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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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)Vorrede.(
mit den Mahlern meinsten Theils vergli-
chen werden/ und die Red-Kunst weit ü-
bertreffen.

Es finden sich auch viel/ die wolgebor-
ne Poeten zu seyn scheinen/ in dem sie/ oh-
ne Vorbedacht Verse machen/ wie Ovi-
dius/ und alles/ was sie sagen wollen flüs-
set ihnen nach solchem Kunst-Maß aus
dem Munde. Zu dem scheinet/ daß der
Mißbrauch der Poeterey (wie dann die
Menschen mehr zum Bösen/ als zu dem
Guten von Natur geneiget sind) erwei-
se/ daß weniger Kunst/ sonderlich in den
Straff-Gedichten/ als selbsteigne Er-
findungen erhelle: gestalt sich vielmehr
wolgearte Dichter/ als Redner finden.
Hierwieder wird eingewendet/ daß die
Redkunst nicht weniger schwer zu erler-
nen/ schwerer zu üben/ und selten mit
vollständigem Nachruhm auszuwür-
ken; als welche weniger gezwungen der
Natur mehr nacharte und derselben
Handleitung leichter folge/ als die auf-

geblasne
)( iij

)Vorrede.(
mit dẽ Mahlern meinſten Theils vergli-
chen werden/ und die Red-Kunſt weit uͤ-
bertreffen.

Es finden ſich auch viel/ die wolgebor-
ne Poëten zu ſeyn ſcheinen/ in dem ſie/ oh-
ne Vorbedacht Verſe machen/ wie Ovi-
dius/ und alles/ was ſie ſagen wollen fluͤſ-
ſet ihnen nach ſolchem Kunſt-Maß aus
dem Munde. Zu dem ſcheinet/ daß der
Mißbrauch der Poëterey (wie dann die
Menſchen mehr zum Boͤſen/ als zu dem
Guten von Natur geneiget ſind) erwei-
ſe/ daß weniger Kunſt/ ſonderlich in den
Straff-Gedichten/ als ſelbſteigne Er-
findungen erhelle: geſtalt ſich vielmehr
wolgearte Dichter/ als Redner finden.
Hierwieder wird eingewendet/ daß die
Redkunſt nicht weniger ſchwer zu erler-
nen/ ſchwerer zu uͤben/ und ſelten mit
vollſtaͤndigem Nachruhm auszuwuͤr-
ken; als welche weniger gezwungen der
Natur mehr nacharte und derſelben
Handleitung leichter folge/ als die auf-

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[0021] )Vorrede.( mit dẽ Mahlern meinſten Theils vergli- chen werden/ und die Red-Kunſt weit uͤ- bertreffen. Es finden ſich auch viel/ die wolgebor- ne Poëten zu ſeyn ſcheinen/ in dem ſie/ oh- ne Vorbedacht Verſe machen/ wie Ovi- dius/ und alles/ was ſie ſagen wollen fluͤſ- ſet ihnen nach ſolchem Kunſt-Maß aus dem Munde. Zu dem ſcheinet/ daß der Mißbrauch der Poëterey (wie dann die Menſchen mehr zum Boͤſen/ als zu dem Guten von Natur geneiget ſind) erwei- ſe/ daß weniger Kunſt/ ſonderlich in den Straff-Gedichten/ als ſelbſteigne Er- findungen erhelle: geſtalt ſich vielmehr wolgearte Dichter/ als Redner finden. Hierwieder wird eingewendet/ daß die Redkunſt nicht weniger ſchwer zu erler- nen/ ſchwerer zu uͤben/ und ſelten mit vollſtaͤndigem Nachruhm auszuwuͤr- ken; als welche weniger gezwungen der Natur mehr nacharte und derſelben Handleitung leichter folge/ als die auf- geblaſne )( iij

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/21>, abgerufen am 29.03.2024.