Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

schreckhaften Erlebnisses vorzugsweise mit ihrer Trauergarderobe beschäftigt hätten und zweitens über den Todten empört seien, weil derselbe Nichts hinterlassen habe, als seine Clienten. Mein Capital bin ich! hatte er den Seinen oft zur Warnung gesagt. Außer einer bescheidenen Lebensversicherung war nichts als Schindlers Beistand übrig geblieben. Die Gerichte setzten ihn als Nachlaßverwalter ein.

Das Erste, was man als Wittwe nach einem Todesfalle des Mannes zu thun hat, sagte mit auffallender Sachkenntniß Triesel, der doch Junggesell war, ist die Veräußerung des gesammten Hausraths! Alle Möbel, die man bisher so lieb gewonnen, alle Sophas, das Piano sogar - fort damit! Nicht, daß sie Platz einnehmen, nein, der Platz schreibt uns die Regel der Ausfüllung vor! Habe ich eine große Wohnung auszufüllen, so werde ich auch die großen Maßstäbe und Pläne nicht los! Um mich an die nothwendige Beschränkung meiner Existenz zu gewöhnen, dient der kleinere Hausrath! Die meisten Wittwen ruiniren sich durch das Herumschleppen ihrer alten Erinnerungen! Zuletzt wollen sie noch Material daraus bilden zum Vermiethen. Und dann geht es erst gar bergab. Wir Junggesellen haben manche Erfahrungen vom Leben!

schreckhaften Erlebnisses vorzugsweise mit ihrer Trauergarderobe beschäftigt hätten und zweitens über den Todten empört seien, weil derselbe Nichts hinterlassen habe, als seine Clienten. Mein Capital bin ich! hatte er den Seinen oft zur Warnung gesagt. Außer einer bescheidenen Lebensversicherung war nichts als Schindlers Beistand übrig geblieben. Die Gerichte setzten ihn als Nachlaßverwalter ein.

Das Erste, was man als Wittwe nach einem Todesfalle des Mannes zu thun hat, sagte mit auffallender Sachkenntniß Triesel, der doch Junggesell war, ist die Veräußerung des gesammten Hausraths! Alle Möbel, die man bisher so lieb gewonnen, alle Sophas, das Piano sogar – fort damit! Nicht, daß sie Platz einnehmen, nein, der Platz schreibt uns die Regel der Ausfüllung vor! Habe ich eine große Wohnung auszufüllen, so werde ich auch die großen Maßstäbe und Pläne nicht los! Um mich an die nothwendige Beschränkung meiner Existenz zu gewöhnen, dient der kleinere Hausrath! Die meisten Wittwen ruiniren sich durch das Herumschleppen ihrer alten Erinnerungen! Zuletzt wollen sie noch Material daraus bilden zum Vermiethen. Und dann geht es erst gar bergab. Wir Junggesellen haben manche Erfahrungen vom Leben!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0213" n="207"/>
schreckhaften Erlebnisses vorzugsweise mit ihrer Trauergarderobe beschäftigt hätten und zweitens über den Todten empört seien, weil derselbe Nichts hinterlassen habe, als seine Clienten. Mein Capital bin ich! hatte er den Seinen oft zur Warnung gesagt. Außer einer bescheidenen Lebensversicherung war nichts als Schindlers Beistand übrig geblieben. Die Gerichte setzten ihn als Nachlaßverwalter ein.</p>
        <p>Das Erste, was man als Wittwe nach einem Todesfalle des Mannes zu thun hat, sagte mit auffallender Sachkenntniß Triesel, der doch Junggesell war, ist die Veräußerung des gesammten Hausraths! Alle Möbel, die man bisher so lieb gewonnen, alle Sophas, das Piano sogar &#x2013; fort damit! Nicht, daß sie Platz einnehmen, nein, der Platz schreibt uns die Regel der Ausfüllung vor! Habe ich eine große Wohnung auszufüllen, so werde ich auch die großen Maßstäbe und Pläne nicht los! Um mich an die nothwendige Beschränkung meiner Existenz zu gewöhnen, dient der kleinere Hausrath! Die meisten Wittwen ruiniren sich durch das Herumschleppen ihrer alten Erinnerungen! Zuletzt wollen sie noch Material daraus bilden zum Vermiethen. Und dann geht es erst gar bergab. Wir Junggesellen haben manche Erfahrungen vom Leben!</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[207/0213] schreckhaften Erlebnisses vorzugsweise mit ihrer Trauergarderobe beschäftigt hätten und zweitens über den Todten empört seien, weil derselbe Nichts hinterlassen habe, als seine Clienten. Mein Capital bin ich! hatte er den Seinen oft zur Warnung gesagt. Außer einer bescheidenen Lebensversicherung war nichts als Schindlers Beistand übrig geblieben. Die Gerichte setzten ihn als Nachlaßverwalter ein. Das Erste, was man als Wittwe nach einem Todesfalle des Mannes zu thun hat, sagte mit auffallender Sachkenntniß Triesel, der doch Junggesell war, ist die Veräußerung des gesammten Hausraths! Alle Möbel, die man bisher so lieb gewonnen, alle Sophas, das Piano sogar – fort damit! Nicht, daß sie Platz einnehmen, nein, der Platz schreibt uns die Regel der Ausfüllung vor! Habe ich eine große Wohnung auszufüllen, so werde ich auch die großen Maßstäbe und Pläne nicht los! Um mich an die nothwendige Beschränkung meiner Existenz zu gewöhnen, dient der kleinere Hausrath! Die meisten Wittwen ruiniren sich durch das Herumschleppen ihrer alten Erinnerungen! Zuletzt wollen sie noch Material daraus bilden zum Vermiethen. Und dann geht es erst gar bergab. Wir Junggesellen haben manche Erfahrungen vom Leben!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T11:57:26Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T11:57:26Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-3<a>) (2014-02-19T11:57:26Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/213
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/213>, abgerufen am 20.04.2024.