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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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Zuschrifft.
urtheil zuerwarten/ hat unser Gekrönter
in der Zuschrifft seiner Gedicht/ unser Rü-
stiger
in den Vorreden seiner Himmlischen
Lieder/ wie auch unser Suchender in der
Einleitung zu der Teutschen Sprache ge-
nugsam dargethan.

Die Ursache aber/ warum bey dem Büf-
felhirnigen Pövel die tiefsinnige Poeterey
in keine schetzbare Achtung gesetzet wer-
den kan/ ist diese/ weil sie nicht wehrt halten
können/ was ihren Verstand weit überstei-
get/ und wie kein Ackersmann von der
Schiffarth/ kein Blinder von der Farbe/
und kein Tauber vom Gesang/ ein recht-
mässiges Urtheil fällen kan; also kan auch
keiner von dem Gedicht urtheilen/ dessen
Beschaffenheit er nicht weiß/ nie gelernet
hat/ und wol nicht zu lernen begehret.

Welche sich der Kundigung einer Spra-
che rühmen wollen/ die müssen nothwen-
dig die Poeterey verstehen/ und etliche Po-
eten gelesen haben; ja sonder solche können
sie nicht wissen/ was sie lang oder kurtz aus-
sprechen/ und wie man eine Rede unsträf-

lich

Zuſchrifft.
urtheil zuerwarten/ hat unſer Gekroͤnter
in der Zuſchrifft ſeiner Gedicht/ unſer Ruͤ-
ſtiger
in den Vorꝛeden ſeiner Himmliſchen
Lieder/ wie auch unſer Suchender in der
Einleitung zu der Teutſchen Sprache ge-
nugſam dargethan.

Die Urſache aber/ warum bey dem Buͤf-
felhirnigen Poͤvel die tiefſinnige Poëterey
in keine ſchetzbare Achtung geſetzet wer-
den kan/ iſt dieſe/ weil ſie nicht wehrt halten
koͤnnen/ was ihren Verſtand weit uͤberſtei-
get/ und wie kein Ackersmann von der
Schiffarth/ kein Blinder von der Farbe/
und kein Tauber vom Geſang/ ein recht-
maͤſſiges Urtheil faͤllen kan; alſo kan auch
keiner von dem Gedicht urtheilen/ deſſen
Beſchaffenheit er nicht weiß/ nie gelernet
hat/ und wol nicht zu lernen begehret.

Welche ſich der Kundigung einer Spra-
che ruͤhmen wollen/ die muͤſſen nothwen-
dig die Poeterey verſtehen/ und etliche Po-
eten geleſen haben; ja ſonder ſolche koͤnnen
ſie nicht wiſſen/ was ſie lang oder kurtz aus-
ſprechen/ und wie man eine Rede unſtraͤf-

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[0004] Zuſchrifft. urtheil zuerwarten/ hat unſer Gekroͤnter in der Zuſchrifft ſeiner Gedicht/ unſer Ruͤ- ſtiger in den Vorꝛeden ſeiner Himmliſchen Lieder/ wie auch unſer Suchender in der Einleitung zu der Teutſchen Sprache ge- nugſam dargethan. Die Urſache aber/ warum bey dem Buͤf- felhirnigen Poͤvel die tiefſinnige Poëterey in keine ſchetzbare Achtung geſetzet wer- den kan/ iſt dieſe/ weil ſie nicht wehrt halten koͤnnen/ was ihren Verſtand weit uͤberſtei- get/ und wie kein Ackersmann von der Schiffarth/ kein Blinder von der Farbe/ und kein Tauber vom Geſang/ ein recht- maͤſſiges Urtheil faͤllen kan; alſo kan auch keiner von dem Gedicht urtheilen/ deſſen Beſchaffenheit er nicht weiß/ nie gelernet hat/ und wol nicht zu lernen begehret. Welche ſich der Kundigung einer Spra- che ruͤhmen wollen/ die muͤſſen nothwen- dig die Poeterey verſtehen/ und etliche Po- eten geleſen haben; ja ſonder ſolche koͤnnen ſie nicht wiſſen/ was ſie lang oder kurtz aus- ſprechen/ und wie man eine Rede unſtraͤf- lich

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/4>, abgerufen am 29.03.2024.