Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haeckel, Ernst: Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellenerzeugung der Lebenstheilchen. Berlin, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

Hypothese der Pangenesis" aufstellte. Es geschah
dies im zweiten Bande des werthvollen Werkes über "das
Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Do¬
mestication" (27. Capitel). In der kürzlich erschienenen
zweiten Auflage dieses Werkes (1875) hat Darwin seine
Pangenesis-Hypothese noch ausführlicher und mit einigen
Modificationen vorgetragen, und ich gebe hier zunächst
ihren Kern mit denselben Worten, mit denen sie ihr Be¬
gründer daselbst zusammenfasst (Vol. II. p. 369). "Es
wird allgemein zugegeben, dass die Zellen oder Einheiten
des Körpers sich durch Selbsttheilung oder Knospung
vermehren, wobei sie dieselbe Natur beibehalten; und dass
sie schliesslich in die verschiedenen Gewebe und Substanzen
des Körpers verwandelt werden. Aber ausser diesen Ver¬
mehrungsweisen nehme ich an, dass die Einheiten (oder
Zellen) kleine Körnchen abgeben, welche durch das ganze
System (des Körpers) zerstreut werden; dass diese, wenn
sie mit gehöriger Nahrung versorgt werden, sich durch
Selbsttheilung vervielfältigen, und schliesslich zu Einheiten
(oder Zellen) entwickelt werden, gleich denen, von denen
sie ursprünglich abgeleitet sind. Diese Körnchen können
"Keimchen" (oder "Gemmules") genannt werden. Sie
sammeln sich aus allen Theilen des Körpers, um die Ge¬
schlechtselemente zusammenzusetzen, und ihre Entwickelung
in der nächsten Generation bildet ein neues Wesen; aber
sie sind gleicherweise auch fähig, in einem schlummernden
Zustande an künftige Generationen überliefert und dann
erst entwickelt zu werden. Ihre Entwickelung hängt ab
von ihrer Vereinigung mit anderen, theilweise entwickelten
oder entstehenden Zellen, welche ihnen im regelmässigen

Hypothese der Pangenesis“ aufstellte. Es geschah
dies im zweiten Bande des werthvollen Werkes über „das
Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Do¬
mestication“ (27. Capitel). In der kürzlich erschienenen
zweiten Auflage dieses Werkes (1875) hat Darwin seine
Pangenesis-Hypothese noch ausführlicher und mit einigen
Modificationen vorgetragen, und ich gebe hier zunächst
ihren Kern mit denselben Worten, mit denen sie ihr Be¬
gründer daselbst zusammenfasst (Vol. II. p. 369). „Es
wird allgemein zugegeben, dass die Zellen oder Einheiten
des Körpers sich durch Selbsttheilung oder Knospung
vermehren, wobei sie dieselbe Natur beibehalten; und dass
sie schliesslich in die verschiedenen Gewebe und Substanzen
des Körpers verwandelt werden. Aber ausser diesen Ver¬
mehrungsweisen nehme ich an, dass die Einheiten (oder
Zellen) kleine Körnchen abgeben, welche durch das ganze
System (des Körpers) zerstreut werden; dass diese, wenn
sie mit gehöriger Nahrung versorgt werden, sich durch
Selbsttheilung vervielfältigen, und schliesslich zu Einheiten
(oder Zellen) entwickelt werden, gleich denen, von denen
sie ursprünglich abgeleitet sind. Diese Körnchen können
„Keimchen“ (oder „Gemmules“) genannt werden. Sie
sammeln sich aus allen Theilen des Körpers, um die Ge¬
schlechtselemente zusammenzusetzen, und ihre Entwickelung
in der nächsten Generation bildet ein neues Wesen; aber
sie sind gleicherweise auch fähig, in einem schlummernden
Zustande an künftige Generationen überliefert und dann
erst entwickelt zu werden. Ihre Entwickelung hängt ab
von ihrer Vereinigung mit anderen, theilweise entwickelten
oder entstehenden Zellen, welche ihnen im regelmässigen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><hi rendition="#g"><pb facs="#f0020" n="14"/>
Hypothese der Pangenesis</hi>&#x201C; aufstellte. Es geschah<lb/>
dies im zweiten Bande des werthvollen Werkes über &#x201E;das<lb/>
Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Do¬<lb/>
mestication&#x201C; (27. Capitel). In der kürzlich erschienenen<lb/>
zweiten Auflage dieses Werkes (1875) hat <hi rendition="#i">Darwin</hi> seine<lb/>
Pangenesis-Hypothese noch ausführlicher und mit einigen<lb/>
Modificationen vorgetragen, und ich gebe hier zunächst<lb/>
ihren Kern mit denselben Worten, mit denen sie ihr Be¬<lb/>
gründer daselbst zusammenfasst (Vol. II. p. 369). &#x201E;Es<lb/>
wird allgemein zugegeben, dass die Zellen oder Einheiten<lb/>
des Körpers sich durch Selbsttheilung oder Knospung<lb/>
vermehren, wobei sie dieselbe Natur beibehalten; und dass<lb/>
sie schliesslich in die verschiedenen Gewebe und Substanzen<lb/>
des Körpers verwandelt werden. Aber ausser diesen Ver¬<lb/>
mehrungsweisen nehme ich an, dass die Einheiten (oder<lb/>
Zellen) kleine Körnchen abgeben, welche durch das ganze<lb/>
System (des Körpers) zerstreut werden; dass diese, wenn<lb/>
sie mit gehöriger Nahrung versorgt werden, sich durch<lb/>
Selbsttheilung vervielfältigen, und schliesslich zu Einheiten<lb/>
(oder Zellen) entwickelt werden, gleich denen, von denen<lb/>
sie ursprünglich abgeleitet sind. Diese Körnchen können<lb/>
&#x201E;Keimchen&#x201C; (oder &#x201E;Gemmules&#x201C;) genannt werden. Sie<lb/>
sammeln sich aus allen Theilen des Körpers, um die Ge¬<lb/>
schlechtselemente zusammenzusetzen, und ihre Entwickelung<lb/>
in der nächsten Generation bildet ein neues Wesen; aber<lb/>
sie sind gleicherweise auch fähig, in einem schlummernden<lb/>
Zustande an künftige Generationen überliefert und dann<lb/>
erst entwickelt zu werden. Ihre Entwickelung hängt ab<lb/>
von ihrer Vereinigung mit anderen, theilweise entwickelten<lb/>
oder entstehenden Zellen, welche ihnen im regelmässigen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0020] Hypothese der Pangenesis“ aufstellte. Es geschah dies im zweiten Bande des werthvollen Werkes über „das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Do¬ mestication“ (27. Capitel). In der kürzlich erschienenen zweiten Auflage dieses Werkes (1875) hat Darwin seine Pangenesis-Hypothese noch ausführlicher und mit einigen Modificationen vorgetragen, und ich gebe hier zunächst ihren Kern mit denselben Worten, mit denen sie ihr Be¬ gründer daselbst zusammenfasst (Vol. II. p. 369). „Es wird allgemein zugegeben, dass die Zellen oder Einheiten des Körpers sich durch Selbsttheilung oder Knospung vermehren, wobei sie dieselbe Natur beibehalten; und dass sie schliesslich in die verschiedenen Gewebe und Substanzen des Körpers verwandelt werden. Aber ausser diesen Ver¬ mehrungsweisen nehme ich an, dass die Einheiten (oder Zellen) kleine Körnchen abgeben, welche durch das ganze System (des Körpers) zerstreut werden; dass diese, wenn sie mit gehöriger Nahrung versorgt werden, sich durch Selbsttheilung vervielfältigen, und schliesslich zu Einheiten (oder Zellen) entwickelt werden, gleich denen, von denen sie ursprünglich abgeleitet sind. Diese Körnchen können „Keimchen“ (oder „Gemmules“) genannt werden. Sie sammeln sich aus allen Theilen des Körpers, um die Ge¬ schlechtselemente zusammenzusetzen, und ihre Entwickelung in der nächsten Generation bildet ein neues Wesen; aber sie sind gleicherweise auch fähig, in einem schlummernden Zustande an künftige Generationen überliefert und dann erst entwickelt zu werden. Ihre Entwickelung hängt ab von ihrer Vereinigung mit anderen, theilweise entwickelten oder entstehenden Zellen, welche ihnen im regelmässigen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_plastidule_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_plastidule_1876/20
Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellenerzeugung der Lebenstheilchen. Berlin, 1876, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_plastidule_1876/20>, abgerufen am 19.04.2024.