Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Ada dachte sogar an einen förmlichen Ausritt durch die Budenreihen im phantastischen Costüme mit hinausgeworfenen Bonbons, Geldmünzen und ähnlicher Wildheit.

Gräfin Constanze mußte ihr solche Extravaganzen untersagen. Diese faßte den Plan nach ihrer Weise. Sie wollte Menschen glücklich machen, Verkäufer und solche, denen sie das Eingekaufte schenkte. Die ehrwürdige Matrone füllte am Tage der wirklichen Ausführung dieses Plans ihr Portemonnaie reichlich mit Geld. Sie hatte Hochlindner genug, denen sie mit Tand, und noch mehr, denen sie mit nützlichen Dingen Freude machte. Auf dem Lande nimmt man mit kleinen Ereignissen fürlieb! Ein Jahrmarkt, eine Kirchweih - es sind Weltbegebenheiten! Kommt gar ein Kunstreiter durch's Dorf, eine Zigeunerbande läßt sich nieder und fordert die kupfernen Pfannen zum frischen Löthen zusammen und bettelt um den bei den Zigeunern unerläßlichen Tribut an "Schmalz", oder es tönt auch nur ein Orgelkasten unter unseren Fenstern, so hängt man auf dem Lande wieder mit dem Leben der Zeitgenossen zusammen und hat Fühlung mit dem Jahrhundert!

In den beiden aufgeschlagenen Equipagen, die jedoch zum Schließen eingerichtet waren, da es zu regnen drohte, was von den Landleuten schon wieder für den

Ada dachte sogar an einen förmlichen Ausritt durch die Budenreihen im phantastischen Costüme mit hinausgeworfenen Bonbons, Geldmünzen und ähnlicher Wildheit.

Gräfin Constanze mußte ihr solche Extravaganzen untersagen. Diese faßte den Plan nach ihrer Weise. Sie wollte Menschen glücklich machen, Verkäufer und solche, denen sie das Eingekaufte schenkte. Die ehrwürdige Matrone füllte am Tage der wirklichen Ausführung dieses Plans ihr Portemonnaie reichlich mit Geld. Sie hatte Hochlindner genug, denen sie mit Tand, und noch mehr, denen sie mit nützlichen Dingen Freude machte. Auf dem Lande nimmt man mit kleinen Ereignissen fürlieb! Ein Jahrmarkt, eine Kirchweih – es sind Weltbegebenheiten! Kommt gar ein Kunstreiter durch’s Dorf, eine Zigeunerbande läßt sich nieder und fordert die kupfernen Pfannen zum frischen Löthen zusammen und bettelt um den bei den Zigeunern unerläßlichen Tribut an „Schmalz“, oder es tönt auch nur ein Orgelkasten unter unseren Fenstern, so hängt man auf dem Lande wieder mit dem Leben der Zeitgenossen zusammen und hat Fühlung mit dem Jahrhundert!

In den beiden aufgeschlagenen Equipagen, die jedoch zum Schließen eingerichtet waren, da es zu regnen drohte, was von den Landleuten schon wieder für den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0009" n="3"/>
        <p> Ada dachte sogar an einen förmlichen Ausritt durch die Budenreihen im phantastischen Costüme mit hinausgeworfenen Bonbons, Geldmünzen und ähnlicher Wildheit.</p>
        <p>Gräfin Constanze mußte ihr solche Extravaganzen untersagen. Diese faßte den Plan nach ihrer Weise. Sie wollte Menschen glücklich machen, Verkäufer und solche, denen sie das Eingekaufte schenkte. Die ehrwürdige Matrone füllte am Tage der wirklichen Ausführung dieses Plans ihr Portemonnaie reichlich mit Geld. Sie hatte Hochlindner genug, denen sie mit Tand, und noch mehr, denen sie mit nützlichen Dingen Freude machte. Auf dem Lande nimmt man mit kleinen Ereignissen fürlieb! Ein Jahrmarkt, eine Kirchweih &#x2013; es sind Weltbegebenheiten! Kommt gar ein Kunstreiter durch&#x2019;s Dorf, eine Zigeunerbande läßt sich nieder und fordert die kupfernen Pfannen zum frischen Löthen zusammen und bettelt um den bei den Zigeunern unerläßlichen Tribut an &#x201E;Schmalz&#x201C;, oder es tönt auch nur ein Orgelkasten unter unseren Fenstern, so hängt man auf dem Lande wieder mit dem Leben der Zeitgenossen zusammen und hat Fühlung mit dem Jahrhundert!</p>
        <p>In den beiden aufgeschlagenen Equipagen, die jedoch zum Schließen eingerichtet waren, da es zu regnen drohte, was von den Landleuten schon wieder für den
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0009] Ada dachte sogar an einen förmlichen Ausritt durch die Budenreihen im phantastischen Costüme mit hinausgeworfenen Bonbons, Geldmünzen und ähnlicher Wildheit. Gräfin Constanze mußte ihr solche Extravaganzen untersagen. Diese faßte den Plan nach ihrer Weise. Sie wollte Menschen glücklich machen, Verkäufer und solche, denen sie das Eingekaufte schenkte. Die ehrwürdige Matrone füllte am Tage der wirklichen Ausführung dieses Plans ihr Portemonnaie reichlich mit Geld. Sie hatte Hochlindner genug, denen sie mit Tand, und noch mehr, denen sie mit nützlichen Dingen Freude machte. Auf dem Lande nimmt man mit kleinen Ereignissen fürlieb! Ein Jahrmarkt, eine Kirchweih – es sind Weltbegebenheiten! Kommt gar ein Kunstreiter durch’s Dorf, eine Zigeunerbande läßt sich nieder und fordert die kupfernen Pfannen zum frischen Löthen zusammen und bettelt um den bei den Zigeunern unerläßlichen Tribut an „Schmalz“, oder es tönt auch nur ein Orgelkasten unter unseren Fenstern, so hängt man auf dem Lande wieder mit dem Leben der Zeitgenossen zusammen und hat Fühlung mit dem Jahrhundert! In den beiden aufgeschlagenen Equipagen, die jedoch zum Schließen eingerichtet waren, da es zu regnen drohte, was von den Landleuten schon wieder für den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T11:57:26Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T11:57:26Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-3<a>) (2014-02-19T11:57:26Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/9
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/9>, abgerufen am 24.04.2024.