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Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650.

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TrawrSpiel.
Vnd reiß't was auf jhn tratt! wie thöricht aber ist
Der über tausend schaff't/ vnd einen auß erkiest.
Dem er sein gantzes Hertz/ vnd alle wündsch' entdecket
Vnd die gewalt vertrawt/ mit der er Länder schrecket/
Vnd letzlich Fürsten selbst wer jemand auff den Thron
An seine seiten setz't ist würdig daß man Cron
Vnd Purpur jhm entzih'. Ein Fürst vnd eine Sonnen
Sind vor die welt vnd Reich'. Hat je ein Heer gewonnen
Das mehr denn einer führt. Jedoch was reden wir?
Wem traw't man! wandeln wir alß frey von angst alhier/
Weil er noch Athem schöpfft durch dessen todt wir leben?
Hochnötig; daß wir selbst/ persönlich achtung geben/
Wie diese Pest vergeh'/ vnß hat die zeit gelehr't
Daß der betrogen wird/ der nicht mehr siht als hört.
Vnd daß kein schawspiel sey so schön im rund der Erden:
Alß wen/ was mit der glutt gespiel't/ muß Aschen werden.
Der Fünffte Eingang.
Leo. Theodosia.
Theo. Mein licht!
Leo. Mein trost!
Theo. Mein Fürst!
Leo. Mein Engel
Theo. Meine Sonn'.
Leo. Mein Leben.
Theo. Meine lust!
Leo. Mein auffent-
halt vnd wonn'.
Wie so betrübt mein Hertz!
Theo. was hat mein Fürst be-
schlossen?
Ach leider list nunmehr nicht bluts genung vergossen?
Leo. Nicht bluts genung/ wenn man nach vnserm blute
tracht.
Theod. Durch blut wird vnser Thron befleckt vnnd glatt
gemacht.
Leo. So trägt ein frembder schew denselben zubesteigen.
Theod. Vnd er muß endlich sich auf nassen grunde neigen.
Leo. Die nässe trucknet man mit flam' vnd aschen aus.
Theo. Die leichtlich vnser Hauß verkehrt in staub vnd graus.
Leo. Diß Hauß wird stehn/ dafern deß Hauses feinde fallen.
Theo. Wo nicht jhr fall verletz't die dieses Hauß vmbwallen.
Leo. Vmbwallen mit dem schwerd.
Theo. Mit dem sie vns
beschütz't.

Leo.
TrawrSpiel.
Vnd reiß’t was auf jhn tratt! wie thoͤricht aber iſt
Der uͤber tauſend ſchaff’t/ vnd einen auß erkieſt.
Dem er ſein gantzes Hertz/ vnd alle wuͤndſch’ entdecket
Vnd die gewalt vertrawt/ mit der er Laͤnder ſchrecket/
Vnd letzlich Fuͤrſten ſelbſt wer jemand auff den Thron
An ſeine ſeiten ſetz’t iſt wuͤrdig daß man Cron
Vnd Purpur jhm entzih’. Ein Fuͤrſt vnd eine Sonnen
Sind vor die welt vnd Reich’. Hat je ein Heer gewonnen
Das mehr denn einer fuͤhrt. Jedoch was reden wir?
Wem traw’t man! wandeln wir alß frey von angſt alhier/
Weil er noch Athem ſchoͤpfft durch deſſen todt wir leben?
Hochnoͤtig; daß wir ſelbſt/ perſoͤnlich achtung geben/
Wie dieſe Peſt vergeh’/ vnß hat die zeit gelehr’t
Daß der betrogen wird/ der nicht mehr ſiht als hoͤrt.
Vnd daß kein ſchawſpiel ſey ſo ſchoͤn im rund der Erden:
Alß wen/ was mit der glutt geſpiel’t/ muß Aſchen werden.
Der Fuͤnffte Eingang.
Leo. Theodoſia.
Theo. Mein licht!
Leo. Mein troſt!
Theo. Mein Fuͤrſt!
Leo. Mein Engel
Theo. Meine Sonn’.
Leo. Mein Leben.
Theo. Meine luſt!
Leo. Mein auffent-
halt vnd wonn’.
Wie ſo betruͤbt mein Hertz!
Theo. was hat mein Fuͤrſt be-
ſchloſſen?
Ach leider liſt nunmehr nicht bluts genung vergoſſen?
Leo. Nicht bluts genung/ wenn man nach vnſerm blute
tracht.
Theod. Durch blut wird vnſer Thron befleckt vnnd glatt
gemacht.
Leo. So traͤgt ein frembder ſchew denſelben zubeſteigen.
Theod. Vnd er muß endlich ſich auf naſſen grunde neigen.
Leo. Die naͤſſe trucknet man mit flam’ vnd aſchen aus.
Theo. Die leichtlich vnſer Hauß verkehrt in ſtaub vñ graus.
Leo. Diß Hauß wird ſtehn/ dafern deß Hauſes feinde fallen.
Theo. Wo nicht jhr fall verletz’t die dieſes Hauß vmbwallẽ.
Leo. Vmbwallen mit dem ſchwerd.
Theo. Mit dem ſie vns
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Leo.
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[31/0043] TrawrSpiel. Vnd reiß’t was auf jhn tratt! wie thoͤricht aber iſt Der uͤber tauſend ſchaff’t/ vnd einen auß erkieſt. Dem er ſein gantzes Hertz/ vnd alle wuͤndſch’ entdecket Vnd die gewalt vertrawt/ mit der er Laͤnder ſchrecket/ Vnd letzlich Fuͤrſten ſelbſt wer jemand auff den Thron An ſeine ſeiten ſetz’t iſt wuͤrdig daß man Cron Vnd Purpur jhm entzih’. Ein Fuͤrſt vnd eine Sonnen Sind vor die welt vnd Reich’. Hat je ein Heer gewonnen Das mehr denn einer fuͤhrt. Jedoch was reden wir? Wem traw’t man! wandeln wir alß frey von angſt alhier/ Weil er noch Athem ſchoͤpfft durch deſſen todt wir leben? Hochnoͤtig; daß wir ſelbſt/ perſoͤnlich achtung geben/ Wie dieſe Peſt vergeh’/ vnß hat die zeit gelehr’t Daß der betrogen wird/ der nicht mehr ſiht als hoͤrt. Vnd daß kein ſchawſpiel ſey ſo ſchoͤn im rund der Erden: Alß wen/ was mit der glutt geſpiel’t/ muß Aſchen werden. Der Fuͤnffte Eingang. Leo. Theodoſia. Theo. Mein licht! Leo. Mein troſt! Theo. Mein Fuͤrſt! Leo. Mein Engel Theo. Meine Sonn’. Leo. Mein Leben. Theo. Meine luſt! Leo. Mein auffent- halt vnd wonn’. Wie ſo betruͤbt mein Hertz! Theo. was hat mein Fuͤrſt be- ſchloſſen? Ach leider liſt nunmehr nicht bluts genung vergoſſen? Leo. Nicht bluts genung/ wenn man nach vnſerm blute tracht. Theod. Durch blut wird vnſer Thron befleckt vnnd glatt gemacht. Leo. So traͤgt ein frembder ſchew denſelben zubeſteigen. Theod. Vnd er muß endlich ſich auf naſſen grunde neigen. Leo. Die naͤſſe trucknet man mit flam’ vnd aſchen aus. Theo. Die leichtlich vnſer Hauß verkehrt in ſtaub vñ graus. Leo. Diß Hauß wird ſtehn/ dafern deß Hauſes feinde fallen. Theo. Wo nicht jhr fall verletz’t die dieſes Hauß vmbwallẽ. Leo. Vmbwallen mit dem ſchwerd. Theo. Mit dem ſie vns beſchuͤtz’t. Leo.

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Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_leoarmenius_1650/43>, abgerufen am 19.04.2024.