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Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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schlag zum vollen Galopp an. Metern finsterer Geist hing er auf den weißen Pferden, sein schwarzer Mantel flatterte um ihn, sein langes Haar flog zurück, und die leichte Kalesche beschrieb auf der Landstraße immerfort eine Schlangenlinie; bald rechts, bald links flog der Hinterwagen, der Husar auf dem Bock hielt sich erstaunt an der Seitenlehne, und Häuser, Bäume, Brückengeländer und Wegsteine schienen eilfertig und entsetzt vorbei zu huschen. In weniger als einer Stunde hatten sie die Station zurückgelegt, und vor ihnen durch die Nacht glänzte ein einsames Licht aus dem ersten Hause don Casal Pusterlengo.

Das Posthaus lag jenseits des Dorfes an einer Anhöhe, welche mit Maulbeerbäumen und Reben bedeckt, sich dicht an die hintere Seite des kleinen Wohnhauses schmiegte. Die Posthalterei selbst und die Stallgebäude lagen etwas abseits, und obgleich der Postillion von Lodi, während er durch den stillen Ort fuhr, ein Übermögliches gethan mit Peitschenknallen und lauten Hallohs, so sah man doch, nachdem die Kalesche schon eine ziemliche Zeit vor den Stallungen hielt, auch noch nicht das geringste Zeichen von Leben in denselben. Erst nachdem der Postillion und der Husar, jener mit der Peitsche, dieser mit dem Säbel, die Stallthüre eine Zeitlang angelegentlich bearbeitet hatten, bemerkte man, daß in einer Dachkammer Feuer angeschlagen wurde. Bald darauf wurde ein Kopf mit zerzausten Haaren oben sichtbar, und nachdem sich der Hinauslugende über-

schlag zum vollen Galopp an. Metern finsterer Geist hing er auf den weißen Pferden, sein schwarzer Mantel flatterte um ihn, sein langes Haar flog zurück, und die leichte Kalesche beschrieb auf der Landstraße immerfort eine Schlangenlinie; bald rechts, bald links flog der Hinterwagen, der Husar auf dem Bock hielt sich erstaunt an der Seitenlehne, und Häuser, Bäume, Brückengeländer und Wegsteine schienen eilfertig und entsetzt vorbei zu huschen. In weniger als einer Stunde hatten sie die Station zurückgelegt, und vor ihnen durch die Nacht glänzte ein einsames Licht aus dem ersten Hause don Casal Pusterlengo.

Das Posthaus lag jenseits des Dorfes an einer Anhöhe, welche mit Maulbeerbäumen und Reben bedeckt, sich dicht an die hintere Seite des kleinen Wohnhauses schmiegte. Die Posthalterei selbst und die Stallgebäude lagen etwas abseits, und obgleich der Postillion von Lodi, während er durch den stillen Ort fuhr, ein Übermögliches gethan mit Peitschenknallen und lauten Hallohs, so sah man doch, nachdem die Kalesche schon eine ziemliche Zeit vor den Stallungen hielt, auch noch nicht das geringste Zeichen von Leben in denselben. Erst nachdem der Postillion und der Husar, jener mit der Peitsche, dieser mit dem Säbel, die Stallthüre eine Zeitlang angelegentlich bearbeitet hatten, bemerkte man, daß in einer Dachkammer Feuer angeschlagen wurde. Bald darauf wurde ein Kopf mit zerzausten Haaren oben sichtbar, und nachdem sich der Hinauslugende über-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T10:37:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T10:37:05Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hacklaender_naechte_1910/18>, abgerufen am 18.04.2024.