Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Rechenschaft über die sociale Bewegung haben wollten! Ich konnte die Frage nicht wie eine Charade lösen und wurde darüber wütend! Drängeln, drängeln, drängeln! Weiter weiß ich Nichts, schrie ich, wobei ich allerdings viel getrunken hatte -

Sieh'! Sieh'! sagte Wolny ohne alle Bitterkeit. Merkwürdig, als Sie einsahen, daß die sociale Frage ein reiner Schwindel der Faulheit, der Arbeitsscheu und einiger verrückten jüdischen Rabbinen, Marx und Heß, ist. Dem Verlangen, daß man mehr verdiene, kommt man ja gern entgegen! Aber was Ihr sonst begehrt - versucht doch einmal Associationen mit geliehenem Capital! In zwei Jahren löst sich der Versuch auf. Der Kassirer brennt mit der Kasse durch. Der Ausschuß verliert seine Autorität - und wehe uns, wenn wir toll genug wären, mit der Gesellschaft Experimente zu machen! Der Staat soll Jedem geben! Eine Buchhalterei soll bis in's Unendliche geführt werden! Welcher Unsinn! Und wo eben aller Reiz, aller Trieb, aller Sporn und Stachel zum Unternehmen aufhören würden! Die Ichsucht ist die Erhalterin des Ganzen! Es giebt nur eine Tendenz, die Europa zu verfolgen hat, die auf den Frieden und die Verminderung der Heere. Die allgemeine Wehrpflicht, die ist ohne die Bürgschaften einer aufrichtig festgehaltenen idealen Haltung im Volke, unser einziges Verderben -!

Rechenschaft über die sociale Bewegung haben wollten! Ich konnte die Frage nicht wie eine Charade lösen und wurde darüber wütend! Drängeln, drängeln, drängeln! Weiter weiß ich Nichts, schrie ich, wobei ich allerdings viel getrunken hatte –

Sieh’! Sieh’! sagte Wolny ohne alle Bitterkeit. Merkwürdig, als Sie einsahen, daß die sociale Frage ein reiner Schwindel der Faulheit, der Arbeitsscheu und einiger verrückten jüdischen Rabbinen, Marx und Heß, ist. Dem Verlangen, daß man mehr verdiene, kommt man ja gern entgegen! Aber was Ihr sonst begehrt – versucht doch einmal Associationen mit geliehenem Capital! In zwei Jahren löst sich der Versuch auf. Der Kassirer brennt mit der Kasse durch. Der Ausschuß verliert seine Autorität – und wehe uns, wenn wir toll genug wären, mit der Gesellschaft Experimente zu machen! Der Staat soll Jedem geben! Eine Buchhalterei soll bis in’s Unendliche geführt werden! Welcher Unsinn! Und wo eben aller Reiz, aller Trieb, aller Sporn und Stachel zum Unternehmen aufhören würden! Die Ichsucht ist die Erhalterin des Ganzen! Es giebt nur eine Tendenz, die Europa zu verfolgen hat, die auf den Frieden und die Verminderung der Heere. Die allgemeine Wehrpflicht, die ist ohne die Bürgschaften einer aufrichtig festgehaltenen idealen Haltung im Volke, unser einziges Verderben –!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0237" n="231"/>
Rechenschaft über die sociale Bewegung haben wollten! Ich konnte die Frage nicht wie eine Charade lösen und wurde darüber wütend! Drängeln, drängeln, drängeln! Weiter weiß ich Nichts, schrie ich, wobei ich allerdings viel getrunken hatte &#x2013;</p>
        <p>Sieh&#x2019;! Sieh&#x2019;! sagte Wolny ohne alle Bitterkeit. Merkwürdig, als Sie einsahen, daß die sociale Frage ein reiner Schwindel der Faulheit, der Arbeitsscheu und einiger verrückten jüdischen Rabbinen, Marx und Heß, ist. Dem Verlangen, daß man mehr verdiene, kommt man ja gern entgegen! Aber was Ihr sonst begehrt &#x2013; versucht doch einmal Associationen mit geliehenem Capital! In zwei Jahren löst sich der Versuch auf. Der Kassirer brennt mit der Kasse durch. Der Ausschuß verliert seine Autorität &#x2013; und wehe uns, wenn wir toll genug wären, mit der Gesellschaft Experimente zu machen! Der Staat soll Jedem geben! Eine Buchhalterei soll bis in&#x2019;s Unendliche geführt werden! Welcher Unsinn! Und wo eben aller Reiz, aller Trieb, aller Sporn und Stachel zum Unternehmen aufhören würden! Die Ichsucht ist die Erhalterin des Ganzen! Es giebt nur eine Tendenz, die Europa zu verfolgen hat, die auf den Frieden und die Verminderung der Heere. Die allgemeine Wehrpflicht, die ist ohne die Bürgschaften einer aufrichtig festgehaltenen idealen Haltung im Volke, unser einziges Verderben &#x2013;! </p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0237] Rechenschaft über die sociale Bewegung haben wollten! Ich konnte die Frage nicht wie eine Charade lösen und wurde darüber wütend! Drängeln, drängeln, drängeln! Weiter weiß ich Nichts, schrie ich, wobei ich allerdings viel getrunken hatte – Sieh’! Sieh’! sagte Wolny ohne alle Bitterkeit. Merkwürdig, als Sie einsahen, daß die sociale Frage ein reiner Schwindel der Faulheit, der Arbeitsscheu und einiger verrückten jüdischen Rabbinen, Marx und Heß, ist. Dem Verlangen, daß man mehr verdiene, kommt man ja gern entgegen! Aber was Ihr sonst begehrt – versucht doch einmal Associationen mit geliehenem Capital! In zwei Jahren löst sich der Versuch auf. Der Kassirer brennt mit der Kasse durch. Der Ausschuß verliert seine Autorität – und wehe uns, wenn wir toll genug wären, mit der Gesellschaft Experimente zu machen! Der Staat soll Jedem geben! Eine Buchhalterei soll bis in’s Unendliche geführt werden! Welcher Unsinn! Und wo eben aller Reiz, aller Trieb, aller Sporn und Stachel zum Unternehmen aufhören würden! Die Ichsucht ist die Erhalterin des Ganzen! Es giebt nur eine Tendenz, die Europa zu verfolgen hat, die auf den Frieden und die Verminderung der Heere. Die allgemeine Wehrpflicht, die ist ohne die Bürgschaften einer aufrichtig festgehaltenen idealen Haltung im Volke, unser einziges Verderben –!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T11:57:26Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T11:57:26Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-3<a>) (2014-02-19T11:57:26Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/237
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/237>, abgerufen am 24.04.2024.