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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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Von der Red-Zierlichleit.
Es ist der Sonnen Magd vom Bett'erst
aufgestanden/
sie hat das Kammerpot in ihren roten
Handen/
Und schüttet es gar aus. Verstehend den
Tau.

69. Die dritte art ist die Beschreibung/ wel-
che eigentlich und dem Beschriebenen allein zu-
ständig seyn sol. Zum Erempel nenne ich die Vö-
gel/ das leichte Federvolk/ die Psälterlein
in Lüfften/ die flüchtige Fittige den Wol-
ken gleich schwebend.
Hiervon folgen über
hundert Exempel. Jm Fall aber eine solche Be-
schreibung auch was anders bedeuten könte/
muß man solche Worte vorher oder hernach se-
tzen/ daß keine zweydeutige Meinung/ welche
in der Rede jederzeit zuverhüten ist/ daraus ent-
stehe/ und wie aus den neun Zahlen viel hundert
tausend entstehen/ also können aus den jederman
bekanten Wörtern/ fast unzählige Redarten ge-
füget werden/ darunter auch die obgedachten Fi-
guren ihre Stelle haben. Zufällig ist auch bey der
Zierlichkeit/ der Rede zu gedenken/ daß man das
enoch in gebundner noch ungebundner Schreib-
Art auslassen sol/ und vielmehr liebet/ bleibet/
isset/ lasset etc.
setz/ als liebt/ bleibt/ isst/ lasst etc.
Wie auch dieses dz sich kein Wort mit der Sylben
und dem Buchstaben anfangen sol/ mit welchem

sich
E iiij
Von der Red-Zierlichleit.
Es iſt der Sonnen Magd vom Bett’erſt
aufgeſtanden/
ſie hat das Kammerpot in ihren roten
Handen/
Und ſchuͤttet es gar aus. Verſtehend den
Tau.

69. Die dritte art iſt die Beſchreibung/ wel-
che eigentlich und dem Beſchriebenen allein zu-
ſtaͤndig ſeyn ſol. Zum Erempel nenne ich die Voͤ-
gel/ das leichte Federvolk/ die Pſaͤlterlein
in Luͤfften/ die fluͤchtige Fittige den Wol-
ken gleich ſchwebend.
Hiervon folgen uͤber
hundert Exempel. Jm Fall aber eine ſolche Be-
ſchreibung auch was anders bedeuten koͤnte/
muß man ſolche Worte vorher oder hernach ſe-
tzen/ daß keine zweydeutige Meinung/ welche
in der Rede jederzeit zuverhuͤten iſt/ daraus ent-
ſtehe/ und wie aus den neun Zahlen viel hundert
tauſend entſtehen/ alſo koͤnnen aus den jederman
bekanten Woͤrtern/ faſt unzaͤhlige Redarten ge-
fuͤget werden/ darunter auch die obgedachten Fi-
guren ihre Stelle haben. Zufaͤllig iſt auch bey der
Zierlichkeit/ der Rede zu gedenken/ daß man das
enoch in gebundner noch ungebundner Schreib-
Art auslaſſen ſol/ und vielmehr liebet/ bleibet/
iſſet/ laſſet ꝛc.
ſetz/ als liebt/ bleibt/ iſſt/ laſſt ꝛc.
Wie auch dieſes dz ſich kein Wort mit der Sylbẽ
und dem Buchſtaben anfangen ſol/ mit welchem

ſich
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[71/0103] Von der Red-Zierlichleit. Es iſt der Sonnen Magd vom Bett’erſt aufgeſtanden/ ſie hat das Kammerpot in ihren roten Handen/ Und ſchuͤttet es gar aus. Verſtehend den Tau. 69. Die dritte art iſt die Beſchreibung/ wel- che eigentlich und dem Beſchriebenen allein zu- ſtaͤndig ſeyn ſol. Zum Erempel nenne ich die Voͤ- gel/ das leichte Federvolk/ die Pſaͤlterlein in Luͤfften/ die fluͤchtige Fittige den Wol- ken gleich ſchwebend. Hiervon folgen uͤber hundert Exempel. Jm Fall aber eine ſolche Be- ſchreibung auch was anders bedeuten koͤnte/ muß man ſolche Worte vorher oder hernach ſe- tzen/ daß keine zweydeutige Meinung/ welche in der Rede jederzeit zuverhuͤten iſt/ daraus ent- ſtehe/ und wie aus den neun Zahlen viel hundert tauſend entſtehen/ alſo koͤnnen aus den jederman bekanten Woͤrtern/ faſt unzaͤhlige Redarten ge- fuͤget werden/ darunter auch die obgedachten Fi- guren ihre Stelle haben. Zufaͤllig iſt auch bey der Zierlichkeit/ der Rede zu gedenken/ daß man das enoch in gebundner noch ungebundner Schreib- Art auslaſſen ſol/ und vielmehr liebet/ bleibet/ iſſet/ laſſet ꝛc. ſetz/ als liebt/ bleibt/ iſſt/ laſſt ꝛc. Wie auch dieſes dz ſich kein Wort mit der Sylbẽ und dem Buchſtaben anfangen ſol/ mit welchem ſich E iiij

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/103>, abgerufen am 29.03.2024.