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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

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Das Gedärme. XXIV. Buch.
thierischen Körper, anders, und eine Pflanze wieder an-
ders, die wie ich oft versucht, ohne einen merklichen Ge-
stank zu Brei werden, wenn durch den Zufall, einige
Pflanzen in Kisten verschlossen, feuchte bei mir, und
faul ankamen.

Wie wirksam aber dennoch die Gewalt der Fäulniß
auch im Menschen sei, erhellet aus dem stinkenden und
alkalisch gewordnen Kothe, den Menschen, die entwe-
der blos von Milch(d), oder blos von Brodte (e), oder
in Wasser eingerührten Mehle (f) leben, dennoch eben
so wie vom Fleischessen, stinkend von sich geben. Es
vermindern bittre und gewürzhafte Arzeneien in lebendi-
gen Menschen den übeln Geruch des Kothes nicht, ob sie
ihn gleich, wenn man sie in Gefässen zugiesset (f*) ver-
ringern. Und darum ist es doch eben so richtig, daß
der Koth der fleischfräßigen Thiere, als der Kazze, der
Wiesel, und des Stinkthiers viel häslicher stinke.

So viel ich mich noch erinnere, so stinket der Koth
der Kinder, die noch von Milch unterhalten werden,
nicht so sehr.

Jch habe aber einen so durchdringenden Dunst im
Kothe entstehen gesehen, daß dieser besondre Kothgestank
durch ein ganz unverletztes Darmfell, durch eine Men-
ge Fett, und durch die Haut eines lebendigen Thieres,
obwohl schwächer, aber dennoch ziemlich merklich dünstete.

Jch mag hier nicht die Natur der Fäulnis nochmals
erwähnen. Man weis, daß von selbiger die saure Art
[Spaltenumbruch] (g) und das Zusammenhängen der Fasern zernichtet, das
Oel verdünnet werde, daß es fortdünstet, und bei gelin-
der Wärme aufsteiget, und daß sich daher die Fäulnis
(h)

mit
(d) [Spaltenumbruch] Wegen Podagra, Schwind-
sucht.
(e) Auf den Galeeren.
(f) Wenigstens in unsern Ge-
fängnissen.
(f*) PRINGLE p. 412.
(g) BOERHAAVE Elem. chem.
II. proc.
88.
(h) HOME agricult. p. 83.
DOSSIE p. 404. 408. NAVIER.
p.
39. 40.

Das Gedaͤrme. XXIV. Buch.
thieriſchen Koͤrper, anders, und eine Pflanze wieder an-
ders, die wie ich oft verſucht, ohne einen merklichen Ge-
ſtank zu Brei werden, wenn durch den Zufall, einige
Pflanzen in Kiſten verſchloſſen, feuchte bei mir, und
faul ankamen.

Wie wirkſam aber dennoch die Gewalt der Faͤulniß
auch im Menſchen ſei, erhellet aus dem ſtinkenden und
alkaliſch gewordnen Kothe, den Menſchen, die entwe-
der blos von Milch(d), oder blos von Brodte (e), oder
in Waſſer eingeruͤhrten Mehle (f) leben, dennoch eben
ſo wie vom Fleiſcheſſen, ſtinkend von ſich geben. Es
vermindern bittre und gewuͤrzhafte Arzeneien in lebendi-
gen Menſchen den uͤbeln Geruch des Kothes nicht, ob ſie
ihn gleich, wenn man ſie in Gefaͤſſen zugieſſet (f*) ver-
ringern. Und darum iſt es doch eben ſo richtig, daß
der Koth der fleiſchfraͤßigen Thiere, als der Kazze, der
Wieſel, und des Stinkthiers viel haͤslicher ſtinke.

So viel ich mich noch erinnere, ſo ſtinket der Koth
der Kinder, die noch von Milch unterhalten werden,
nicht ſo ſehr.

Jch habe aber einen ſo durchdringenden Dunſt im
Kothe entſtehen geſehen, daß dieſer beſondre Kothgeſtank
durch ein ganz unverletztes Darmfell, durch eine Men-
ge Fett, und durch die Haut eines lebendigen Thieres,
obwohl ſchwaͤcher, aber dennoch ziemlich merklich duͤnſtete.

Jch mag hier nicht die Natur der Faͤulnis nochmals
erwaͤhnen. Man weis, daß von ſelbiger die ſaure Art
[Spaltenumbruch] (g) und das Zuſammenhaͤngen der Faſern zernichtet, das
Oel verduͤnnet werde, daß es fortduͤnſtet, und bei gelin-
der Waͤrme aufſteiget, und daß ſich daher die Faͤulnis
(h)

mit
(d) [Spaltenumbruch] Wegen Podagra, Schwind-
ſucht.
(e) Auf den Galeeren.
(f) Wenigſtens in unſern Ge-
faͤngniſſen.
(f*) PRINGLE p. 412.
(g) BOERHAAVE Elem. chem.
II. proc.
88.
(h) HOME agricult. p. 83.
DOSSIE p. 404. 408. NAVIER.
p.
39. 40.
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[268/0304] Das Gedaͤrme. XXIV. Buch. thieriſchen Koͤrper, anders, und eine Pflanze wieder an- ders, die wie ich oft verſucht, ohne einen merklichen Ge- ſtank zu Brei werden, wenn durch den Zufall, einige Pflanzen in Kiſten verſchloſſen, feuchte bei mir, und faul ankamen. Wie wirkſam aber dennoch die Gewalt der Faͤulniß auch im Menſchen ſei, erhellet aus dem ſtinkenden und alkaliſch gewordnen Kothe, den Menſchen, die entwe- der blos von Milch (d), oder blos von Brodte (e), oder in Waſſer eingeruͤhrten Mehle (f) leben, dennoch eben ſo wie vom Fleiſcheſſen, ſtinkend von ſich geben. Es vermindern bittre und gewuͤrzhafte Arzeneien in lebendi- gen Menſchen den uͤbeln Geruch des Kothes nicht, ob ſie ihn gleich, wenn man ſie in Gefaͤſſen zugieſſet (f*) ver- ringern. Und darum iſt es doch eben ſo richtig, daß der Koth der fleiſchfraͤßigen Thiere, als der Kazze, der Wieſel, und des Stinkthiers viel haͤslicher ſtinke. So viel ich mich noch erinnere, ſo ſtinket der Koth der Kinder, die noch von Milch unterhalten werden, nicht ſo ſehr. Jch habe aber einen ſo durchdringenden Dunſt im Kothe entſtehen geſehen, daß dieſer beſondre Kothgeſtank durch ein ganz unverletztes Darmfell, durch eine Men- ge Fett, und durch die Haut eines lebendigen Thieres, obwohl ſchwaͤcher, aber dennoch ziemlich merklich duͤnſtete. Jch mag hier nicht die Natur der Faͤulnis nochmals erwaͤhnen. Man weis, daß von ſelbiger die ſaure Art (g) und das Zuſammenhaͤngen der Faſern zernichtet, das Oel verduͤnnet werde, daß es fortduͤnſtet, und bei gelin- der Waͤrme aufſteiget, und daß ſich daher die Faͤulnis mit (h) (d) Wegen Podagra, Schwind- ſucht. (e) Auf den Galeeren. (f) Wenigſtens in unſern Ge- faͤngniſſen. (f*) PRINGLE p. 412. (g) BOERHAAVE Elem. chem. II. proc. 88. (h) HOME agricult. p. 83. DOSSIE p. 404. 408. NAVIER. p. 39. 40.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/304>, abgerufen am 24.04.2024.