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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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Armut.
mut wird gebildet in Gestalt eines elenden zerris-
nen Mannes/ mit einem leeren Beutel in der
Hande/ darüber geschrieben: das gxösste Un-
glück.

Wer kein Geld hat der ist todt unter den Le-
bendigen/ verlacht unter den geehrten/ veracht
von den Stoltzen/ unterdrucket von dem Unge-
rechten/ von den Gelehrten für einen Narren ge-
halten und hülffloß gelassen von den Gottlosen.
Der Reichthumb reitet auf hohen Pferden/ die
Armut gehet zu Fuß. Jener lebet herrlich und in
Freuden/ diese erbärmlich in beharrlicher Trau-
rigkeit. Das Gelt ist der Magnet aller Zufrieden-
heit/ die Freystatt aller Hoffnung/ die Quelle alles
Lobs/ die Pforten aller Ehren/ die Bemittlung
der Freygebigkeit/ und die Larven oder Verstel-
lung/ aller befindlichen Fehler. Also beherrschet das
Gelt eines andern Willen/ oder die guldnen Ket-
ten Herculis/ welche die Hertzen befängt und an
sich ziehet. Der kein Gelt hat der jaget ohne Hun-
de/ fischet in dem Lufft und verfehlet aller Orten
des rechten Weges: Wer aber der Gefangenen
Kürissirer (Ducaten) viel loßläßet/ der mangelt
niemals deß Sieges/ machet sich groß/ wann er
klein ist/ edel wann er unedel ist/ zu einen Herrn/
wann er ein Knecht ist/ und hat also die heilsame
Artzney für die unheilsame Armut. Giorgio Gra-
ziani nel Ritratto de' Discorsi.

24. Artz-

Armut.
mut wird gebildet in Geſtalt eines elenden zerriſ-
nen Mannes/ mit einem leeren Beutel in der
Hande/ daruͤber geſchrieben: das gxoͤſſte Un-
gluͤck.

Wer kein Geld hat der iſt todt unter den Le-
bendigen/ verlacht unter den geehrten/ veracht
von den Stoltzen/ unterdrucket von dem Unge-
rechten/ von den Gelehrten fuͤr einen Narren ge-
halten und huͤlffloß gelaſſen von den Gottloſen.
Der Reichthumb reitet auf hohen Pferden/ die
Armut gehet zu Fuß. Jener lebet herrlich und in
Freuden/ dieſe erbaͤrmlich in beharrlicher Trau-
rigkeit. Das Gelt iſt der Magnet aller Zufrieden-
heit/ die Freyſtatt aller Hoffnung/ die Quelle alles
Lobs/ die Pforten aller Ehren/ die Bemittlung
der Freygebigkeit/ und die Larven oder Verſtel-
lung/ aller befindlichẽ Fehleꝛ. Alſo beherrſchet das
Gelt eines andern Willen/ oder die guldnen Ket-
ten Herculis/ welche die Hertzen befaͤngt und an
ſich ziehet. Der kein Gelt hat der jaget ohne Hun-
de/ fiſchet in dem Lufft und verfehlet aller Orten
des rechten Weges: Wer aber der Gefangenen
Kuͤriſſirer (Ducaten) viel loßlaͤßet/ der mangelt
niemals deß Sieges/ machet ſich groß/ wann er
klein iſt/ edel wann er unedel iſt/ zu einen Herrn/
wann er ein Knecht iſt/ und hat alſo die heilſame
Artzney fuͤr die unheilſame Armut. Giorgio Gra-
ziani nel Ritratto de’ Diſcorſi.

24. Artz-
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[130/0162] Armut. mut wird gebildet in Geſtalt eines elenden zerriſ- nen Mannes/ mit einem leeren Beutel in der Hande/ daruͤber geſchrieben: das gxoͤſſte Un- gluͤck. Wer kein Geld hat der iſt todt unter den Le- bendigen/ verlacht unter den geehrten/ veracht von den Stoltzen/ unterdrucket von dem Unge- rechten/ von den Gelehrten fuͤr einen Narren ge- halten und huͤlffloß gelaſſen von den Gottloſen. Der Reichthumb reitet auf hohen Pferden/ die Armut gehet zu Fuß. Jener lebet herrlich und in Freuden/ dieſe erbaͤrmlich in beharrlicher Trau- rigkeit. Das Gelt iſt der Magnet aller Zufrieden- heit/ die Freyſtatt aller Hoffnung/ die Quelle alles Lobs/ die Pforten aller Ehren/ die Bemittlung der Freygebigkeit/ und die Larven oder Verſtel- lung/ aller befindlichẽ Fehleꝛ. Alſo beherrſchet das Gelt eines andern Willen/ oder die guldnen Ket- ten Herculis/ welche die Hertzen befaͤngt und an ſich ziehet. Der kein Gelt hat der jaget ohne Hun- de/ fiſchet in dem Lufft und verfehlet aller Orten des rechten Weges: Wer aber der Gefangenen Kuͤriſſirer (Ducaten) viel loßlaͤßet/ der mangelt niemals deß Sieges/ machet ſich groß/ wann er klein iſt/ edel wann er unedel iſt/ zu einen Herrn/ wann er ein Knecht iſt/ und hat alſo die heilſame Artzney fuͤr die unheilſame Armut. Giorgio Gra- ziani nel Ritratto de’ Diſcorſi. 24. Artz-

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/162>, abgerufen am 29.03.2024.