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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.

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Die zweyte Stund.
den Vor- und Nachsyllben iedesmals
lang ist/
da die andern ihrer Eigenschaft nach
kurtz fallen. Die andre Art ist ümgewendet/ als

[Abbildung] [Abbildung] Ungedult/ Menschenfeind/ iederman.

Welches alles nach erstbesagten Sätzen leichtlich
zu erkennen seyn wird.

15. Gleichergestalt kan man von dem Lang-
oder Kurtzlaut der vier- und fünfsyllbigen
Wörter
urtheilen/ als

[Abbildung] [Abbildung] unverträglich.

Das Stammwort trag ist lang/ die Vor- und
Nachsyllben ver- und lich kurtz; so folget/ daß
die erste Syllbe un langgesetzet sey.

[Abbildung] [Abbildung] Wankelhertzige Leute!

sagt D. Luther. Hier sind zwey lange Stamm-
wörter wank/ und Hertz/ die Nachsyllben el/
ig/ e/
kurtz. Wiewol alle solche lange Wörter in
den Dactylischen Reimarten besser/ als in an-
dern/ klingen.

III.

16. Erstbesagte kurtze und allein ungebräuch-
liche Vorsyllben wirken ihre Deutung in allen
Wörtern/ ob wir es gleich in gemeinen Reden so
gnau nicht beobachten. Das be wird solchen Sa-

chen
B iiij

Die zweyte Stund.
den Vor- und Nachſyllben iedesmals
lang iſt/
da die andern ihrer Eigenſchaft nach
kurtz fallen. Die andre Art iſt uͤmgewendet/ als

[Abbildung] [Abbildung] Ungedult/ Menſchenfeind/ iederman.

Welches alles nach erſtbeſagtẽ Saͤtzen leichtlich
zu erkennen ſeyn wird.

15. Gleichergeſtalt kan man von dem Lang-
oder Kurtzlaut der vier- und fuͤnfſyllbigen
Woͤrter
urtheilen/ als

[Abbildung] [Abbildung] unvertraͤglich.

Das Stammwort trag iſt lang/ die Vor- und
Nachſyllben ver- und lich kurtz; ſo folget/ daß
die erſte Syllbe un langgeſetzet ſey.

[Abbildung] [Abbildung] Wankelhertzige Leute!

ſagt D. Luther. Hier ſind zwey lange Stamm-
woͤrter wank/ und Hertz/ die Nachſyllben el/
ig/ e/
kurtz. Wiewol alle ſolche lange Woͤrter in
den Dactyliſchen Reimarten beſſer/ als in an-
dern/ klingen.

III.

16. Erſtbeſagte kurtze und allein ungebraͤuch-
liche Vorſyllben wirken ihre Deutung in allen
Woͤrtern/ ob wir es gleich in gemeinen Reden ſo
gnau nicht beobachten. Das be wird ſolchẽ Sa-

chen
B iiij
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[23/0041] Die zweyte Stund. den Vor- und Nachſyllben iedesmals lang iſt/ da die andern ihrer Eigenſchaft nach kurtz fallen. Die andre Art iſt uͤmgewendet/ als [Abbildung] [Abbildung] Ungedult/ Menſchenfeind/ iederman. Welches alles nach erſtbeſagtẽ Saͤtzen leichtlich zu erkennen ſeyn wird. 15. Gleichergeſtalt kan man von dem Lang- oder Kurtzlaut der vier- und fuͤnfſyllbigen Woͤrter urtheilen/ als [Abbildung] [Abbildung] unvertraͤglich. Das Stammwort trag iſt lang/ die Vor- und Nachſyllben ver- und lich kurtz; ſo folget/ daß die erſte Syllbe un langgeſetzet ſey. [Abbildung] [Abbildung] Wankelhertzige Leute! ſagt D. Luther. Hier ſind zwey lange Stamm- woͤrter wank/ und Hertz/ die Nachſyllben el/ ig/ e/ kurtz. Wiewol alle ſolche lange Woͤrter in den Dactyliſchen Reimarten beſſer/ als in an- dern/ klingen. III. 16. Erſtbeſagte kurtze und allein ungebraͤuch- liche Vorſyllben wirken ihre Deutung in allen Woͤrtern/ ob wir es gleich in gemeinen Reden ſo gnau nicht beobachten. Das be wird ſolchẽ Sa- chen B iiij

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/41>, abgerufen am 28.03.2024.