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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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Von den Reimgebänden.
Folge/ in einem Lied untermischet/ wie unser Rü-
stiger in seinen himmlischen Liedern I/ 3. gethan/
also:

[Abbildung] O Traurigkeit/ O Hertzenleid
[Abbildung] ist das nicht zu beklagen:

Nun folgen lang kurtze.

[Abbildung] GOTT deß Vaters einigs Kind/
[Abbildung] wird zu Grab getragen.

Dieses/ wenn es den Noten zu Liebe geschi-
het/ kan für keinen Fehler gehalten werden.

88. Man kan auch die alten Liederarten ver-
bessern und sind sonderlich die Waisen/ oder die
Zeilen/ welche mit keiner andern Reimen aus zu-
mustern. Ein Exempel haben wir in dem Liede:
Es ist gewißlich an der Zeit etc. welches
Reimgebänd so zu verändern:

Ach! einen schnellen Augenblick
Daurt aller Menschen Leben:
Wir werden von deß Todes Strick/
dem Vogel gleich/ umgeben;
Wann wir ohn Sorgen sicher sind
so kommt das Ende wind geschwind/
da hilfft kein Widerstreben!

Jst also zierlicher daß die letzte Zeil reime/ als wann
ich setzte: da hilfft kein Wiederstehen.

Wann nun die letzte Zeil nicht reimte/ wie in

besag-
G

Von den Reimgebaͤnden.
Folge/ in einem Lied unteꝛmiſchet/ wie unſer Ruͤ-
ſtiger in ſeinen himmliſchen Liedern I/ 3. gethan/
alſo:

[Abbildung] O Traurigkeit/ O Hertzenleid
[Abbildung] iſt das nicht zu beklagen:

Nun folgen lang kurtze.

[Abbildung] GOTT deß Vaters einigs Kind/
[Abbildung] wird zu Grab getragen.

Dieſes/ wenn es den Noten zu Liebe geſchi-
het/ kan fuͤr keinen Fehler gehalten werden.

88. Man kan auch die alten Liederarten ver-
beſſern und ſind ſonderlich die Waiſen/ oder die
Zeilen/ welche mit keiner andern Reimen aus zu-
muſtern. Ein Exempel haben wir in dem Liede:
Es iſt gewißlich an der Zeit ꝛc. welches
Reimgebaͤnd ſo zu veraͤndern:

Ach! einen ſchnellen Augenblick
Daurt aller Menſchen Leben:
Wir werden von deß Todes Strick/
dem Vogel gleich/ umgeben;
Wann wir ohn Sorgen ſicher ſind
ſo kommt das Ende wind geſchwind/
da hilfft kein Widerſtreben!

Jſt alſo zierlicher daß die letzte Zeil reime/ als wañ
ich ſetzte: da hilfft kein Wiederſtehen.

Wann nun die letzte Zeil nicht reimte/ wie in

beſag-
G
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[97/0129] Von den Reimgebaͤnden. Folge/ in einem Lied unteꝛmiſchet/ wie unſer Ruͤ- ſtiger in ſeinen himmliſchen Liedern I/ 3. gethan/ alſo: [Abbildung] O Traurigkeit/ O Hertzenleid [Abbildung] iſt das nicht zu beklagen: Nun folgen lang kurtze. [Abbildung] GOTT deß Vaters einigs Kind/ [Abbildung] wird zu Grab getragen. Dieſes/ wenn es den Noten zu Liebe geſchi- het/ kan fuͤr keinen Fehler gehalten werden. 88. Man kan auch die alten Liederarten ver- beſſern und ſind ſonderlich die Waiſen/ oder die Zeilen/ welche mit keiner andern Reimen aus zu- muſtern. Ein Exempel haben wir in dem Liede: Es iſt gewißlich an der Zeit ꝛc. welches Reimgebaͤnd ſo zu veraͤndern: Ach! einen ſchnellen Augenblick Daurt aller Menſchen Leben: Wir werden von deß Todes Strick/ dem Vogel gleich/ umgeben; Wann wir ohn Sorgen ſicher ſind ſo kommt das Ende wind geſchwind/ da hilfft kein Widerſtreben! Jſt alſo zierlicher daß die letzte Zeil reime/ als wañ ich ſetzte: da hilfft kein Wiederſtehen. Wann nun die letzte Zeil nicht reimte/ wie in beſag- G

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/129>, abgerufen am 19.04.2024.