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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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§ 2. Heinrich III. (1039-1056).
italienischen Laienfürsten übertrug, wandte er selbst sich nach
Deutschland zurück. Auch er trug den Todeskeim bereits in sich;
an einem schweren Gichtleiden ist er schon im folgenden Frühling
noch nicht fünfzigjährig gestorben, -- allzu früh für das Reich,
das er in verhältnismäßig kurzer Regierung zu so gewaltiger Macht-
fülle erhoben hatte, und das er nun -- vielleicht nicht ganz ohne
Sorge -- seinem zwar hochbegabten, aber von Grund aus anders
gerichteten Sohne hinterließ.

§ 2. Heinrich III. (1039-1056).

Unter dem erst zweiundzwanzigjährigen, aber in Politik und
Kriegführung frühzeitig eingeweihten neuen Herrscher schien die
Aufwärtsbewegung des deutschen Kaisertums zunächst einen stetigen
Fortgang zu nehmen. Gleich die ersten Jahre brachten bedeut-
same Erfolge im Osten. Es gelang, die slawischen Großmachtpläne
des Böhmenherzogs Bretislaw zu zerstören, seine Abhängigkeit von
Deutschland neu zu festigen und die Reichsgrenze in Mähren vor-
zuschieben (1041). Ungarn gegenüber aber brachte Heinrich nicht
nur den jüngsten Verlust an Grenzgebiet reichlich wieder ein (1043),
sondern er griff auch bei erneuter Unzuverlässigkeit seines Königs
kräftig durch, schlug dessen Heer und ersetzte ihn durch einen vom
deutschen Kaiser abhängigen, tributzahlenden Vasallen (1044/45).
Diese bedeutende Machtausdehnung gegen Osten und die schran-
kenlose Verfügung über das Papsttum in den folgenden Jahren
haben Heinrichs III. Regierung als den Gipfelpunkt deutscher
Kaisermacht erscheinen lassen. Entsprach diesem Ausgreifen auch
die höchste Spannung innerer Kraft? War Heinrich ein eben-
bürtiger, wohl gar überlegener Nachfolger seines Vaters? Die
zeitgenössischen Quellen lassen uns hier bedenklich im Stich, und
die Urteile neuerer Forscher stehen in schroffem Widerspruch mit-
einander. Den einen ist er der mächtigste deutsche Herrscher
seit Karl d. Gr.1), den anderen der Verderber des deutschen
Königtums.2)

Äußerlich ein Ebenbild des Vaters, wich Heinrich in seiner
geistigen Richtung von dessen gesund-kräftiger, lebensprühender
Laiennatur auf das Bestimmteste ab. Von bischöflichen Erziehern

1) Vgl. etwa Haucks in den Kern dringende, aber vom politischen
Standpunkte aus doch viel zu günstige Beurteilung.
2) So etwa W. Schultze in Gebhardts Handbuch. Eine mittlere Linie
halten inne Giesebrecht, Ranke und Steindorff, dessen Jahrbücher der deutsch.
Gesch. unter H. III., 2 Bde. 1874/81 für alle Einzelheiten die zuverlässigste
Auskunft bieten, aber eine tiefere Auffassung vermissen lassen.
Hampe, Deutsche Kaisergeschichte. 2

§ 2. Heinrich III. (1039‒1056).
italienischen Laienfürsten übertrug, wandte er selbst sich nach
Deutschland zurück. Auch er trug den Todeskeim bereits in sich;
an einem schweren Gichtleiden ist er schon im folgenden Frühling
noch nicht fünfzigjährig gestorben, — allzu früh für das Reich,
das er in verhältnismäßig kurzer Regierung zu so gewaltiger Macht-
fülle erhoben hatte, und das er nun — vielleicht nicht ganz ohne
Sorge — seinem zwar hochbegabten, aber von Grund aus anders
gerichteten Sohne hinterließ.

§ 2. Heinrich III. (1039‒1056).

Unter dem erst zweiundzwanzigjährigen, aber in Politik und
Kriegführung frühzeitig eingeweihten neuen Herrscher schien die
Aufwärtsbewegung des deutschen Kaisertums zunächst einen stetigen
Fortgang zu nehmen. Gleich die ersten Jahre brachten bedeut-
same Erfolge im Osten. Es gelang, die slawischen Großmachtpläne
des Böhmenherzogs Bretislaw zu zerstören, seine Abhängigkeit von
Deutschland neu zu festigen und die Reichsgrenze in Mähren vor-
zuschieben (1041). Ungarn gegenüber aber brachte Heinrich nicht
nur den jüngsten Verlust an Grenzgebiet reichlich wieder ein (1043),
sondern er griff auch bei erneuter Unzuverlässigkeit seines Königs
kräftig durch, schlug dessen Heer und ersetzte ihn durch einen vom
deutschen Kaiser abhängigen, tributzahlenden Vasallen (1044/45).
Diese bedeutende Machtausdehnung gegen Osten und die schran-
kenlose Verfügung über das Papsttum in den folgenden Jahren
haben Heinrichs III. Regierung als den Gipfelpunkt deutscher
Kaisermacht erscheinen lassen. Entsprach diesem Ausgreifen auch
die höchste Spannung innerer Kraft? War Heinrich ein eben-
bürtiger, wohl gar überlegener Nachfolger seines Vaters? Die
zeitgenössischen Quellen lassen uns hier bedenklich im Stich, und
die Urteile neuerer Forscher stehen in schroffem Widerspruch mit-
einander. Den einen ist er der mächtigste deutsche Herrscher
seit Karl d. Gr.1), den anderen der Verderber des deutschen
Königtums.2)

Äußerlich ein Ebenbild des Vaters, wich Heinrich in seiner
geistigen Richtung von dessen gesund-kräftiger, lebensprühender
Laiennatur auf das Bestimmteste ab. Von bischöflichen Erziehern

1) Vgl. etwa Haucks in den Kern dringende, aber vom politischen
Standpunkte aus doch viel zu günstige Beurteilung.
2) So etwa W. Schultze in Gebhardts Handbuch. Eine mittlere Linie
halten inne Giesebrecht, Ranke und Steindorff, dessen Jahrbücher der deutsch.
Gesch. unter H. III., 2 Bde. 1874/81 für alle Einzelheiten die zuverlässigste
Auskunft bieten, aber eine tiefere Auffassung vermissen lassen.
Hampe, Deutsche Kaisergeschichte. 2
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[17/0025] § 2. Heinrich III. (1039‒1056). italienischen Laienfürsten übertrug, wandte er selbst sich nach Deutschland zurück. Auch er trug den Todeskeim bereits in sich; an einem schweren Gichtleiden ist er schon im folgenden Frühling noch nicht fünfzigjährig gestorben, — allzu früh für das Reich, das er in verhältnismäßig kurzer Regierung zu so gewaltiger Macht- fülle erhoben hatte, und das er nun — vielleicht nicht ganz ohne Sorge — seinem zwar hochbegabten, aber von Grund aus anders gerichteten Sohne hinterließ. § 2. Heinrich III. (1039‒1056). Unter dem erst zweiundzwanzigjährigen, aber in Politik und Kriegführung frühzeitig eingeweihten neuen Herrscher schien die Aufwärtsbewegung des deutschen Kaisertums zunächst einen stetigen Fortgang zu nehmen. Gleich die ersten Jahre brachten bedeut- same Erfolge im Osten. Es gelang, die slawischen Großmachtpläne des Böhmenherzogs Bretislaw zu zerstören, seine Abhängigkeit von Deutschland neu zu festigen und die Reichsgrenze in Mähren vor- zuschieben (1041). Ungarn gegenüber aber brachte Heinrich nicht nur den jüngsten Verlust an Grenzgebiet reichlich wieder ein (1043), sondern er griff auch bei erneuter Unzuverlässigkeit seines Königs kräftig durch, schlug dessen Heer und ersetzte ihn durch einen vom deutschen Kaiser abhängigen, tributzahlenden Vasallen (1044/45). Diese bedeutende Machtausdehnung gegen Osten und die schran- kenlose Verfügung über das Papsttum in den folgenden Jahren haben Heinrichs III. Regierung als den Gipfelpunkt deutscher Kaisermacht erscheinen lassen. Entsprach diesem Ausgreifen auch die höchste Spannung innerer Kraft? War Heinrich ein eben- bürtiger, wohl gar überlegener Nachfolger seines Vaters? Die zeitgenössischen Quellen lassen uns hier bedenklich im Stich, und die Urteile neuerer Forscher stehen in schroffem Widerspruch mit- einander. Den einen ist er der mächtigste deutsche Herrscher seit Karl d. Gr. 1), den anderen der Verderber des deutschen Königtums. 2) Äußerlich ein Ebenbild des Vaters, wich Heinrich in seiner geistigen Richtung von dessen gesund-kräftiger, lebensprühender Laiennatur auf das Bestimmteste ab. Von bischöflichen Erziehern 1) Vgl. etwa Haucks in den Kern dringende, aber vom politischen Standpunkte aus doch viel zu günstige Beurteilung. 2) So etwa W. Schultze in Gebhardts Handbuch. Eine mittlere Linie halten inne Giesebrecht, Ranke und Steindorff, dessen Jahrbücher der deutsch. Gesch. unter H. III., 2 Bde. 1874/81 für alle Einzelheiten die zuverlässigste Auskunft bieten, aber eine tiefere Auffassung vermissen lassen. Hampe, Deutsche Kaisergeschichte. 2

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/25>, abgerufen am 28.03.2024.