Hevitten/
geſetzt das gantze Volk ſey nur aus Geitz/ beſchnit-
ten:
Dann iſt gelegne Zeit/
daß meiner Bruͤder Schwert kan meine Schan-
deraͤchen
den Sichem und ſein Volk in vollem Grimm er-
ſtechen.
Ach weh/ ach Hertzenleid!
Viel beſſer ſolt es ſeyn/ daß Lea nie geboren/
als daß ich meinen Krantz aus Fuͤrwitz hab ver-
lohren:
Doch hat ſie keine Schuld.
Dem Vater mach’ ich Leid/ der Mutter mach’ ich
Schmertzen:
Mich dunkt ich fuͤhle ſchon den Jammer in dem
Hertzen/
Verlierend Sichems Huld.
„Mein Wahn iſt ein Prophet/ er hat mich nie
betrogen:
Der mir mit groſſer Lieb iſt dieſer Zeit gewogen/
Er worgt in ſeinem Blut!
Das
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[46/0078] V. die Wunden kan man ſtets an ſelber Mahle ken- „ nen/ kein bitten hilffet nicht. Wann Meuchel Liſt und Trug macht groſſen „ Reichthumb hoffen/ iſt mit geſippter Treu der Anſtand bald getroffẽ/ das Wort-Verſprechen bricht. Geſetzt/ das Sacrament behaget den Hevitten/ geſetzt das gantze Volk ſey nur aus Geitz/ beſchnit- ten: Dann iſt gelegne Zeit/ daß meiner Bruͤder Schwert kan meine Schan- deraͤchen den Sichem und ſein Volk in vollem Grimm er- ſtechen. Ach weh/ ach Hertzenleid! Viel beſſer ſolt es ſeyn/ daß Lea nie geboren/ als daß ich meinen Krantz aus Fuͤrwitz hab ver- lohren: Doch hat ſie keine Schuld. Dem Vater mach’ ich Leid/ der Mutter mach’ ich Schmertzen: Mich dunkt ich fuͤhle ſchon den Jammer in dem Hertzen/ Verlierend Sichems Huld. „Mein Wahn iſt ein Prophet/ er hat mich nie betrogen: Der mir mit groſſer Lieb iſt dieſer Zeit gewogen/ Er worgt in ſeinem Blut! Das

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/78>, abgerufen am 29.03.2024.