Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Seltne Menschen! Seltne Menschen! brummte Einer oder der Andere in den Bart.

Auf dem Gebiet des Ideals ist das Herrlichste möglich, bemerkte der Rector mit schneidender Ironie, wenn die individuellen Bedingungen es ausfüllen.

Seltne Menschen! Seltne Menschen! murmelte man wieder. Man war sich des Gefühls der menschlichen Schwäche bewußt; Niemand aber wagte, die Schwäche zu vertheidigen.

Triesel, der das Zerstören auch seiner Bilder befürchtete, ergriff wieder das Wort. Schade, sagte er, daß Graf Udo abgereist ist. Bei seiner Anwesenheit wäre das nicht geschehen. Es ist die ihr entzogen gewesene Abendstunde, die jene Frau so zornig gemacht hat. Der Pfarrer Merkus soll bei dem ganzen Vorgang betheiligt sein. Die Vorspiegelung des Grafen, er brächte seine Abende auf dem Casino zu, war allerdings stark. Das gebe ich zu. Vielleicht hätte das Eingeständniß zur rechten Zeit die Dame milder gestimmt. Als Mitwisserin des Geheimnisses hätte sie es vielleicht anders beurtheilt. Graf Wilhelm war Voltairianer, ein ganz respectabler Freigeist.

Obschon Gerichtsrath Eller den schönen Muth der Juristen besaß, jeder noch so bedenklich sich anlassenden Frage wie ein Ritter dem Lindwurm gegenüber oder

Seltne Menschen! Seltne Menschen! brummte Einer oder der Andere in den Bart.

Auf dem Gebiet des Ideals ist das Herrlichste möglich, bemerkte der Rector mit schneidender Ironie, wenn die individuellen Bedingungen es ausfüllen.

Seltne Menschen! Seltne Menschen! murmelte man wieder. Man war sich des Gefühls der menschlichen Schwäche bewußt; Niemand aber wagte, die Schwäche zu vertheidigen.

Triesel, der das Zerstören auch seiner Bilder befürchtete, ergriff wieder das Wort. Schade, sagte er, daß Graf Udo abgereist ist. Bei seiner Anwesenheit wäre das nicht geschehen. Es ist die ihr entzogen gewesene Abendstunde, die jene Frau so zornig gemacht hat. Der Pfarrer Merkus soll bei dem ganzen Vorgang betheiligt sein. Die Vorspiegelung des Grafen, er brächte seine Abende auf dem Casino zu, war allerdings stark. Das gebe ich zu. Vielleicht hätte das Eingeständniß zur rechten Zeit die Dame milder gestimmt. Als Mitwisserin des Geheimnisses hätte sie es vielleicht anders beurtheilt. Graf Wilhelm war Voltairianer, ein ganz respectabler Freigeist.

Obschon Gerichtsrath Eller den schönen Muth der Juristen besaß, jeder noch so bedenklich sich anlassenden Frage wie ein Ritter dem Lindwurm gegenüber oder

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0305" n="299"/>
        <p> Seltne Menschen! Seltne Menschen! brummte Einer oder der Andere in den Bart.</p>
        <p>Auf dem Gebiet des Ideals ist das Herrlichste möglich, bemerkte der Rector mit schneidender Ironie, wenn die individuellen Bedingungen es ausfüllen.</p>
        <p>Seltne Menschen! Seltne Menschen! murmelte man wieder. Man war sich des Gefühls der menschlichen Schwäche bewußt; Niemand aber wagte, die Schwäche zu vertheidigen.</p>
        <p>Triesel, der das Zerstören auch seiner Bilder befürchtete, ergriff wieder das Wort. Schade, sagte er, daß Graf Udo abgereist ist. Bei seiner Anwesenheit wäre das nicht geschehen. Es ist die ihr entzogen gewesene Abendstunde, die jene Frau so zornig gemacht hat. Der Pfarrer Merkus soll bei dem ganzen Vorgang betheiligt sein. Die Vorspiegelung des Grafen, er brächte seine Abende auf dem Casino zu, war allerdings stark. Das gebe ich zu. Vielleicht hätte das Eingeständniß zur rechten Zeit die Dame milder gestimmt. Als Mitwisserin des Geheimnisses hätte sie es vielleicht anders beurtheilt. Graf Wilhelm war Voltairianer, ein ganz respectabler Freigeist.</p>
        <p>Obschon Gerichtsrath Eller den schönen Muth der Juristen besaß, jeder noch so bedenklich sich anlassenden Frage wie ein Ritter dem Lindwurm gegenüber oder
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[299/0305] Seltne Menschen! Seltne Menschen! brummte Einer oder der Andere in den Bart. Auf dem Gebiet des Ideals ist das Herrlichste möglich, bemerkte der Rector mit schneidender Ironie, wenn die individuellen Bedingungen es ausfüllen. Seltne Menschen! Seltne Menschen! murmelte man wieder. Man war sich des Gefühls der menschlichen Schwäche bewußt; Niemand aber wagte, die Schwäche zu vertheidigen. Triesel, der das Zerstören auch seiner Bilder befürchtete, ergriff wieder das Wort. Schade, sagte er, daß Graf Udo abgereist ist. Bei seiner Anwesenheit wäre das nicht geschehen. Es ist die ihr entzogen gewesene Abendstunde, die jene Frau so zornig gemacht hat. Der Pfarrer Merkus soll bei dem ganzen Vorgang betheiligt sein. Die Vorspiegelung des Grafen, er brächte seine Abende auf dem Casino zu, war allerdings stark. Das gebe ich zu. Vielleicht hätte das Eingeständniß zur rechten Zeit die Dame milder gestimmt. Als Mitwisserin des Geheimnisses hätte sie es vielleicht anders beurtheilt. Graf Wilhelm war Voltairianer, ein ganz respectabler Freigeist. Obschon Gerichtsrath Eller den schönen Muth der Juristen besaß, jeder noch so bedenklich sich anlassenden Frage wie ein Ritter dem Lindwurm gegenüber oder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T11:57:26Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T11:57:26Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-3<a>) (2014-02-19T11:57:26Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/305
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/305>, abgerufen am 16.04.2024.