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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

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Das Gedärme. XXIV. Buch.
§. 12.
Die güldne Ader.

Jch glaube diesen Blutflus um desto weniger über-
gehen zu dürfen, weil man ihn ohnlängst für eine natür-
liche, und dem völlig erwachsenen Personen von der klu-
gen Seele angebotene Hülfe angesehen: und man hat
geglaubt, daß sich die Vollblütigkeit in der Kindheit durch
die Nase(a), im mittlern Alter durch die Monatliche
Reinigung und irrig durch die Lunge, im höhern Alter,
durch den Hintern ausleere. Celsus hat bereits vor
langer Zeit schon den Ausspruch gethan, daß dieses Blu-
ten eine Reinigung, und keine Krankheit sei (b), und
daß man diesen Blutverlust, wenn er gleich groß wäre,
dennoch ganz leichtlich ertrage (b*), behaupten andre be-
rühmte Männer.

Ueberhaupt ergießt sich das Blut durch das Gedär-
me nicht mit sonderlicher Schwierigkeit, und es haben
sich sechs, bis sieben Pfunde auf einmal von dem Ge-
brauche des Scammonius ausgeleert (c). Es verlor
Jemand an schwarzem klümpigen Blute durch die Ruhr
zehn Pfunde, und büßte das Leben ein(d), so wie ein
Salzwasser, von der Farbe eines abgewaschenen Fleisches,
zwei Jahre lang durch den Stuhl abgieng (e).

Wir haben aber auch Blutergiessungen des Gedärmes,
ohne die geringste üble Folge, vom Fallen (f), in der
Gelbesucht (g), so gar mit heilsamen Erfolge beobachtet.
Durch dergleichen Verluste wurden Kopfschmerzen ver-
trieben, nachdem vier bis fünf Pfunde Blut fort gegan-

gen
(a) [Spaltenumbruch] STAHL an vielen Orten.
WELSTED. de adult. Act.
(b) L. IV. c. 18. n. 9.
(b*) LIEUTAUD. p. 587.
(c) HAYMAN. IV. p. 20. Blut-
fluß durch den Hintern, siehe la
METTRIE obs. 80. et p.
37.
(d) [Spaltenumbruch] HILDAN. de dysent.
(e) FIZES. de liene p. 127.
(f) BUCHNER. miscell.
1728.
p.
972.
(g) BARTHOL. Cent. hist. 41.
Das Gedaͤrme. XXIV. Buch.
§. 12.
Die guͤldne Ader.

Jch glaube dieſen Blutflus um deſto weniger uͤber-
gehen zu duͤrfen, weil man ihn ohnlaͤngſt fuͤr eine natuͤr-
liche, und dem voͤllig erwachſenen Perſonen von der klu-
gen Seele angebotene Huͤlfe angeſehen: und man hat
geglaubt, daß ſich die Vollbluͤtigkeit in der Kindheit durch
die Naſe(a), im mittlern Alter durch die Monatliche
Reinigung und irrig durch die Lunge, im hoͤhern Alter,
durch den Hintern ausleere. Celſus hat bereits vor
langer Zeit ſchon den Ausſpruch gethan, daß dieſes Blu-
ten eine Reinigung, und keine Krankheit ſei (b), und
daß man dieſen Blutverluſt, wenn er gleich groß waͤre,
dennoch ganz leichtlich ertrage (b*), behaupten andre be-
ruͤhmte Maͤnner.

Ueberhaupt ergießt ſich das Blut durch das Gedaͤr-
me nicht mit ſonderlicher Schwierigkeit, und es haben
ſich ſechs, bis ſieben Pfunde auf einmal von dem Ge-
brauche des Scammonius ausgeleert (c). Es verlor
Jemand an ſchwarzem kluͤmpigen Blute durch die Ruhr
zehn Pfunde, und buͤßte das Leben ein(d), ſo wie ein
Salzwaſſer, von der Farbe eines abgewaſchenen Fleiſches,
zwei Jahre lang durch den Stuhl abgieng (e).

Wir haben aber auch Blutergieſſungen des Gedaͤrmes,
ohne die geringſte uͤble Folge, vom Fallen (f), in der
Gelbeſucht (g), ſo gar mit heilſamen Erfolge beobachtet.
Durch dergleichen Verluſte wurden Kopfſchmerzen ver-
trieben, nachdem vier bis fuͤnf Pfunde Blut fort gegan-

gen
(a) [Spaltenumbruch] STAHL an vielen Orten.
WELSTED. de adult. Act.
(b) L. IV. c. 18. n. 9.
(b*) LIEUTAUD. p. 587.
(c) HAYMAN. IV. p. 20. Blut-
fluß durch den Hintern, ſiehe la
METTRIE obſ. 80. et p.
37.
(d) [Spaltenumbruch] HILDAN. de dyſent.
(e) FIZES. de liene p. 127.
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p.
972.
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[288/0324] Das Gedaͤrme. XXIV. Buch. §. 12. Die guͤldne Ader. Jch glaube dieſen Blutflus um deſto weniger uͤber- gehen zu duͤrfen, weil man ihn ohnlaͤngſt fuͤr eine natuͤr- liche, und dem voͤllig erwachſenen Perſonen von der klu- gen Seele angebotene Huͤlfe angeſehen: und man hat geglaubt, daß ſich die Vollbluͤtigkeit in der Kindheit durch die Naſe (a), im mittlern Alter durch die Monatliche Reinigung und irrig durch die Lunge, im hoͤhern Alter, durch den Hintern ausleere. Celſus hat bereits vor langer Zeit ſchon den Ausſpruch gethan, daß dieſes Blu- ten eine Reinigung, und keine Krankheit ſei (b), und daß man dieſen Blutverluſt, wenn er gleich groß waͤre, dennoch ganz leichtlich ertrage (b*), behaupten andre be- ruͤhmte Maͤnner. Ueberhaupt ergießt ſich das Blut durch das Gedaͤr- me nicht mit ſonderlicher Schwierigkeit, und es haben ſich ſechs, bis ſieben Pfunde auf einmal von dem Ge- brauche des Scammonius ausgeleert (c). Es verlor Jemand an ſchwarzem kluͤmpigen Blute durch die Ruhr zehn Pfunde, und buͤßte das Leben ein (d), ſo wie ein Salzwaſſer, von der Farbe eines abgewaſchenen Fleiſches, zwei Jahre lang durch den Stuhl abgieng (e). Wir haben aber auch Blutergieſſungen des Gedaͤrmes, ohne die geringſte uͤble Folge, vom Fallen (f), in der Gelbeſucht (g), ſo gar mit heilſamen Erfolge beobachtet. Durch dergleichen Verluſte wurden Kopfſchmerzen ver- trieben, nachdem vier bis fuͤnf Pfunde Blut fort gegan- gen (a) STAHL an vielen Orten. WELSTED. de adult. Act. (b) L. IV. c. 18. n. 9. (b*) LIEUTAUD. p. 587. (c) HAYMAN. IV. p. 20. Blut- fluß durch den Hintern, ſiehe la METTRIE obſ. 80. et p. 37. (d) HILDAN. de dyſent. (e) FIZES. de liene p. 127. (f) BUCHNER. miſcell. 1728. p. 972. (g) BARTHOL. Cent. hiſt. 41.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/324>, abgerufen am 20.04.2024.