Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Das war Wasser auf Merkus' Mühle! Schon die Reise an sich! Er hoffte in die Stadt zu kommen, wußte aber, daß man bei solchen Plänen immer und immer zu bohren hatte, ganze Listen von Namen zu besuchen. Die Trennung von Martha gab die Gräfin in der Stadt wieder in seine alleinige Gewalt. Der Damen-Verein! Welche Aussichten!

Die Matrone ging an ihren Schreibtisch und holte die Reiseentschädigung für den demüthig und gerührt blickenden protestantischen Jesuiten, der die Genugthuung hatte, über die Wege des Fleisches, über die Folgen des neuen Irrgeistes zu sprechen, ohne unterbrochen zu werden. Es war nun Alles wahr, was er gepredigt hatte. Wir Menschen sind wie der gerupfte Hahn, den Diogenes dem Plato in sein Auditorium warf! dachte er frivol beim Nachhausegehen. Das Ich und seine Poesie hören auf -! Uebrig soll nur der Irrthum und die Sünde bleiben!

Für einen Geistlichen war die Aufgabe, sich Edwina zu nähern, etwas delicat. Man konnte höhern Orts seine Recherche mißverstehen. Eine Kirche, die er in der Stadt just vor sich liegen sah - er hatte die Adresse Edwinens (die Regierung hatte das Patronat auf jene Kirche) konnte auf dem Spiele stehen. Sich Jemand entdecken hieß sich selbst denunciren. Jener Schulrector hatte bei den wiederholt besuchten Serapionsbrüdern

Das war Wasser auf Merkus’ Mühle! Schon die Reise an sich! Er hoffte in die Stadt zu kommen, wußte aber, daß man bei solchen Plänen immer und immer zu bohren hatte, ganze Listen von Namen zu besuchen. Die Trennung von Martha gab die Gräfin in der Stadt wieder in seine alleinige Gewalt. Der Damen-Verein! Welche Aussichten!

Die Matrone ging an ihren Schreibtisch und holte die Reiseentschädigung für den demüthig und gerührt blickenden protestantischen Jesuiten, der die Genugthuung hatte, über die Wege des Fleisches, über die Folgen des neuen Irrgeistes zu sprechen, ohne unterbrochen zu werden. Es war nun Alles wahr, was er gepredigt hatte. Wir Menschen sind wie der gerupfte Hahn, den Diogenes dem Plato in sein Auditorium warf! dachte er frivol beim Nachhausegehen. Das Ich und seine Poesie hören auf –! Uebrig soll nur der Irrthum und die Sünde bleiben!

Für einen Geistlichen war die Aufgabe, sich Edwina zu nähern, etwas delicat. Man konnte höhern Orts seine Recherche mißverstehen. Eine Kirche, die er in der Stadt just vor sich liegen sah – er hatte die Adresse Edwinens (die Regierung hatte das Patronat auf jene Kirche) konnte auf dem Spiele stehen. Sich Jemand entdecken hieß sich selbst denunciren. Jener Schulrector hatte bei den wiederholt besuchten Serapionsbrüdern

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0112" n="106"/>
        <p> Das war Wasser auf Merkus&#x2019; Mühle! Schon die Reise an sich! Er hoffte in die Stadt zu kommen, wußte aber, daß man bei solchen Plänen immer und immer zu bohren hatte, ganze Listen von Namen zu besuchen. Die Trennung von Martha gab die Gräfin in der Stadt wieder in seine alleinige Gewalt. Der Damen-Verein! Welche Aussichten!</p>
        <p>Die Matrone ging an ihren Schreibtisch und holte die Reiseentschädigung für den demüthig und gerührt blickenden protestantischen Jesuiten, der die Genugthuung hatte, über die Wege des Fleisches, über die Folgen des neuen Irrgeistes zu sprechen, ohne unterbrochen zu werden. Es war nun Alles wahr, was er gepredigt hatte. Wir Menschen sind wie der gerupfte Hahn, den Diogenes dem Plato in sein Auditorium warf! dachte er frivol beim Nachhausegehen. Das Ich und seine Poesie hören auf &#x2013;! Uebrig soll nur der Irrthum und die Sünde bleiben!</p>
        <p>Für einen Geistlichen war die Aufgabe, sich Edwina zu nähern, etwas delicat. Man konnte höhern Orts seine Recherche mißverstehen. Eine Kirche, die er in der Stadt just vor sich liegen sah &#x2013; er hatte die Adresse Edwinens (die Regierung hatte das Patronat auf jene Kirche) konnte auf dem Spiele stehen. Sich Jemand entdecken hieß sich selbst denunciren. Jener Schulrector hatte bei den wiederholt besuchten Serapionsbrüdern
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[106/0112] Das war Wasser auf Merkus’ Mühle! Schon die Reise an sich! Er hoffte in die Stadt zu kommen, wußte aber, daß man bei solchen Plänen immer und immer zu bohren hatte, ganze Listen von Namen zu besuchen. Die Trennung von Martha gab die Gräfin in der Stadt wieder in seine alleinige Gewalt. Der Damen-Verein! Welche Aussichten! Die Matrone ging an ihren Schreibtisch und holte die Reiseentschädigung für den demüthig und gerührt blickenden protestantischen Jesuiten, der die Genugthuung hatte, über die Wege des Fleisches, über die Folgen des neuen Irrgeistes zu sprechen, ohne unterbrochen zu werden. Es war nun Alles wahr, was er gepredigt hatte. Wir Menschen sind wie der gerupfte Hahn, den Diogenes dem Plato in sein Auditorium warf! dachte er frivol beim Nachhausegehen. Das Ich und seine Poesie hören auf –! Uebrig soll nur der Irrthum und die Sünde bleiben! Für einen Geistlichen war die Aufgabe, sich Edwina zu nähern, etwas delicat. Man konnte höhern Orts seine Recherche mißverstehen. Eine Kirche, die er in der Stadt just vor sich liegen sah – er hatte die Adresse Edwinens (die Regierung hatte das Patronat auf jene Kirche) konnte auf dem Spiele stehen. Sich Jemand entdecken hieß sich selbst denunciren. Jener Schulrector hatte bei den wiederholt besuchten Serapionsbrüdern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T11:57:26Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T11:57:26Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-3<a>) (2014-02-19T11:57:26Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/112
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/112>, abgerufen am 29.03.2024.