Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Abschn. Verrichtungen des dünnen.
nämlich die Bewegung durch die Muskeln, zu betrach-
ten übrig.

Diese Bewegung holen einige berühmte Männer von
den Muskeln des Unterleibes(a) und vom Zwerchfelle
her. Diese breite Muskeln drükken auf das Gedärme,
und treiben es gegen den Rükkgrad und gegen das Bek-
ken hin, ja man lieset, daß sie bisweilen den Unterleib
ungemein verengert haben, wenn das Gedärme leer ge-
wesen (b): doch es beweiset auch das Vordringen des
Gedärmes, welches aus einer Wunde des Unterleibes
mit grosser Gewalt herausschiest, wie gros der Drukk
des Atemholens sey. Jndessen darf man diesen drük-
kenden Kräften doch nur eine geringe Kraft zuschreiben,
da es gewis ist, daß beim Mangel der peristaltischen
Bewegung, ein verstopfter Leib durch keine Gewalt des
Willens, durch kein Spazzirengehen, durch kein An-
strengen gehoben werden könne. Es hat hier das An-
sehn, als ob das schlüpfrige und vielfache Wesen des
Gedärms diesem Drukke ausweicht, um denselben klein
zu machen. Es behalten auch gemeiniglich, wenn die
Muskeln des Unterleibes zerschnitten werden, die Spei-
sen ihren Gang durch das Gedärme, so wie der Koth
gehörig ausgeworfen wird. Jch habe endlich noch ge-
sehen, daß beiderlei Bewegungen im Gedärm zu gleicher
Zeit Statt haben, und sich sehr wohl von einander un-
terscheiden lassen (c). Jch will nicht in Abrede seyn,
daß das Blut in den Gefäßen des Gekröses nicht durch
diese Kraft fortgetrieben, die Gefäße des Gedärmes
beim Ausatmen zusammengezogen (c*), und wärend
des Einatmens nachgelassen werden sollte, welches ge-

rade
(a) [Spaltenumbruch] PECQUET diss. anat. p. 78.
HAGUENOT Mem. de l' Acad.
1713. fin. PATHURST praelect.
p.
170. 171.
(b) S. ANDRE Phil. trans. n.
351. daß diese Muskeln nach einem
[Spaltenumbruch] voloulo hart gewesen. VATER
chordaps Cels.
(c) Exp. 368.
(c*) Exp. nostr. de respirat.
p.
300.
H 2

II. Abſchn. Verrichtungen des duͤnnen.
naͤmlich die Bewegung durch die Muſkeln, zu betrach-
ten uͤbrig.

Dieſe Bewegung holen einige beruͤhmte Maͤnner von
den Muſkeln des Unterleibes(a) und vom Zwerchfelle
her. Dieſe breite Muſkeln druͤkken auf das Gedaͤrme,
und treiben es gegen den Ruͤkkgrad und gegen das Bek-
ken hin, ja man lieſet, daß ſie bisweilen den Unterleib
ungemein verengert haben, wenn das Gedaͤrme leer ge-
weſen (b): doch es beweiſet auch das Vordringen des
Gedaͤrmes, welches aus einer Wunde des Unterleibes
mit groſſer Gewalt herausſchieſt, wie gros der Drukk
des Atemholens ſey. Jndeſſen darf man dieſen druͤk-
kenden Kraͤften doch nur eine geringe Kraft zuſchreiben,
da es gewis iſt, daß beim Mangel der periſtaltiſchen
Bewegung, ein verſtopfter Leib durch keine Gewalt des
Willens, durch kein Spazzirengehen, durch kein An-
ſtrengen gehoben werden koͤnne. Es hat hier das An-
ſehn, als ob das ſchluͤpfrige und vielfache Weſen des
Gedaͤrms dieſem Drukke ausweicht, um denſelben klein
zu machen. Es behalten auch gemeiniglich, wenn die
Muſkeln des Unterleibes zerſchnitten werden, die Spei-
ſen ihren Gang durch das Gedaͤrme, ſo wie der Koth
gehoͤrig ausgeworfen wird. Jch habe endlich noch ge-
ſehen, daß beiderlei Bewegungen im Gedaͤrm zu gleicher
Zeit Statt haben, und ſich ſehr wohl von einander un-
terſcheiden laſſen (c). Jch will nicht in Abrede ſeyn,
daß das Blut in den Gefaͤßen des Gekroͤſes nicht durch
dieſe Kraft fortgetrieben, die Gefaͤße des Gedaͤrmes
beim Ausatmen zuſammengezogen (c*), und waͤrend
des Einatmens nachgelaſſen werden ſollte, welches ge-

rade
(a) [Spaltenumbruch] PECQUET diſſ. anat. p. 78.
HAGUENOT Mém. de l’ Acad.
1713. fin. PATHURST prælect.
p.
170. 171.
(b) S. ANDRE Phil. tranſ. n.
351. daß dieſe Muſkeln nach einem
[Spaltenumbruch] voloulo hart geweſen. VATER
chordaps Celſ.
(c) Exp. 368.
(c*) Exp. noſtr. de reſpirat.
p.
300.
H 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0151" n="115"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Ab&#x017F;chn. Verrichtungen des du&#x0364;nnen.</hi></fw><lb/>
na&#x0364;mlich die Bewegung durch die Mu&#x017F;keln, zu betrach-<lb/>
ten u&#x0364;brig.</p><lb/>
              <p>Die&#x017F;e Bewegung holen einige beru&#x0364;hmte Ma&#x0364;nner von<lb/>
den Mu&#x017F;keln des Unterleibes<note place="foot" n="(a)"><cb/><hi rendition="#aq">PECQUET di&#x017F;&#x017F;. anat. p. 78.<lb/>
HAGUENOT Mém. de l&#x2019; Acad.<lb/>
1713. fin. PATHURST prælect.<lb/>
p.</hi> 170. 171.</note> und vom Zwerchfelle<lb/>
her. Die&#x017F;e breite Mu&#x017F;keln dru&#x0364;kken auf das Geda&#x0364;rme,<lb/>
und treiben es gegen den Ru&#x0364;kkgrad und gegen das Bek-<lb/>
ken hin, ja man lie&#x017F;et, daß &#x017F;ie bisweilen den Unterleib<lb/>
ungemein verengert haben, wenn das Geda&#x0364;rme leer ge-<lb/>
we&#x017F;en <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">S. ANDRE Phil. tran&#x017F;. n.</hi><lb/>
351. daß die&#x017F;e Mu&#x017F;keln nach einem<lb/><cb/> <hi rendition="#aq">voloulo</hi> hart gewe&#x017F;en. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">VATER</hi><lb/>
chordaps Cel&#x017F;.</hi></note>: doch es bewei&#x017F;et auch das Vordringen des<lb/>
Geda&#x0364;rmes, welches aus einer Wunde des Unterleibes<lb/>
mit gro&#x017F;&#x017F;er Gewalt heraus&#x017F;chie&#x017F;t, wie gros der Drukk<lb/>
des Atemholens &#x017F;ey. Jnde&#x017F;&#x017F;en darf man die&#x017F;en dru&#x0364;k-<lb/>
kenden Kra&#x0364;ften doch nur eine geringe Kraft zu&#x017F;chreiben,<lb/>
da es gewis i&#x017F;t, daß beim Mangel der peri&#x017F;talti&#x017F;chen<lb/>
Bewegung, ein ver&#x017F;topfter Leib durch keine Gewalt des<lb/>
Willens, durch kein Spazzirengehen, durch kein An-<lb/>
&#x017F;trengen gehoben werden ko&#x0364;nne. Es hat hier das An-<lb/>
&#x017F;ehn, als ob das &#x017F;chlu&#x0364;pfrige und vielfache We&#x017F;en des<lb/>
Geda&#x0364;rms die&#x017F;em Drukke ausweicht, um den&#x017F;elben klein<lb/>
zu machen. Es behalten auch gemeiniglich, wenn die<lb/>
Mu&#x017F;keln des Unterleibes zer&#x017F;chnitten werden, die Spei-<lb/>
&#x017F;en ihren Gang durch das Geda&#x0364;rme, &#x017F;o wie der Koth<lb/>
geho&#x0364;rig ausgeworfen wird. Jch habe endlich noch ge-<lb/>
&#x017F;ehen, daß beiderlei Bewegungen im Geda&#x0364;rm zu gleicher<lb/>
Zeit Statt haben, und &#x017F;ich &#x017F;ehr wohl von einander un-<lb/>
ter&#x017F;cheiden la&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">Exp.</hi> 368.</note>. Jch will nicht in Abrede &#x017F;eyn,<lb/>
daß das Blut in den Gefa&#x0364;ßen des Gekro&#x0364;&#x017F;es nicht durch<lb/>
die&#x017F;e Kraft fortgetrieben, die Gefa&#x0364;ße des Geda&#x0364;rmes<lb/>
beim Ausatmen zu&#x017F;ammengezogen <note place="foot" n="(c*)"><hi rendition="#aq">Exp. no&#x017F;tr. de re&#x017F;pirat.<lb/>
p.</hi> 300.</note>, und wa&#x0364;rend<lb/>
des Einatmens nachgela&#x017F;&#x017F;en werden &#x017F;ollte, welches ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H 2</fw><fw place="bottom" type="catch">rade</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0151] II. Abſchn. Verrichtungen des duͤnnen. naͤmlich die Bewegung durch die Muſkeln, zu betrach- ten uͤbrig. Dieſe Bewegung holen einige beruͤhmte Maͤnner von den Muſkeln des Unterleibes (a) und vom Zwerchfelle her. Dieſe breite Muſkeln druͤkken auf das Gedaͤrme, und treiben es gegen den Ruͤkkgrad und gegen das Bek- ken hin, ja man lieſet, daß ſie bisweilen den Unterleib ungemein verengert haben, wenn das Gedaͤrme leer ge- weſen (b): doch es beweiſet auch das Vordringen des Gedaͤrmes, welches aus einer Wunde des Unterleibes mit groſſer Gewalt herausſchieſt, wie gros der Drukk des Atemholens ſey. Jndeſſen darf man dieſen druͤk- kenden Kraͤften doch nur eine geringe Kraft zuſchreiben, da es gewis iſt, daß beim Mangel der periſtaltiſchen Bewegung, ein verſtopfter Leib durch keine Gewalt des Willens, durch kein Spazzirengehen, durch kein An- ſtrengen gehoben werden koͤnne. Es hat hier das An- ſehn, als ob das ſchluͤpfrige und vielfache Weſen des Gedaͤrms dieſem Drukke ausweicht, um denſelben klein zu machen. Es behalten auch gemeiniglich, wenn die Muſkeln des Unterleibes zerſchnitten werden, die Spei- ſen ihren Gang durch das Gedaͤrme, ſo wie der Koth gehoͤrig ausgeworfen wird. Jch habe endlich noch ge- ſehen, daß beiderlei Bewegungen im Gedaͤrm zu gleicher Zeit Statt haben, und ſich ſehr wohl von einander un- terſcheiden laſſen (c). Jch will nicht in Abrede ſeyn, daß das Blut in den Gefaͤßen des Gekroͤſes nicht durch dieſe Kraft fortgetrieben, die Gefaͤße des Gedaͤrmes beim Ausatmen zuſammengezogen (c*), und waͤrend des Einatmens nachgelaſſen werden ſollte, welches ge- rade (a) PECQUET diſſ. anat. p. 78. HAGUENOT Mém. de l’ Acad. 1713. fin. PATHURST prælect. p. 170. 171. (b) S. ANDRE Phil. tranſ. n. 351. daß dieſe Muſkeln nach einem voloulo hart geweſen. VATER chordaps Celſ. (c) Exp. 368. (c*) Exp. noſtr. de reſpirat. p. 300. H 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/151
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/151>, abgerufen am 25.04.2024.