Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

selbst an! wandte sich der Vater zu dieser. Willst Du den Grafen? Liebst Du ihn? Dann sprich Dich offen gegen uns aus! Martha gehört zur Familie!

Helene sah zum Himmel empor. Gott Vater und alle himmlischen Heerschaaren, die ja auch der protestantische Glaube in unmittelbarer Nähe zur Rechten Gottes erblickt, schienen ihr in diesem Augenblick auf dem kleinen Streifen graublauer Luft, den sie übersehen konnte, zu thronen und Gericht zu halten. Das Gericht ihres Lebens! dachte sie. Das Gericht ihrer Zukunft! Wer in diese Zukunft hätte blicken können -! Es war ihr, als schiene die Sonne der Nacht, von der sie hatte reden hören. Wer hatte davon gesprochen? Der träumerische hinkende Seecapitän -! Da zuckte ihr Auge, und sie stieg mit ihren Gedanken in den tiefsten innern Schacht der Empfindung und tastete in dieser Nacht, und endlich -! Die Umstehenden stießen sich an. Es wird hell in ihr! sagten die Lauschenden.

Martha und die Mutter erkannten, der Brief des Grafen, die entschiedne Werbung, der Ernst, den der Graf zeigte, hatte sie erschüttert. Wie hatte er sie analysirt! Wie hochgestellt! Es ist eine Wonne im Menschen, sich erkannt, sich verstanden zu wissen. Wie schön, wie hinreißend war die Sprache des Grafen über ihren Werth -!

selbst an! wandte sich der Vater zu dieser. Willst Du den Grafen? Liebst Du ihn? Dann sprich Dich offen gegen uns aus! Martha gehört zur Familie!

Helene sah zum Himmel empor. Gott Vater und alle himmlischen Heerschaaren, die ja auch der protestantische Glaube in unmittelbarer Nähe zur Rechten Gottes erblickt, schienen ihr in diesem Augenblick auf dem kleinen Streifen graublauer Luft, den sie übersehen konnte, zu thronen und Gericht zu halten. Das Gericht ihres Lebens! dachte sie. Das Gericht ihrer Zukunft! Wer in diese Zukunft hätte blicken können –! Es war ihr, als schiene die Sonne der Nacht, von der sie hatte reden hören. Wer hatte davon gesprochen? Der träumerische hinkende Seecapitän –! Da zuckte ihr Auge, und sie stieg mit ihren Gedanken in den tiefsten innern Schacht der Empfindung und tastete in dieser Nacht, und endlich –! Die Umstehenden stießen sich an. Es wird hell in ihr! sagten die Lauschenden.

Martha und die Mutter erkannten, der Brief des Grafen, die entschiedne Werbung, der Ernst, den der Graf zeigte, hatte sie erschüttert. Wie hatte er sie analysirt! Wie hochgestellt! Es ist eine Wonne im Menschen, sich erkannt, sich verstanden zu wissen. Wie schön, wie hinreißend war die Sprache des Grafen über ihren Werth –!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0137" n="131"/>
selbst an! wandte sich der Vater zu dieser. Willst Du den Grafen? Liebst Du ihn? Dann sprich Dich offen gegen uns aus! Martha gehört zur Familie!</p>
        <p>Helene sah zum Himmel empor. Gott Vater und alle himmlischen Heerschaaren, die ja auch der protestantische Glaube in unmittelbarer Nähe zur Rechten Gottes erblickt, schienen ihr in diesem Augenblick auf dem kleinen Streifen graublauer Luft, den sie übersehen konnte, zu thronen und Gericht zu halten. Das Gericht ihres Lebens! dachte sie. Das Gericht ihrer Zukunft! Wer in diese Zukunft hätte blicken können &#x2013;! Es war ihr, als schiene die Sonne der Nacht, von der sie hatte reden hören. Wer hatte davon gesprochen? Der träumerische hinkende Seecapitän &#x2013;! Da zuckte ihr Auge, und sie stieg mit ihren Gedanken in den tiefsten innern Schacht der Empfindung und tastete in dieser Nacht, und endlich &#x2013;! Die Umstehenden stießen sich an. Es wird hell in ihr! sagten die Lauschenden.</p>
        <p>Martha und die Mutter erkannten, der Brief des Grafen, die entschiedne Werbung, der Ernst, den der Graf zeigte, hatte sie erschüttert. Wie hatte er sie analysirt! Wie hochgestellt! Es ist eine Wonne im Menschen, sich erkannt, sich verstanden zu wissen. Wie schön, wie hinreißend war die Sprache des Grafen über ihren Werth &#x2013;!</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[131/0137] selbst an! wandte sich der Vater zu dieser. Willst Du den Grafen? Liebst Du ihn? Dann sprich Dich offen gegen uns aus! Martha gehört zur Familie! Helene sah zum Himmel empor. Gott Vater und alle himmlischen Heerschaaren, die ja auch der protestantische Glaube in unmittelbarer Nähe zur Rechten Gottes erblickt, schienen ihr in diesem Augenblick auf dem kleinen Streifen graublauer Luft, den sie übersehen konnte, zu thronen und Gericht zu halten. Das Gericht ihres Lebens! dachte sie. Das Gericht ihrer Zukunft! Wer in diese Zukunft hätte blicken können –! Es war ihr, als schiene die Sonne der Nacht, von der sie hatte reden hören. Wer hatte davon gesprochen? Der träumerische hinkende Seecapitän –! Da zuckte ihr Auge, und sie stieg mit ihren Gedanken in den tiefsten innern Schacht der Empfindung und tastete in dieser Nacht, und endlich –! Die Umstehenden stießen sich an. Es wird hell in ihr! sagten die Lauschenden. Martha und die Mutter erkannten, der Brief des Grafen, die entschiedne Werbung, der Ernst, den der Graf zeigte, hatte sie erschüttert. Wie hatte er sie analysirt! Wie hochgestellt! Es ist eine Wonne im Menschen, sich erkannt, sich verstanden zu wissen. Wie schön, wie hinreißend war die Sprache des Grafen über ihren Werth –!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T11:57:26Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T11:57:26Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-3<a>) (2014-02-19T11:57:26Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/137
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/137>, abgerufen am 19.04.2024.