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Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.

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Raimund schwieg. Seine Gedanken konnten nicht mehr folgen. Wolny versuchte erst die eben gebrachte Suppe. Raimund aß nur einige Löffel, dann widerstand ihm Alles. Auch das Uebrige, sogar zartes Geflügel. Wolny ließ einen Wagen kommen.

Einen offenen! sagte Raimund mit heiserem Tone, Luft curirt am Besten! Aber - bat er nach einer langen Pause des Sammelns und auf die Lehne gestützt - meiner Schwester kein Wort!

Wenn Sie dafür sorgen, daß Sie keinen Rückfall erleiden! Und Sie können das, Ehlerdt! Haben Sie doch nur einen festen Willen!

Wären die Thatsachen nur andre -! antwortete er schon wieder bewegt.

Lassen Sie die Schwere derselben nicht zu sehr auf sich wirken! Entziehen Sie sich ihrer Wucht durch Gleichgültigkeit für die Verhängnisse, die unsern Wünschen, unsern Gelüsten zu Theil werden! Ach, wie Vieles ist so schön im Leben! Und dennoch hat es einen Wurm in sich! Gewöhnen Sie sich an ein unendlich theuerwerthes Wort, ob auch tausendstimmiges Gelächter um Sie her darüber erschallt, an die Reue -! Die Reue ist es allein, die ein Martyrium tragen lernen kann!

Raimund schwieg. Seine Gedanken konnten nicht mehr folgen. Wolny versuchte erst die eben gebrachte Suppe. Raimund aß nur einige Löffel, dann widerstand ihm Alles. Auch das Uebrige, sogar zartes Geflügel. Wolny ließ einen Wagen kommen.

Einen offenen! sagte Raimund mit heiserem Tone, Luft curirt am Besten! Aber – bat er nach einer langen Pause des Sammelns und auf die Lehne gestützt – meiner Schwester kein Wort!

Wenn Sie dafür sorgen, daß Sie keinen Rückfall erleiden! Und Sie können das, Ehlerdt! Haben Sie doch nur einen festen Willen!

Wären die Thatsachen nur andre –! antwortete er schon wieder bewegt.

Lassen Sie die Schwere derselben nicht zu sehr auf sich wirken! Entziehen Sie sich ihrer Wucht durch Gleichgültigkeit für die Verhängnisse, die unsern Wünschen, unsern Gelüsten zu Theil werden! Ach, wie Vieles ist so schön im Leben! Und dennoch hat es einen Wurm in sich! Gewöhnen Sie sich an ein unendlich theuerwerthes Wort, ob auch tausendstimmiges Gelächter um Sie her darüber erschallt, an die Reue –! Die Reue ist es allein, die ein Martyrium tragen lernen kann!

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[232/0238] Raimund schwieg. Seine Gedanken konnten nicht mehr folgen. Wolny versuchte erst die eben gebrachte Suppe. Raimund aß nur einige Löffel, dann widerstand ihm Alles. Auch das Uebrige, sogar zartes Geflügel. Wolny ließ einen Wagen kommen. Einen offenen! sagte Raimund mit heiserem Tone, Luft curirt am Besten! Aber – bat er nach einer langen Pause des Sammelns und auf die Lehne gestützt – meiner Schwester kein Wort! Wenn Sie dafür sorgen, daß Sie keinen Rückfall erleiden! Und Sie können das, Ehlerdt! Haben Sie doch nur einen festen Willen! Wären die Thatsachen nur andre –! antwortete er schon wieder bewegt. Lassen Sie die Schwere derselben nicht zu sehr auf sich wirken! Entziehen Sie sich ihrer Wucht durch Gleichgültigkeit für die Verhängnisse, die unsern Wünschen, unsern Gelüsten zu Theil werden! Ach, wie Vieles ist so schön im Leben! Und dennoch hat es einen Wurm in sich! Gewöhnen Sie sich an ein unendlich theuerwerthes Wort, ob auch tausendstimmiges Gelächter um Sie her darüber erschallt, an die Reue –! Die Reue ist es allein, die ein Martyrium tragen lernen kann!

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/238>, abgerufen am 28.03.2024.