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Haeckel, Ernst: Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellenerzeugung der Lebenstheilchen. Berlin, 1876.

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Verlaufe des Wachsthums vorausgehen. Warum ich den
Ausdruck "Vereinigung" gebrauche, wird sich zeigen,
wenn wir die directe Einwirkung des Pollens auf die Ge¬
webe der Mutterpflanze erörtern. Es wird angenommen,
dass Keimchen von jeder Einheit oder Zelle nicht blos
während ihres erwachsenen Zustandes abgegeben werden,
sondern auch während jedes Entwickelungszustandes eines
jeden Organismus; aber nicht nothwendig während der
fortgesetzten Existenz derselben Zelle. Endlich nehme ich
an, dass die Keimchen in ihrem schlummernden Zustande
eine gegenseitige Verwandtschaft zu einander haben, welche
zu ihrer Anhäufung entweder zu Knospen oder zu Sexual-
Elementen führt. Daher sind es nicht die Geschlechts-
Organe oder die Knospen, welche neue Organismen erzeugen,
sondern die Einheiten oder Zellen, aus denen jedes Indi¬
viduum zusammengesetzt ist."

Dies ist mit kurzen Worten die "Provisorische Hypothese
der Pangenesis" von Charles Darwin. Ihre ausführliche
Auseinandersetzung und Begründung, ihre Anwendung auf
die verschiedenen Haupterscheinungen der organischen
Entwickelung und namentlich ihre Benutzung zur Erklärung
der Vererbungs- und Anpassungs-Phänomene ist in dem
Original-Werke selbst nachzusehen; einem Werke, welches
durch die fleissige Zusammenstellung und kritische Sichtung
eines unendlich reichen Beobachtungs-Materials, wie durch
die geniale Auffassung und klare Darlegung desselben uns
den grossen britischen Forscher in seiner ganzen Be¬
deutung zeigt.

Charles Darwin selbst hat seine "Hypothese der Pan¬
genesis" von Anfang an als eine provisorische bezeichnet,

Verlaufe des Wachsthums vorausgehen. Warum ich den
Ausdruck „Vereinigung“ gebrauche, wird sich zeigen,
wenn wir die directe Einwirkung des Pollens auf die Ge¬
webe der Mutterpflanze erörtern. Es wird angenommen,
dass Keimchen von jeder Einheit oder Zelle nicht blos
während ihres erwachsenen Zustandes abgegeben werden,
sondern auch während jedes Entwickelungszustandes eines
jeden Organismus; aber nicht nothwendig während der
fortgesetzten Existenz derselben Zelle. Endlich nehme ich
an, dass die Keimchen in ihrem schlummernden Zustande
eine gegenseitige Verwandtschaft zu einander haben, welche
zu ihrer Anhäufung entweder zu Knospen oder zu Sexual-
Elementen führt. Daher sind es nicht die Geschlechts-
Organe oder die Knospen, welche neue Organismen erzeugen,
sondern die Einheiten oder Zellen, aus denen jedes Indi¬
viduum zusammengesetzt ist.“

Dies ist mit kurzen Worten die „Provisorische Hypothese
der Pangenesis“ von Charles Darwin. Ihre ausführliche
Auseinandersetzung und Begründung, ihre Anwendung auf
die verschiedenen Haupterscheinungen der organischen
Entwickelung und namentlich ihre Benutzung zur Erklärung
der Vererbungs- und Anpassungs-Phänomene ist in dem
Original-Werke selbst nachzusehen; einem Werke, welches
durch die fleissige Zusammenstellung und kritische Sichtung
eines unendlich reichen Beobachtungs-Materials, wie durch
die geniale Auffassung und klare Darlegung desselben uns
den grossen britischen Forscher in seiner ganzen Be¬
deutung zeigt.

Charles Darwin selbst hat seine „Hypothese der Pan¬
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[15/0021] Verlaufe des Wachsthums vorausgehen. Warum ich den Ausdruck „Vereinigung“ gebrauche, wird sich zeigen, wenn wir die directe Einwirkung des Pollens auf die Ge¬ webe der Mutterpflanze erörtern. Es wird angenommen, dass Keimchen von jeder Einheit oder Zelle nicht blos während ihres erwachsenen Zustandes abgegeben werden, sondern auch während jedes Entwickelungszustandes eines jeden Organismus; aber nicht nothwendig während der fortgesetzten Existenz derselben Zelle. Endlich nehme ich an, dass die Keimchen in ihrem schlummernden Zustande eine gegenseitige Verwandtschaft zu einander haben, welche zu ihrer Anhäufung entweder zu Knospen oder zu Sexual- Elementen führt. Daher sind es nicht die Geschlechts- Organe oder die Knospen, welche neue Organismen erzeugen, sondern die Einheiten oder Zellen, aus denen jedes Indi¬ viduum zusammengesetzt ist.“ Dies ist mit kurzen Worten die „Provisorische Hypothese der Pangenesis“ von Charles Darwin. Ihre ausführliche Auseinandersetzung und Begründung, ihre Anwendung auf die verschiedenen Haupterscheinungen der organischen Entwickelung und namentlich ihre Benutzung zur Erklärung der Vererbungs- und Anpassungs-Phänomene ist in dem Original-Werke selbst nachzusehen; einem Werke, welches durch die fleissige Zusammenstellung und kritische Sichtung eines unendlich reichen Beobachtungs-Materials, wie durch die geniale Auffassung und klare Darlegung desselben uns den grossen britischen Forscher in seiner ganzen Be¬ deutung zeigt. Charles Darwin selbst hat seine „Hypothese der Pan¬ genesis“ von Anfang an als eine provisorische bezeichnet,

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellenerzeugung der Lebenstheilchen. Berlin, 1876, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_plastidule_1876/21>, abgerufen am 25.04.2024.